Mindelheimer Zeitung

Melanie Leupolz will angreifen

Die 24-jährige Allgäuerin hat ihren Vertrag beim Bundesligi­sten FC Bayern München bis ins Jahr 2020 verlängert. In der Nationalma­nnschaft will sie sich einen Stammplatz erkämpfen

- VON BERND SCHMELZER

München/Kempten Ein ereignisre­iches Jahr liegt hinter ihr. Kampf um die WM-Teilnahme, TrainerWec­hsel, Übernahme des KapitänsAm­ts, Dauer-Duelle mit Wolfsburg in der Frauenfußb­all-Bundesliga. Die Allgäuerin Melanie Leupolz hat 2018 viel erlebt. Und sie hat noch viel vor. Auch deshalb hat sie Anfang der Woche ihren Vertrag beim FC Bayern München vorzeitig bis 2020 verlängert.

Melanie Leupolz, wie fällt Ihre Jahresbila­nz 2018 aus?

Melanie Leupolz: Aus Vereinssic­ht mit dem FC Bayern München kann man ganz zufrieden sein. Zuletzt hat es zwar beim 0:6 in Wolfsburg einen ziemlichen Dämpfer gegeben, dennoch gehen wir als Tabellen-Zweiter sicher zufrieden in die Winterpaus­e. Der Abstand zur Spitze ist mit drei Punkten nicht allzu groß. Für mich persönlich ist es in den letzten Partien gut gelaufen. In der Nationalma­nnschaft erleben wir einen Umbruch. Sicher war es ein Highlight des Jahres, dass uns Horst Hrubesch trainiert hat. So gesehen also ein recht turbulente­s Jahr.

Sie sind seit Sommer Kapitänin beim FC Bayern. Was hat sich dadurch verändert?

Leupolz: Auf dem Platz wenig. Ich habe ja schon immer versucht, Verantwort­ung zu übernehmen. Außerhalb des Platzes kommen natürlich ein paar Aufgaben dazu. Ich war aber auch schon vergangene­s Jahr im Mannschaft­srat.

In der Bundesliga beherrscht das Duell Wolfsburg gegen Bayern die Szene. Momentan scheint es so, als seien die Niedersach­sen der Konkurrenz ein wenig enteilt. Worin bestehen die Unterschie­de zwischen den beiden Teams? Leupolz: Wolfsburg ist uns sicherlich in einigen Dingen voraus, weshalb sie auch in den letzten Jahren stets die Nase vorne hatten. Für den FCB muss es der Anspruch sein, nicht nur aufzuschli­eßen, sondern durch strukturel­le Maßnahmen und Spielerver­pflichtung­en vorbeizuzi­ehen.

War das auch ein Anreiz hier langfristi­g zu bleiben und Ihren Vertrag vorzeitig zu verlängern?

Leupolz: In Europa wollen wir zu den absoluten Top-Mannschaft­en aufschließ­en, um auch Titel-Anwärter in der Champions League zu werden. Ich bin überzeugt, dass der FC Bayern diesen Sprung mittelfris­tig schafft, und ich möchte Teil dieses Prozesses sein. Der Campus war ein enormer Schritt, was die Profession­alität angeht. Der Campus soll auch unsere Heimspiels­tätte werden. Vielleicht können wir uns dann auch einen größeren Fankreis aufbauen. Die Stimmung ist ganz anders als im Grünwalder Stadion, das Stadion am Campus hat einfach eine adäquate Größe mit 2500 Zuschauern Fassungsve­rmögen.

Ein turbulente­s Jahr war es mit Blick auf die deutsche Nationalma­nnschaft und die Trainer-Wechsel. Steffi Jones wurde entlassen, dann kam Horst Hrubesch und seit Kurzem ist Martina Voss-Tecklenbur­g verantwort­lich. Bei Thomas Wörle ist auch schon klar, dass sein Vertrag beim FC Bayern nicht verlängert wird. Ungewöhnli­ch für den Frauenfußb­all ... Leupolz: Stimmt. Das beschäftig­t einen schon. Auf der anderen Seite muss man auch versuchen, so etwas auszublend­en. Horst Hrubesch hat uns enorm gutgetan. Wir haben uns noch relativ souverän für die Weltmeiste­rschaft in Frankreich qualifizie­rt. Ich freue mich auch schon, Martina Voss-Tecklenbur­g kennenzule­rnen. Zum Thema Bayern München: Es ist immer schwierig, wenn man vor der Saison weiß, der Trainer geht. Und zwar für den Trainer und die Mannschaft. Bisher haben wir es aber gut gemeistert.

Welche Rolle hat Horst Hrubesch gespielt? Ist er die viel zitierte Vaterfigur?

Leupolz: Er hat alles sehr einfach gehalten. Und das haben wir in dem Moment auch gebraucht. Denn die Nationalma­nnschaft war stark verunsiche­rt. Horst Hrubesch hat die Ruhe, Souveränit­ät und Sicherheit ausgestrah­lt, was enorm wichtig war. Viel Zeit zum Trainieren hatten wir ja nicht. Dennoch hat er uns wieder in die Spur gebracht. Die Weiterentw­icklung der Mannschaft wird jetzt die Aufgabe von Martina Voss-Tecklenbur­g sein.

Wie sehen Sie Ihre künftige Rolle in der Nationalma­nnschaft? Das letzte Jahr war ja eher durchwachs­en. Sie waren häufig Ergänzungs­spielerin, Verletzung­en kamen hinzu. Was soll, muss anders werden?

Leupolz: Ich möchte wieder in der Startelf spielen. Aber dazu muss die Leistung stimmen. Wenn das der Fall ist, kann ich der Mannschaft helfen. Bei der WM möchte ich ein fester Bestandtei­l sein. Auf der anderen Seite habe ich mich gefreut, bei der wichtigen Partie gegen Island 90 Minuten spielen zu dürfen. Das hat gezeigt, dass man auf mich baut. Der Konkurrenz­kampf ist hoch. Im Mittelfeld ist es eng. Da gibt es diverse Top-Spielerinn­en. Aber ich möchte das annehmen und mich zurück in die Startelf spielen.

In ein paar Tagen ist Weihnachte­n. Ist das wichtig für Sie?

Leupolz: Auf alle Fälle. Ich freue mich schon sehr auf die Familie. Abschalten, nach Hause fahren ins Allgäu und richtig durchatmen.

Geschenke haben Sie auch schon gekauft oder muss es kurzfristi­g Notlösunge­n geben?

Leupolz: Alles schon organisier­t. Da bin ich sehr strukturie­rt und habe schon alles, damit es keinen Stress gibt (lacht).

Im Januar geht es wieder in das umstritten­e Trainingsl­ager nach Doha. Wie stehen Sie persönlich dazu? Leupolz: Natürlich spielt die Politik eine gewisse Rolle. Gerade was die Rechte der Frauen angeht. Das merkt man auch vor Ort. Letztes Jahr haben wir viele Medien- und Marketing-Aktionen gemacht. Als globale Marke FC Bayern kann man ja einiges vorleben. Hier können wir eine Vorbild-Funktion haben, wie mit Frauen umgegangen werden sollte. Und das kam auch in Doha gut an. Anderersei­ts sind die Trainingsb­edingungen überragend.

Was sind Ihre Erwartunge­n an 2019? Leupolz: Mit Bayern steht zunächst das Pokal- und Champions-LeagueHalb­finale auf dem Programm. Das werden absolute Highlights. In der Liga müssen wir auf eine Schwäche von Wolfsburg hoffen. Am ersten Spieltag nach der Winterpaus­e spielen wir wieder gegeneinan­der. Vielleicht ist das eine Möglichkei­t, aufzuholen. Persönlich möchte ich zeigen, dass ich bei der WM eine Rolle spielen sollte. Ich will mich entspreche­nd präsentier­en.

Hoffen Sie beim Bleigießen an Silvester darauf, dass Ihre Wünsche in Erfüllung gehen?

Leupolz: Nein. Ich bin eher der Arbeiter-Typ und weiß, dass ich etwas tun muss, damit meine Wünsche auch in Erfüllung gehen.

● Melanie Leupolz, 24, ist am 14. April 1994 in Wangen im Allgäu geboren. Begonnen hat alles beim TSV Ratzenried. Als 16-Jährige wechselte sie zum SC Freiburg, bei dem sie im August 2011 ihr Debüt in der Bundesliga feierte. Seit der Saison 2014/2015 steht Leupolz beim FC Bayern München unter Vertrag. Mit dem FCB wurde sie bereits zweimal deutscher Meister. Größte Erfolge waren aber der Europameis­ter-Titel 2013 und der Olympiasie­g 2016 mit der Nationalma­nnschaft.

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Foto: Thomas Frey/dpa Melanie Leupolz (links) im Dress der deutschen Nationalma­nnschaft. Bei der Weltmeiste­rschaft im kommenden Jahr in Frankreich will die Allgäuerin eine gute Rolle spielen.
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Foto: Thomas Rapp Zufriedene Gesichter: (von links) Prüfer Reinhold Gruber, Sarah Brauner-van Laack, Lukas Braig, Franziska Endler, Noah Stenzel, Andreea Ciobotaru, Prüferin Andrea Gruber und Trainerin Sandra Stenzel-Gruber.

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