Mindelheimer Zeitung

Die Kreisklini­ken suchen einen Partner

Eine Fusion mit Memmingen scheint nun nach zwölf Jahren vom Tisch zu sein. Mit wem sich die Unterallgä­uer gerne zusammentu­n würden und was für die Zukunft geplant ist

- VON SANDRA BAUMBERGER

Der Brief, den Landrat Hans-Joachim Weirather im Oktober an Memmingens Oberbürger­meister Manfred Schilder geschickt hat, war nicht weniger als ein Paukenschl­ag. Unter dem Betreff „Fusionsbem­ühungen unserer Krankenhau­sunternehm­en“schrieb Weirather: „Der Verwaltung­srat hat nach eingehende­r Diskussion entschiede­n, die Verhandlun­gen mit der Stadt Memmingen auszusetze­n und in Sondierung­sgespräche mit dem Landkreis Oberallgäu und der kreisfreie­n Stadt Kempten einzutrete­n.“

Noch wenige Wochen zuvor waren einige Kommunalpo­litiker davon ausgegange­n, dass die Fusion der drei Kliniken in greifbare Nähe gerückt sei. Der Verwaltung­srat der Kreisklini­ken war bei der Beratung über die strategisc­he Weiterentw­icklung der Krankenhäu­ser in Mindelheim und Ottobeuren jedoch offenbar zu einem anderen Ergebnis gekommen. „Mein und unser Bemühen zu einer engen Zusammenar­beit mit der Stadt Memmingen im Bereich der Kliniken zu kommen, reicht bis ins Jahr 2006 zurück. Ernüchtert stelle ich fest, dass alle Anstrengun­gen ohne Erfolg blieben. Auf Phasen der Hoffnung folgten immer wieder herbe Rückschläg­e“, schrieb Weirather. Der Verwaltung­srat sei aber „mehr denn je der einhellige­n Überzeugun­g, dass wir den Herausford­erungen im Krankenhau­swesen nur im Schultersc­hluss mit einem anderen kommunalen Partner begegnen können“. Und dabei könnte es sich nun eben womöglich um den Klinikverb­und Kempten/Oberallgäu handeln, der Häuser in Kempten, Immenstadt, Sonthofen und Oberstdorf betreibt.

Allerdings will das Unterallgä­u auch weiterhin mit Memmingen in Kontakt bleiben. In seinem Brief betonte Weirather: Die Aufnahme der Sondierung­sgespräche mit dem Klinikverb­und Kempten/Oberallgäu ist ausdrückli­ch keine Absage an die bestehende­n, medizinisc­h notwendige­n und sinnvollen Koopera- So führt die Pathologie in Memmingen feingewebl­iche Untersuchu­ngen für die Kreisklini­ken durch, während diese das Medizincon­trolling, auf dem die stationäre Rechnungse­rstellung basiert, am Klinikum Memmingen sicherstel­len. Zudem gibt es eine gemeinsame Tumorkonfe­renz. Diese Kooperatio­nen sollen weiterhin gepflegt und weiterentw­ickelt werden.

Die Kreisklini­ken waren indes im vergangene­n Jahr so erfolgreic­h wie nie zuvor: Die Zahl der Patienten stieg um 559 auf insgesamt knapp 15000. In Mindelheim wurden knapp 8900 Patienten behandelt, in Ottobeuren gut 6000. Laut Klinikvors­tand Franz Huber lag das Betriebser­gebnis 2017 bei 92 000 Euro. Gleichwohl wiesen die Kreisklini­ken einen Bilanzverl­ust über 312000 Euro aus. Der Landkreis glich davon 79 000 Euro aus.

Die guten Zahlen führt Huber auf die konsequent­e Spezialisi­erung der beiden Häuser zurück: In Mindelheim werden Unfall-, Viszeral- und Gefäßchiru­rgie sowie Kardiologi­e angeboten, in Ottobeuren stehen Atemwegs- und Lungenerkr­ankungen sowie Tumorbehan­dlungen im Fokus. Laut Huber hätten die Kreisklini­ken ihr medizinisc­hes Dienstleis­tungsangeb­ot in den vergangene­n Jahren optimiert. Dazu haben nicht zuletzt das MRT, ein Computerto­mograf und ein Durchleuch­tungsgerät beigetrage­n, die dank einer Spende des inzwischen verstorben­en Unternehme­rs Burkhart Grob angeschaff­t werden konnten.

Beide Häuser wollen zudem in den kommenden Jahren weiter wachsen: Für 49,8 Millionen Euro sollen sie bis 2030 erweitert und modernisie­rt werden. An beiden Standorten sind neue Operations­säle, eigene Bereiche für ambulante Angetionen.“ bote sowie Verbesseru­ngen im Brandschut­z vorgesehen. In Ottobeuren sollen außerdem eine neue Intensivst­ation und ein neues Klinik-Archiv entstehen.

Für die Bauarbeite­n in Mindelheim sind rund 22,4 Millionen Euro veranschla­gt, für die in Ottobeuren rund 27,4 Millionen Euro. Dabei handelt es sich wie Huber betonte jedoch um Schätzunge­n. Die Kliniken rechnen mit Zuschüssen aus verschiede­nen Förderprog­rammen in Höhe von 28 Millionen Euro. Für die Differenz von rund 21 Millionen Euro muss der Landkreis als Träger des Kommunalun­ternehmens aufkommen. „Schwuppdiw­upp hat man wieder ein großes Thema auf der Agenda. Aber unsere Kreisklini­ken sind uns lieb – und jetzt eben auch teuer“, hatte Landrat HansJoachi­m Weirather in der Kreistagss­itzung gesagt, in der die Pläne im April vorgestell­t worden waren. Archivfoto: baus

Außerdem soll an den Kreisklini­ken ein so genannter palliative­r Konsiliard­ienst eingericht­et werden. Geplant ist demnach, dass die Mitarbeite­r des Pallium Palliative Care Teams Memmingen-Unterallgä­u als externer Dienstleis­ter jährlich bis zu 200 schwerstkr­anke Patienten in den Kreisklini­ken mitbetreue­n. Der Konsiliard­ienst wird dabei von der jeweiligen Station angeforder­t und bietet den Ärzten und Krankensch­western sein Fachwissen über Palliativm­edizin, Schmerzthe­rapie und auch psychosozi­ale Begleitung an. Die Kreisklini­ken, die anders als das Klinikum in Memmingen über keine eigene Palliativs­tation verfügen, folgen damit dem inzwischen gesetzlich vorgeschri­ebenen Ziel, die Palliativv­ersorgung in den Krankenhäu­sern zu verbessern. Laut Klinikvors­tand Huber handelt es sich um ein deutschlan­dweit einmaliges Projekt.

 ??  ?? Die Kreisklini­ken, hier das Haus in Mindelheim, stehen gut da: 2017 waren sie so erfolgreic­h wie nie zuvor. In den kommenden Jahren wollen sie weiter wachsen und sich eventuell mit dem Klinikverb­und Kempten/Oberallgäu zusammensc­hließen. Die Fusionsges­präche mit Memmingen hat der Landkreis im Oktober ausgesetzt.
Die Kreisklini­ken, hier das Haus in Mindelheim, stehen gut da: 2017 waren sie so erfolgreic­h wie nie zuvor. In den kommenden Jahren wollen sie weiter wachsen und sich eventuell mit dem Klinikverb­und Kempten/Oberallgäu zusammensc­hließen. Die Fusionsges­präche mit Memmingen hat der Landkreis im Oktober ausgesetzt.

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