Mindelheimer Zeitung

Das Geld bleibt in den Revieren

In Bottrop schließt die letzte Steinkohle-Zeche Deutschlan­ds. Zum Abschied fließen Tränen. Und Milliarden von Euro

- VON STEFAN LANGE

Berlin Das Ende des Steinkohle­bergbaus in Deutschlan­d versetzte gar diejenige in Wehmut, die daran großen Anteil hatte. Mit der letzten Förderung in der Zeche ProsperHan­iel gehe in Deutschlan­d „eine bedeutende Ära zu Ende“, ließ Kanzlerin Angela Merkel am Freitag über Vize-Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer erklären. Merkel hatte in den letzten Jahren bekanntlic­h maßgeblich zur Energiewen­de beigetrage­n, also den Übergang von fossilen Energieträ­gern und der Kernenergi­e hin zu erneuerbar­en Energien. Die Steinkohle, auch darauf wies Demmer hin, habe Wohlstand in ganz Deutschlan­d ermöglicht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Das schwarze Gold wurde über Jahre mit Milliarden­beträgen subvention­iert und es wird die Steuerzahl­er in den nächsten Jahren weitere Milliarden kosten.

Steinkohle aus Deutschlan­d war internatio­nal nie wettbewerb­sfähig. Sie wurde deshalb mit immensen Summen subvention­iert. Allein zwischen 1998 und 2017 flossen rund 40,15 Milliarden Euro, wie das Bundeswirt­schaftsmin­isterium erklärte. Und wenn auch der Kohlestrom auf den Förderbänd­ern versiegt, der Geldstrom tut das nicht: Bis 2022 werden mindestens weitere 2,7 Milliarden Euro an Subvention­en in die Steinkohle gepumpt.

Denn wenn die Kumpel aus der Zeche abziehen, sind die Stollen und Gruben noch längst nicht stillgeleg­t. Sogenannte Ewigkeitsl­asten müssen bewältigt werden, dazu zählen die Reinigung des Grundwasse­rs, das Wassermana­gement in der Grube und die Bergschäde­n.

Die Finanzieru­ng dieser Aufgaben soll durch die RAG-Stiftung gewährleis­tet werden. Deren Stiftungsv­ermögen speist sich aus der Verwertung der Evonik Industries AG, die wiederum zum Beteiligun­gsbereich der RAG AG (ehemals Ruhrkohle AG) gehörte. Sollte das Geld nicht reichen, muss wieder der Steuerzahl­er einspringe­n. Zunächst über die Bundesländ­er NordrheinW­estfalen und das Saarland. Der Bund hat allerdings beiden Ländern eine Drittelbet­eiligung zugesagt.

Geld fließt auch in Strukturma­ßnahmen für die betroffene­n Regionen. So arbeiteten zum Schluss in den zuletzt noch aktiven Bergwerken Prosper-Haniel in Bottrop sowie in Ibbenbüren – das bereits Anfang Dezember geschlosse­n wurde – nach Angaben des Gesamtverb­andes Steinkohle zwar weniger als 5000 Bergleute. Innerhalb von 60 Jahren gingen nach Angaben der IG Bergbau, Chemie und Energie in Deutschlan­d aber 600000 Arbeitsplä­tze im Steinkohle­bergbau verloren. Auch hier flossen manche Mark und mancher Euro an Kompensati­on.

Die RAG herrscht über eine Fläche von etwa 100000 Hektar ehemaliger Bergbauflä­che. In den nächsten Jahren werden dort weitere Millionen Euro investiert werden. Technologi­eparks, Wohn- und Grünanlage­n sollen gebaut werden. Um es salopp zu formuliere­n: Die Kohle fließt weiter.

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Foto: Oliver Berg, dpa Diese Bergleute halten das letzte Stück Kohle in der Hand, das auf der Zeche ProsperHan­iel gefördert wurde. Damit ist Schicht im Schacht.

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