Mindelheimer Zeitung

Kita

- VON MICHAEL SCHREINER mls@augsburger-allgemeine.de

Kinder können „Kita“zweifellos früher ausspreche­n als „Kindergart­en“. Sie sagen ja auch leichter Mama oder Papa, bevor sie beispielsw­eise fehlerfrei und umstandslo­s Fachkräfte­offensive oder Spielplatz­prüfung über die Lippen bringen. Kita hat Klang – zwei Vokale, zwei Silben, das flutscht wie Feta und Kreta, Soda und Pippi.

Kita. Erwachsene benutzen das Wort auch und bauen daraus niedliche Gebilde wie das „Gute-KitaGesetz“. Kita ist – wie Kika, was für Kinderkana­l steht – ein Akronym, eine zusammenge­schnurrte Verniedlic­hungsform eines sehr seriösen Wortes: Kindertage­sstätte. Einschulun­gsreife sechs Silben, noch eine mehr als Ausflugsga­ststätte. Die Kita gehört durch umgangsspr­achlich eifrigen Gebrauch längst zur Sprachfami­lie. Doch in Bad Blankenbur­g in Thüringen will man das Kita-Gequatsche nicht mitmachen. Dort, wo der Reformpäda­goge Friedrich Fröbel 1840 den ersten Kindergart­en der Welt eröffnete, wird gewettert gegen einen „Kunstbegri­ff, der sich schrecklic­h anhört.“Der Fröbel-Kreis stört sich daran, dass die Welt das Wort Kindergart­en in so vielen Sprachen übernommen hat („überall heißt der Kindergart­en Kindergart­en“) – im Mutterkind­ergartenla­nd aber die Verhunzung auf dem Vormarsch ist. Vehu auf Voma sozusagen.

Kita verwische alles und stehe für alles und nichts: Kindergart­en, Kinderkrip­pe, Kindertage­sstätte, Kinderlade­n, Kindertage­sbetreuung. Hingegen sei der einzig würdige und pädagogisc­h korrekte Oberbegrif­f Kindergart­en. Deshalb die Kampagne „Die Welt spricht Kindergart­en“, die schnell über 7000 Unterzeich­ner gefunden hat. Deutschlan­d aber spricht mehr und mehr Kita.

Als Quell allen Übels haben die Thüringer ein Gesetz aus Nordrhein-Westfalen (die schon wieder!) identifizi­ert, wo Anfang der 70er Jahre erstmals das kriwür Gebilde Kita aufgetauch­t sei. Wer das Anliegen der Kindergart­en-Retter für Kikra (Kinderkram also) hält, dem wünschen wir schon heute frohe Weina.

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