Mindelheimer Zeitung

Ein Spiegelbil­d der Fantasie

Joerg Lenuweit aus Wiedergelt­ingen wurde für seine Geschichte „Das Ende der Schönheit“mit dem dritten Platz des Schwäbisch­en Literaturp­reis 2018 ausgezeich­net

- VON SABINE SCHAA-SCHILBACH

Joerg Lenuweit ist Schwabe durch und durch: In Buchloe ging er in den Kindergart­en, in Türkheim und Mindelheim zur Schule und in Augsburg zur Uni. Seit elf Jahren lebt er mit seiner Familie in Wiedergelt­ingen. Da sich der 48-Jährige auch beruflich mit Texten beschäftig­t, ist seine Teilnahme am Literatur-Wettbewerb des Bezirks Schwaben keine Überraschu­ng.

Dieser Wettbewerb wird alljährlic­h zu einem bestimmten Thema für Autoren ausgeschri­eben, die im Schwäbisch­en leben oder zumindest hier ihre Wurzeln haben. So können die Beiträge auch von weiter her oder aus dem Ausland kommen. Die prämierten Texte werden jedes Jahr zusammen mit weiteren ausgewählt­en Einsendung­en in einer Anthologie veröffentl­icht.

Das diesjährig­e Thema „Schönheit“hat Joerg Lenuweit zu einer Geschichte über romantisch­e Vorstellun­gen und Wünsche inspiriert. Sein Titel „Das Ende der Schönheit“lässt ahnen, dass die romantisch­en Ideen weichen müssen – der Realität unseres Alltagsleb­ens.

Joerg Lenuweit arbeitet seit 19 Jahren als Texter und Kommunikat­ionsberate­r. „Herstellun­g von Gebrauchst­exten“nennt er das. In seiner Geschichte über „Das Ende der Schönheit“kann er seiner Fantasie freien Lauf lassen. Das ist mit dem dritten Preis unter den weit über hundert Einsendung­en honoriert worden.

Worum geht es dem Autor in seiner Geschichte? Am Anfang stand ein Zitat des Dichters der Romantik Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis (1772-1801): „Die Welt muss romantisie­rt werden“. Heißt bei Joerg Lenuweit: „Der Alltag sollte mit Fantasie zu etwas Besserem gemacht werden, als er ist.“Damit begann sein „Räderwerk der Fantasie“zu laufen.

Joerg Lenuweit erzählt von Bork, der Kleinstadt im Ostallgäu, unschwer als Buchloe erkennbar. Von einer Gruppe junger Leute dort, Künstlern, die einen freien Lebensstil verwirklic­hen. Er erzählt vom Glück, das in der Beschäftig­ung mit Literatur und Poesie zu finden ist.

Davon, wie das Idyll dieser idealen Stadt erst langsam, dann aber letztendli­ch vollständi­g zersetzt wird. Burschenmä­ßig organisier­te Gruppen stehen hier für die Macht von zerstöreri­schem Kapitalism­us und faschistis­chem Gedankengu­t. Und nicht nur das Leben in Schönheit geht verloren, sondern auch die ideale Stadt, ihre Straßen, ihre Gebäude, ihre Umgebung, die Landschaft, die unter Beton verschwind­et.

Joerg Lenuweit hat nicht zum ersten Mal bei der Ausschreib­ung des Schwäbisch­en Literaturp­reises mitgemacht. Mit dem Beitrag „Kleine Flusskunde“war er schon 2011 in der Anthologie „Fluss“vertreten.

Damals erzählte er anhand des Laufes des Flüsschens Gennach von der Quelle bis zur Mündung in die Wertach von den Menschen, die dort leben. Von Kindern und ihren Grausamkei­ten, vom Spielen, vom Sich-Treffen und Sich-wieder-Verlieren, von Verlusten, vom Tod am Wasser. Auch vom langsamen Sterben der Natürlichk­eit dieses Flusses.

Das Thema von der Zerstörung unseres Lebensraum­es und der Zerstörung der Träume der Menschen ist hier schon angelegt und wiederholt sich im „Ende der Schönheit“in Bork/Buchloe. Das Positive, die Gegenkraft, scheitert.

Zum Schwäbisch­en Literaturp­reis sagt Joerg Lenuweit: „Ich mag dieses Projekt. Natürlich ist es anspruchsv­oll. Es entsteht dabei eine Sammlung von Geschichte­n. Von Zeitgeschi­chte, die hier bei uns verortet ist. Es ist ein attraktive­r Preis.“

Joerg Lenuweit ist, im Gegensatz zu vielen seiner Figuren, im Hier und Jetzt geerdet. Er begeistert sich für Sport – Schwimmen, Laufen – und für die Musik.

Im Sommer organisier­t er jedes Jahr mit dem gemeinnütz­igen Verein „YallaYalla“in Bad Wörishofen das „Soundfeld-Festival“. Für ein gemischt jung-älteres Publikum, mit moderner Popmusik, aber auch dem Sound der Sechziger- und Siebzigerj­ahre: Die „Schönheit im Alltag“: es gibt sie. Man darf optimistis­ch sein.

„Der Alltag sollte mit Fantasie zu etwas Besserem gemacht werden, als er ist.“

Joerg Lenuweit

 ?? Foto: Sabine Schaa-Schilbach ?? Beim Schwäbisch­en Literaturp­reis 2018 ging der dritte Preis an Joerg Lenuweit aus Wiedergelt­ingen. Die Verleihung des Preises im Rahmen von Lesungen der vier Preisträge­r fand im November 2018 im Rokoko-Saal der Regierung von Schwaben in Augsburg statt.
Foto: Sabine Schaa-Schilbach Beim Schwäbisch­en Literaturp­reis 2018 ging der dritte Preis an Joerg Lenuweit aus Wiedergelt­ingen. Die Verleihung des Preises im Rahmen von Lesungen der vier Preisträge­r fand im November 2018 im Rokoko-Saal der Regierung von Schwaben in Augsburg statt.

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