Eine „Heilige Nacht“zum Hören und Miterleben
Weihnacht Monika Baumgartner und die Well-Geschwister schaffen für ihre 900 Zuhörer eine adventliche Stimmung
Bad Wörishofen Staad ist es im Kursaal, so staad. Nicht einmal ein Räuspern der rund 900 Besucher ist zu hören. Die Augen sind erwartungsvoll auf die in weihnachtlichem Rot und Grün dekorierte Bühne gerichtet. Kerzenlicht schafft eine harmonische Stimmung.
Was hier geschildert wird, das liegt zwar bereits rund 2000 Jahre zurück, und doch ist es Jahr für Jahr hochaktuell. Maria und Josef sind auf dem Weg von Nazareth nach Bethlehem, weil der römische Kaiser Augustus es so will. Der bayerische Schriftsteller Ludwig Thoma bringt hier keine seiner berühmten Lausbubengeschichten auf die Bühne. Die „Heilige Nacht“, das Versepos nach dem Lukasevangelium in bairischem Dialekt, schrieb er 1917.
Thoma war 1915 aus dem Krieg gekommen, als kranker und gebrochener Mann, der 1921 in seinem Haus Auf der Tuftn in Rottach am Tegernsee starb. Die Idee zum Versepos entstand im Advent. Thoma sei mit seinem Jäger in den Tegernseer Bergen unterwegs gewesen.
Daran erinnert sich der bayerische Volksschauspieler Bertl Schultes. Es sei eisig kalt gewesen und der Wind habe einem schier das Gesicht entzwei geschnitten. Auf einmal habe der Jäger gehört, wie Thoma leise vor sich hinsagte: „Im Wald is so staad, alle Weg san verwaht.“Das sei die Geburtsstunde der „Heiligen Nacht“gewesen.
Thoma selbst schrieb einem Freund: „Ich liebe dieses Buch, es ließ sich mühelos und von Herzen herunter dichten und war angeregt vom Schnee und stillen, sternenhellen Winternächten.“In Thomas Geist entstand die Weihnachtsgeschichte, die auch heute noch so eindrucksvoll geschildert wird, wenn eine echte bayerische Schauspielerin liest. Monika Baumgartner ist hier nicht nur Erzählerin, sie verkörpert den Josef, die Maria, die Wirtsleute und Vetter und Base so lebendig, dass die Figuren aus Thomas Geschichte vor dem inneren Auge der Zuhörenden fast real werden.
Ihre Stimme bittet, bettelt, beruhigt und keift, dass es eine Freude ist. Und da ist es wieder, das Humoristische des Dichters. Monika Baumgartner schafft es, ihren Blick genau im richtigen Moment ins Publikum zu erheben und es so direkt in die Geschehnisse mit einzubeziehen, sodass es nicht umhin kann, verständnisvoll oder lachend zu reagieren.
Sie ist nicht alleine auf der Bühne. Die von Ludwig Thoma in seinem Versepos eingeflochtenen Gesänge werden wunderbar von den „Wellküren“interpretiert. Burgi, Bärbi und Moni Well sind ein sehr harmonischer Dreigesang, wenn sie hören lassen: „Wer klopft bei da Nacht? Da wird net aufgmacht! Geht’s glei wieda zua und lassts uns in Ruah!“Gemeinsam mit ihrem Bruder, dem Christoph „Stofferl“Well, gesungen, klingt es noch intensiver, vor allem dann, wenn er seine Konzertharfe zupft, zur Querflöte greift, die Trompete ertönen lässt oder mit der Steirischen Harmonika die Gesänge begleitet.
Es kommen noch eine zweite Harfe, ein Hackbrett, eine Maultrommel und eine Gitarre zum Einsatz. Die Geschwister Well verstehen es, mit ihrer abwechslungsreichen Musikalität die „Heilige Nacht“zu einem Erlebnis besonderer Art zu gestalten, bis es heißt: „Und in den hellen Jubelgsang, im Orgel- und im Harfaklang hat jetzt a tiafe Stimm o’gsetzt, mit G’walt, so wia a Glock’n hallt: Kommt alle zamm, ihr braucht koa Furcht net hamm!“