Mindelheimer Zeitung

Merkel wird ihr Kabinett umbilden müssen

Egal ob Friedrich Merz kommt oder nicht, es tun sich Schwachste­llen in der Regierung auf. Dabei geht es nicht nur um Ursula von der Leyen und Peter Altmaier

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Größere Rochade, wenn Barley nach Europa geht?

Eine Kabinettsu­mbildung wird es nicht geben. Die nächsten Tage jedenfalls nicht. Bundeskanz­lerin Angela Merkel habe keine entspreche­nden Pläne, versichert­e Regierungs­sprecher Steffen Seibert vor dem Hintergrun­d der Debatten über Friedrich Merz und dessen Äußerungen, er traue sich ein Ministeram­t durchaus zu. Eine Ewigkeitsg­arantie hat Merkels Festhalten an der bekannten Ministerri­ege nicht. Dafür knirscht es viel zu sehr im Gefüge der Regierungs­mannschaft.

Bereits vor dem CDU-Parteitag wurde – das ging dann in den Merz-Schlagzeil­en unter – über Kabinettsu­mbildungen spekuliert. Zum Beispiel darüber, ob Horst Seehofer neben dem Amt des CSU-Parteivors­itzenden auch seinen Job als Bundesinne­nminister an den Nagel hängen würde. Eine Auflösung der Koalition stand ebenfalls zur Diskussion, und die Debatten über eine Regierungs­umbildung oder gar Neuwahlen sind in Berlin nicht verstummt. Und zwar deshalb, weil die Performanc­e der Merkel’schen Regierungs­mannschaft nicht gut ist.

Zuvorderst in der Kritik stehen die beiden CDU-Politiker Ursula von der Leyen und Peter Altmaier. Erstere hat als Verteidigu­ngsministe­rin mit einem Problem zu kämpfen, an dem sich schon ihre Vorgänger Franz Josef Jung, KarlTheodo­r zu Guttenberg und Thomas de Maizière die Zähne ausgebisse­n haben: Die Bundeswehr vertraut ihrer Führung nicht. Verstärkt wird der Eindruck von Führungssc­hwäche bei Ursula von der Leyen durch die ominösen Beraterver­träge ihres Ministeriu­ms.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier kommt in seinem Haus ebenfalls nicht voran. Wolle man eine Entscheidu­ng zu einem bestimmten Thema verhindern, müsse man es nur Altmaier auf den Tisch legen, spotten Mitarbeite­r. Wie der CDU-Politiker sich auch dreht und wendet, er kommt bei wichtigen Themen nicht voran. Fragen in der Energiepol­itik sind ungelöst, das Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz machten Seehofer und Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) nach Angaben beteiligte­r Personen unter sich aus.

Aber auch andere haben nichts oder nur wenig auf dem Liefersche­in stehen. Das Wort „Bildung“ ist eines der am häufigsten genannten im Koalitions­vertrag. Gleichzeit­ig wissen aber viele immer noch nicht, wer das Ministeriu­m führt: Bildungsmi­nisterin Anja Karliczek gehört sicherlich zu den blassesten Kabinettsg­esichtern. Die CDUPolitik­erin ist vor allem deshalb bekannt, weil es ihrer Meinung nach den Mobilfunks­tandard 5G nicht an jeder Milchkanne geben kann.

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) hat es, zuletzt dank ihres unermüdlic­hen Einsatzes bei der Klimakonfe­renz in Kattowitz, zu deutlich mehr Bekannthei­t gebracht. Aber auch ihr Lieferserv­ice funktionie­rt nur eingeschrä­nkt. In wichtigen Umweltfrag­en liegt sie im Clinch mit Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU). In der Glyphosat-Debatte gab es Differenze­n mit Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU).

Positiv fällt gerade ausgerechn­et der Mann auf, der in den letzten Monaten einige Störmanöve­r anzettelte: Horst Seehofer macht in Ruhe seinen Job und hakt eine Aufgabe nach der anderen ab.

Angesichts der vielen Leerstelle­n in der Regierungs­arbeit sollte es keine Frage sein, ob das Kabinett umgebildet wird. Die Frage dürfte vielmehr lauten, wann das passiert. Spätestens Ende Mai wird es zu einer Umbesetzun­g kommen, wenn Bundesjust­izminister­in Katarina Barley, die SPD-Spitzenkan­didatin für die Europawahl, ins EU-Parlament wechselt. Es könnte Anlass für eine größere Rochade bei Union und SPD sein. Wenn der Burgfriede bis dahin hält.

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