Frankensteins Mutter
Mary Shelley Keiner glaubte der jungen Autorin, dass sie ein Buch von Weltruhm verfasst hat
Vor genau zweihundert Jahren wurde ein Roman veröffentlicht, der seither nichts an seiner morbiden Faszination und seiner gesellschaftlichen Relevanz eingebüßt hat. Die junge Autorin war bei Erscheinen gerade mal 20 Jahre alt. Regisseur Haifaa Al Mansour erzählt nun die Geschichte der Mary Shelley und der Entstehung von „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“.
Mary (Elle Fanning) ist Tochter eines Philosophen und Buchhändlers. Ihre Mutter Mary Wollstonecraft, eine frühe Kämpferin für die Rechte der Frau, war im Kindbett verstorben. Ihre Grabstätte ist der Zufluchtsort der jungen Mary, einer selbstbewussten Frau, die die Konventionen ihrer Zeit als Last empfindet. Ihrer Stiefmutter ist Mary ein Dorn im Auge und ihr Vater schickt sie zu einem Freund nach Schottland. Angeblich soll die ambitionierte Jungschriftstellerin dort ihre eigene Stimme finden. Die 16-jährige findet aber den radikalen, etwas älteren Poeten Percy Shelley (Douglas Booth), der verheiratet und Vater ist. Er ist von Marys liebreizender Erscheinung sofort entzückt, die beiden werden ein Paar.
Zu jener Zeit ist ein derartiges Vorgehen eine Ungeheuerlichkeit. Percys Vater zahlt nicht mehr und auch seine Verleger geben sich skeptisch. Das Geld wird knapp. Dann besucht Mary eine Vorstellung, auf der Experimente mit Elektrizität vorgeführt werden. Dort bringt die sogenannte Galvanisierung die Schenkel eines toten Frosches wieder zum Zucken. Die junge Autorin ist fasziniert. „Mary Shelley“ist Sittengemälde, Biografie und Liebesfilm in einem. Niemand nimmt es der jungen Mary ab, die Story vom „Modernen Prometheus“selbst verfasst zu haben. Sie kassiert reihenweise Absagen, schließlich erscheinen anonym 500 Exemplare. Hätte man doch nur eines davon! Unterhaltsam und erhellend. Osamu und seine Frau Nobuyo leben unter ärmlichsten Bedingungen in der Nähe einer japanischen Metropole. Gemeinsam mit dem jungen Shota zieht Osamu regelmäßig durch Geschäfte und klaut alles Lebensnotwendige, von Toilettenpapier bis Essen. Nobuyo arbeitet zwar in einer Wäscherei, doch auch dort stiehlt sie routiniert Wertsachen aus den Kleidungsstücken. In einer völlig überfüllten Zwei-Zimmer-Wohnung leben sie noch mit zwei weiteren Frauen: Aki jobbt als Stripperin in einem Erotik-Etablissement, während Hatsue die Großmutter ist, deren Rente eine wichtige finanzielle Stütze im fragilen Finanzsystem dieser Wahlfamilie ist.
Eines Abends greifen Osamu und Shota auf der Straße das verwahrloste Mädchen Juri auf. Ihr dünner Körper ist mit Narben übersät – die Anzeichen eines Missbrauchs. In „Shoplifters“braucht der japanische Regisseur Kore-Eda („Like Father, Like Son“) wieder nur wenige Einstellungen und Szenen, um die vielen Elemente seiner vielschichtigen Geschichte anzudeuten. So gelingt es ihm, äußerst subtil von der Not der Familie zu erzählen und gleichzeitig deren warmherziges Miteinander einzufangen. Völlig zu Recht erhielt er dafür beim Festival in Cannes die Goldene Palme.