Das Freiwillige Soziale Jahr soll attraktiver werden
Soziales Warum sich der Kreistag mit einer Resolution an den Bundestag wendet
Es ist der Versuch, von unten auf ein Thema aufmerksam zu machen, das in den Augen von Kreisrat Josef Kerler oben, nämlich in der Bundespolitik, bis vor Kurzem viel zu wenig Beachtung fand: das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Schon mehrmals hat der CSU-Politiker im Kreistag auf die positiven Auswirkungen hingewiesen, die in seinen Augen ein solcher Dienst für die Persönlichkeitsbildung der jungen Leute und auch das gesellschaftliche Zusammenleben hat: Die soziale Kompetenz werde gestärkt, das Bewusstsein für gesellschaftliche Bedürfnisse geweckt und er könnte dazu beitragen, Defizite im Zusammenleben der Generationen abzubauen.
Vor allem aber könnte das FSJ auch ein Mittel sein, um dem gravierenden Pflegenotstand entgegenzuwirken, der sich nach Kerlers Einschätzung aufgrund der demographischen Entwicklung mit zukünftig mehr älteren Bürgern weiter verschärfen wird. Die jungen Leute könnten im FSJ das Fachpersonal in der Pflege entlasten, den Pflegebedürftigen Zeit und Zuwendung schenken und dabei gleichzeitig soziale Berufe kennenlernen und im besten Fall für sich entdecken.
Weil die Bundespolitik seiner Meinung nach jedoch zu wenig Anreize dafür schafft, dass sich möglichst viele junge Menschen für das soziale Jahr entscheiden – wenn es schon nicht verpflichtend eingeführt werden kann –, will Josef Kerler von unten Druck machen. „Ich meine, wir als Kreisräte im Unterallgäu sollten jetzt die Initiative ergreifen“, schreibt er im Anschreiben eines Antrags. Darin bittet er seine Kollegen, sich mit einer Resolution an den Deutschen Bundestag für den Freiwilligendienst starkzumachen – und stieß auf offene Ohren: Nachdem zwischenzeitlich auch das Bundes-Familienministerium einen Vorstoß unternommen hat, die Rahmenbedingungen des FSJ zu verbessern, hat der Kreistag beschlossen, sich diesem mit seiner Resolution anzuschließen.
Der Deutsche Bundestag solle die notwendigen gesetzgeberischen Voraussetzungen schaffen, damit das FSJ attraktiver wird, heißt es in der Resolution. Auch der Landkreis bekomme in den drei Kreis-Seniorenwohnheimen, den Kreiskliniken und der Betriebskinderkrippe Mindelzwerge den Fachkräftemangel zu spüren. Das landkreiseigene Personal sei teils massiv überlastet. „Mit Sorge stellt der Kreistag fest, dass seitens der Bundes- und Landespolitik bislang noch keine spürbaren Verbesserungen auf den Weg gebracht wurden, um dieser Entwicklung angemessen entgegenzuwirken“, heißt es in der Resolution, und weiter: „Freiwilliges Engagement ist der Kern einer lebendigen Zivilgesellschaft und stärkt das Rückgrat der Demokratie.“
Ursprünglich hatte Josef Kerler angeregt, der Kreistag solle sich für die Einführung eines verpflichtenden Sozialen Jahres einsetzen, hatte dafür aber keine Mehrheit gefunden. Den Dienst auf freiwilliger Basis befürworteten jedoch alle Kreisräte. In ihrer Resolution schlagen sie konkrete Maßnahmen vor, die das FSJ attraktiver machen könnten. So solle etwa die Zahl der angebotenen FSJ-Stellen erhöht werden, damit alle jungen Menschen, die sich engagieren wollen, auch einen Platz erhalten.
Des Weiteren sollen finanzielle Anreize geschaffen werden, damit sie sich das freiwillige Engagement auch leisten können, sie sollen die öffentlichen Verkehrsmittel in ihrem Dienstgebiet kostenlos nutzen können und für ihr Engagement Bonuspunkte bei der Rente und der Vergabe von Numerus-Clausus-Sutudienfächern erhalten. Eine weitere Idee ist, das FSJ auf die Ausbildungszeit anzurechnen, wenn anschließend ein sozialer Beruf gewählt wird. Die Vorschläge sind teils identisch mit denen von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, gehen zum Teil aber darüber hinaus.
„Die Resolution ist gut und notwenig“, sagte Michael Helfer (SPD) und dankte Josef Kerler dafür, das Thema aufs Tablett gehoben zu haben. „Von den Erfahrungen, die junge Leute in diesem Jahr machen, profitieren sie ein Leben lang“, sagte Landrat Hans-Joachim Weirather und betonte, dass es nicht nur darum gehe, billige Arbeitskräfte einzuspannen. „Ob wir mit dem FSJ das Problem des Pflegekräftemangels lösen, ist die große Frage“, so Josef Kerler. Die Pflegeberufe müssten auch deutlich besser bezahlt werden. Ihm gehe es darum, eine Diskussion anzustoßen und das Thema in breite Bevölkerungsschichten zu bringen. Die Resolution ist deshalb auch an die regionalen Bundestagsabgeordneten adressiert.