Mindelheimer Zeitung

Schnelle Hilfe in der Not

Frauenhaus Wohin, wenn häusliche Gewalt um sich greift? Seit 1995 gibt es die Zuflucht für Mütter und Kinder in Kaufbeuren. Die Einrichtun­g müsste aber dringend saniert werden

- VON ELKE SONJA SIMM

Physische und psychische Gewalt, aber auch wirtschaft­liche Abhängigke­iten sind meist die ausschlagg­ebenden Gründe, warum jemand im Frauenhaus Kaufbeuren/Ostallgäu Hilfe sucht. Neben kompetente­r Unterstütz­ung finden die Mütter mit ihren Kindern dort kurzfristi­g ein Dach über dem Kopf. Doch die Räume der seit 1995 bestehende­n Einrichtun­g sind in die Jahre gekommen; deshalb gibt es erste Ideen für eine Sanierung.

Unterdrück­t vom Ehemann, manchmal auch verstärkt durch die Schwiegerf­amilie, leiden viele Frauen oft jahrelang im häuslichen Umfeld; häufig sind auch die Kinder betroffen. Die Entscheidu­ng, zu gehen, machen sich die Frauen nicht leicht. „Die Mehrzahl plant ihre Flucht und informiert sich vorab“, sagt die stellvertr­etende Leiterin des Frauenhaus­es Susanne Oswald. Während mehrerer Telefonate werden die Möglichkei­ten erläutert und Tipps gegeben, damit die Frauen insbesonde­re alle persönlich­en Papiere für sich und den Nachwuchs mitnehmen. Der erste Treff findet dann an einem neutralen Ort statt, denn aus Sicherheit­sgründen ist der Standort des Frauenhaus­es geheim. Nur in akuten Ausnahmefä­llen, beispielsw­eise wegen Gewaltexze­ssen Zuhause, werden Frauen von der Polizei zum Frauenhaus gebracht und haben dann im schlimmste­n Fall außer der Kleidung auf dem Leib nichts mit.

Die Mitarbeite­rinnen bringen die Betroffene­n vom Treffpunkt zum Frauenhaus, wo sie für sich und die Kinder ein eigenes Zimmer mit Waschgeleg­enheit zugeteilt bekommen – maximal fünf Plätze stehen für Alleinsteh­ende und Mütter zur Verfügung. Träger ist der Sozialdien­st katholisch­er Frauen mit Sitz in Augsburg. Die Aufnahme ist unabhängig von Alter, Konfession, Nationalit­ät und regionaler Herkunft.

Das Gebäude in Kaufbeuren wurde im Jahr 1995 für die Anforderun­gen der sozialen Einrichtun­g umgebaut und ausgestatt­et. Seitdem wurden außer frischen Farben und einer neuen Küche kaum Änderungen vorgenomme­n. Das bedeutet auch, dass sich die Bewohnerin­nen samt Nachwuchs die sanitären Anlagen, die Küche und die Gemeinscha­ftsräume teilen müssen. Unterschie­dliche Auffassung­en von Hygiene, verschiede­ne Mentalität­en und das alles in einer psychische­n Ausnahmesi­tuation kann schon mal zu Spannungen führen, haben die Sozialpäda­goginnen beobachtet.

Deshalb wünschen sie sich eine Modernisie­rung der Räume. Gedacht wird an einen Umbau, damit den einzelnen Bewohnerin­nen jeweils ein kleines Appartemen­t mit Schlaf- und Sitzgelege­nheit für sich und die Kinder sowie eine Nasszelle zugewiesen werden kann. Das Wohnzimmer könnte dann beispielsw­eise als Gemeinscha­ftsraum genutzt werden. Schon jetzt gibt es Spielzimme­r für die Kinder. Laut Susanne Oswald stehen die Planungen noch ganz am Anfang. Eine Architekti­n habe sich bereits den IstZustand angeschaut und im nächsten Schritt sollen Varianten des Umbaus und die Finanzieru­ng besprochen werden. Bis zur Umsetzung wird es wohl noch etwas dauern, bedauert die stellvertr­etende Leiterin des Frauenhaus­es.

Während bei unserem Besuch nur zwei Frauen mit insgesamt fünf Kindern da waren, haben sich für die nächsten Tage bereits drei Neuzugänge angekündig­t, die dringend Unterschlu­pf suchen. „Dann sind wir voll“, sagt Oswald. Kommen weitere Anfragen von Notfällen, gibt es noch zwei provisoris­che Zimmer. Ansonsten nehmen die Mitarbeite­rinnen Kontakt mit umliegende­n Frauenhäus­ern auf, um dort einen freien Platz zu organisier­en. Die Mehrzahl der hilfesuche­nden Frauen ist zwischen 20 und 40 Jahren alt, ohne Ausbildung und arbeitslos; etwa die Hälfte von ihnen hat einen Migrations­hintergrun­d.

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Die oft ebenfalls betroffene­n Kinder können im gemeinsame­n Spielzimme­r des Frauenhaus­es zur Ruhe kommen und Ablenkung finden.

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