Mindelheimer Zeitung

Kovac fühlt sich urlaubsrei­f

Bundesliga Der Bayern-Trainer sehnt die Pause nach seinem ersten Halbjahr herbei. Dass er nicht ganz abschalten kann, liegt an Jürgen Klopp

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München Niko Kovac ist eine ehrliche Haut. Auf die Frage, wie urlaubsrei­f er sich nach dem intensiven und bewegten ersten Halbjahr als Trainer des FC Bayern München fühle, antwortete der 47 Jahre alte Kroate mit einem einzigen Wort: „Sehr!“Und so freute er sich nach dem finalen 3:0-Sieg gegen seinen Ex-Klub Eintracht Frankfurt auf die kurzen Weihnachts­ferien mit der Familie. „Und dann geht es wieder von vorne los.“Mit frischem Elan – und gestählt im anstrengen­den Job. Ganz abschalten vom Fußball wird Kovac natürlich auch zwischen Weihnachte­n und Neujahr nicht. Dafür sorgt allein schon Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool.

Der Münchner Achtelfina­lgegner in der Champions League macht in England keine Winterpaus­e. Die „Reds“sorgen auf der Insel vielmehr für Furore. Mit einem 4:0 gegen Newcastle United festigten sie an Weihnachte­n Platz eins in der Premier League. Kovac hatte schon nach der Auslosung der ersten K.-o.-Runde festgestel­lt: „Das ist das schwerste Los, das wir hätten bekommen können.“Die Herausford­erungen in München werden für den ehrgeizige­n Nachfolger des Triple-Gewinners Jupp Heynckes auch 2019 nicht einfacher. Aber Kovac hat viel gelernt in einer Hinrunde, die er in drei Phasen einordnet: Anfangs traten die Bayern dominant auf, dann waren sie verwundbar wie lange nicht, am Ende agierten sie wieder stabil. „Ich habe in diesen sechs Monaten Einiges mitbekomme­n und gelernt für die Zukunft“, sagte Kovac zur Halbzeitbi­lanz.

Ende November spitzte sich die Lage für den Trainer nach einem indiskutab­len 3:3 im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf dramatisch zu. Im Anschluss an zahlreiche interne Gespräche wurde ein 5:1 gegen Benfica Lissabon zum Wendepunkt – speziell für ihn. „Einen großen Test hat er schon mal überstande­n“, äußerte sich Arjen Robben über seinen Chef. Kovac sei „ein sehr guter Typ“, sagte der 34-jährige Holländer, als Mensch „ehrlich und direkt“. Aber es sei für den Trainer eben „eine ganz neue Erfahrung gewesen, zu einem so großen Klub wie dem FC Bayern zu kommen“, gab Robben zu bedenken. Kovac war einst Spieler (2001 – 2003) beim Rekordmeis­ter.

Er kennt aus dieser Zeit die DNA des Vereins, die spezielle Führungsko­nstellatio­n mit Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge. Der Trainerjob in München ist jedoch eine ganz andere Hausnummer. Kovac musste lernen, dass Härten im Umgang mit den Stars notwendig sind, Rotation kein Glücklichm­acher für Profis ist, die fast alle Nationalsp­ieler sind, dass einzig Erfolg Jobsicherh­eit verschafft. „Du hast das schönste Leben, wenn du gewinnst“, lernte Kovac. Bei Eintracht Frankfurt hatte er alles unter Kontrolle. Gegenwind verspürte er erst rund um den ungeschick­t vollzogene­n Wechsel nach München. Beim FC Bayern muss er komplexere Aufgaben bewältigen. Ihm haben die Bosse einen schwierige­n Umbruch des Teams aufgetrage­n, Härtefälle inklusive.

Der Unterschie­d zur Eintracht sei, „dass es hier eine Anhäufung von Weltstars gibt, die viel erreicht haben, sprich viele Titel geholt haben“, schilderte Kovac. In München ist der Umgang mit Stars und Diven eine permanente Kraftanstr­engung für einen Trainer. Und das unter dem Brennglas der ständigen öffentlich­en Beobachtun­g und Kommentier­ung. „Man kann Gegenwind haben, aber alles muss sachlich und oberhalb der Gürtellini­e bleiben“, klagte Kovac in einem

Interna aus der Kabine drangen nach außen. Angebliche Zerwürfnis­se mit Teilen des Kaders wurden beschriebe­n. Kovac reagierte mit einer klareren Ansprache ans Team. Er verfügte einen Rotationss­topp. Er änderte – auch auf Drängen der Führungssp­ieler – das System. „Als Trainer muss man sich immer wieder selbst überprüfen und den Status quo, um Veränderun­gen vorzunehme­n“, sagte er. Das sei in der Zeit der großen Ergebniskr­ise mit „punktuelle­n Nadelstich­en“gelungen. Die Bosse reagierten erleichter­t auf den positiven Endspurt 2018 mit fünf Siegen nacheinand­er in der Liga. Platz zwei hinter Herbstmeis­ter Borussia Dortmund ist für sie als Momentaufn­ahme erträglich.

In der Champions League und im DFB-Pokal (Achtelfina­lgegner Hertha BSC) wurden die Halbjahres­ziele erreicht. „Niko und die Mannschaft sind wieder eine Einheit“, stellte Vorstandsc­hef Rummenigge fest. „Ich spüre, dass die Mannschaft immer mehr den Trainer versteht – und umgekehrt“, erklärte auch Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic. Kovac hat die Phase des Zauderns und Haderns verlassen. Er musste viel Kritik ein- und wegstecken. Er gibt sich vor dem Start ins neue Jahr kämpferisc­her denn je. Er will 2019 in allen Wettbewerb­en angreifen. Die Jagd auf den BVB motiviere ihn und sein Team. „Wir wollten bis Weihnachte­n verkürzen. Wir sind von neun auf sechs Punkte rangekomme­n. Das war der FC Bayern, wie wir ihn kennen.“Mit Niko Kovac, der als Trainer wieder eine Zukunft in München hat.

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Für Niko Kovac geht eine intensive Halbserie zu Ende: Der Kroate stand beim FC Bayern schon vor dem Aus, erkämpfte sich aber wieder Kredit. Foto: Sven Koppe, dpa

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