Unter besonderer Beobachtung
Die neu gegründete Motorrad-Streife hat in der Saison 2500 Biker kontrolliert. Die Polizei lobt die Vernunft der Fahrer und hat doch eine Reihe von Verstößen festgestellt. Auch der Krach der Fahrzeuge ist wieder Thema
Motorradfahrer und ihre Maschinen standen heuer unter besonderer Beobachtung der Polizei: Das Präsidium Schwaben Süd/West in Kempten hat erstmals eine spezielle Motorrad-Streife eingesetzt. Die Beamten kontrollierten insgesamt 2500 Motorradfahrer. In 40 Prozent der Fälle waren die Biker zu schnell unterwegs, überholten trotz Verbots oder hatten ihre Fahrzeuge umgebaut, sodass sie schneller und lauter waren oder zulasten der Sicherheit sportlicher aussahen.
In Ausnahmefällen mussten die Fahrer ihre Maschinen sogar stehen lassen. 24 Mal war das nach Angaben der Polizei der Fall, beispielsweise wegen zu stark abgefahrener Reifen oder weil der Lenker so manipuliert war, dass die Bremse nicht mehr hundertprozentig funktionierte. Der Großteil der Motorradfahrer sei aber vernünftig, lautet das Fazit von Rainer Fuhrmann, Hauptkommissar beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West. Den Beamten geht es nach eigenen Angaben in erster Linie darum, dass die Verkehrsordnung und die Tempolimits eingehalten werden und niemand Maschine auf Kosten der allgemeinen Sicherheit manipuliert.
Ihn freue besonders, dass 2018 wesentlich weniger Motorradfahrer bei Unfällen gestorben sind als im Jahr zuvor, sagt Fuhrmann. Die Zahl der Unfalltoten liegt aktuell bei elf – gegenüber 20 im Jahr 2017. Dabei war es heuer wegen des außergewöhnlich guten Wetters eine lange Zweirad-Saison. Es gab bisher 727 Unfälle und damit 14 mehr als im Vorjahr. Der Zuständigkeitsbereich des Präsidiums umfasst das gesamte Allgäu sowie die Kreise Günzburg und Neu-Ulm.
Verstärkt kontrollierten die vier Beamten der speziellen Streife auf beliebten Motorradstrecken wie dem Jochpass, dem Riedbergpass oder auf der Alpenstraße B308 im Landkreis Oberallgäu. Aber auch Strecken im Unterallgäu standen im Fokus. Beispielsweise kurvige Straßen zwischen Memmingen und Babenhausen.
Wenn viele Biker unterwegs und intensive Kontrollen geplant waren, unterstützten bis zu acht Kollegen die Streife. Bei den Motorradfahrern stießen die Polizisten in den meisten Fällen auf Verständnis: „Die Jungs werden akzeptiert“, sagt Fuhrmann. „Von Motorradfahrer zu Motorradfahrer ist es eine ganz andere Gesprächsebene.“Die Biker wollten selbst nicht, dass ihr Hobby in Verruf gerät.
Und doch hat die Polizei immer wieder Verstöße festgestellt. So hätten manche Motorradfahrer die Spritzabdeckungen am Hinterreifen abgeschraubt, sagt Rainer Fuhrseine mann. Das sei für den nachfolgenden Verkehr gefährlich, da ihm wegen Dreckspritzern die Sicht genommen werde. Außerdem montierten Biker oft das Kennzeichen höher, damit es „toller aussieht“. Sobald man die Nummer aber nicht mehr lesen könne, sei das unzulässig, sagt Fuhrmann. Beliebt seien auch Veränderungen am Auspuff, damit die Maschine lauter röhrt. Die Beamten sind darauf geschult, solche technischen Veränderungen zu erkennen. Im Zweifelsfall wird der Auspuff abmontiert und vom TÜV noch einmal genau geprüft.
Der Motorradlärm nervt oft Anwohner, Urlauber oder andere Ausflügler. Um gegen den Krach vorzugehen, ziehen die Tourismusregionen Bayern und Tirol mit dem Projekt „Lärmfreier Lebensraum“an einem Strang – auch Vertreter der Interessensgemeinschaft Motorradfahrer (IG Moto) sind mit von der Partie.
An beliebten Biker-Strecken im Ober- und Ostallgäu sowie im Außerfern gibt es daher neue Hinweisschilder, die an die Motorradfahrer appellieren, leiser zu fahren. Nicht jede Maschine ist aber illegal laut. Während bei deutschen Fabrikaten meist zwischen 76 und 84 Dezibel erlaubt sind, haben italienische Marken oft eine Zulassung für mehr als 100 Dezibel. „Das ist eigentlich ein Witz“, kritisiert Fuhrmann. Entscheidend sei aber immer, was im Fahrzeugschein steht. Der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz will daher künftig auch die Fahrzeughersteller mit ins Boot holen.