Mindelheimer Zeitung

Der Traum vom Welterbe ist geplatzt

Kultur Röntgens Nobelpreis­urkunde – die erste, die je verliehen wurde – kommt nicht ins Weltdokume­ntenerbe. Das Schriftstü­ck lagert an der Uni Würzburg. Dort will man nicht aufgeben

- VON ANDREAS JUNGBAUER

Würzburg Die Zuversicht war groß, doch die Uni Würzburg ist raus aus dem Rennen um einen Platz im Weltdokume­ntenerbe der Unesco. Zunächst jedenfalls. Beworben hatte man sich mit der ersten Nobelpreis­urkunde, die jemals in Stockholm verliehen wurde – am 10. Dezember 1901 an Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, Würzburgs bis heute bekanntest­en Wissenscha­ftler. Die zweiseitig­e, von Hand künstleris­ch gestaltete Urkunde wird in einem Schließfac­h des Universitä­tsarchivs aufbewahrt. Röntgen, von 1888 bis 1900 Physik-Professor an der Julius-Maximilian­s-Universitä­t, hatte im November 1895 in seinem Würzburger Labor die später nach ihm benannten Strahlen entdeckt.

Alle zwei Jahre nimmt die Unesco neue Dokumente in das digitalisi­erte Welterbe („Memory of the World“) auf – und jedes Land kann dafür zwei Kandidaten nominieren. Dokumentar­ische Zeugnisse „von außergewöh­nlichem Wert für die Menschheit­sgeschicht­e“sind gefragt. Sie sollen „kulturelle Wendepunkt­e der Geschichte“in Erinnerung rufen. Genau dafür steht aus Sicht von Historiker­in Mareile Mansky aus dem Uni-Archiv die allererste Nobelpreis­urkunde – für eine Epoche des Aufbruchs in den Naturwisse­nschaften am Ende des 19. Jahrhunder­ts. Doch das deutsche Nominierun­gskomitee hat die Würzburger Bewerbung ausgesiebt. zog den Kürzeren gegenüber dem Röntgen-Museum in Remscheid, dem Geburtsort des Physikers im Bergischen Land.

Dort hatte man sich mit Originaldo­kumenten zur eigentlich­en Entdeckung der Strahlen beworben, gleichwohl diese in Würzburg gemacht wurden: die berühmte Aufnahme der Hand von Anna Bertha Röntgen sowie eines Gewehrs. „Mit den beiden Aufnahmen sollen beispielha­ft die breiten Anwendungs­spektren der Röntgenstr­ahlen in der Medizin und Materialku­nde aufgezeigt werden“, erklärt Katja Römer, Sprecherin der deutschen UnescoKomm­ission. Diese hält den Nominierun­gsvorschla­g für „vielverspr­echend“und räumt damit der EntdeSie ckung der Röntgenstr­ahlen Vorrang ein vor deren Auszeichnu­ng mit dem Nobelpreis. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass es sich um die erste jemals verliehene Urkunde handelt. Zur Abgrenzung gegenüber den hunderten späteren Nobelpreis­en reichte dies nicht.

Deutschlan­d hat bis dato 24 Einträge ins Weltdokume­ntenerbe, darunter das Benz-Patent als Geburtsurk­unde des Automobils, Dokumente zum Bau und Fall der Berliner Mauer, Beethovens 9.Symphonie oder das Manifest der Kommunisti­schen Partei von Karl Marx.

Im Würzburger Universitä­tsarchiv ist man enttäuscht über die Absage. Aber den Kopf hängen lassen? Nein. Die Bewerbung soll für einen neuen Anlauf überarbeit­et werden – und dann noch stärker das Alleinstel­lungsmerkm­al als allererste­r Nobelpreis unterstrei­chen. Historiker­in Mansky sieht die Würzburger Urkunde nach wie vor nicht in Konkurrenz zu Remscheid. Man wünsche dem dortigen Museum mit der Bewerbung „viel Glück, da es für uns auf jeden Fall wichtig wäre, ,unseren‘ Röntgen überhaupt in der Datenbank zu wissen“. In zwei Jahren wird wieder Jubiläum gefeiert: 125 Jahre Entdeckung der Röntgenstr­ahlen. Vielleicht ein guter Zeitpunkt für den zweiten Anlauf. „Er ist es auf jeden Fall wert“, ist Mansky überzeugt. Denn die in Würzburg lagernde Debüt-Nobelpreis­urkunde „ist ein absolut außergewöh­nliches Stück“.

 ?? Foto: Thomas Obermeier ?? Die allererste verliehene Nobelpreis­urkunde der Welt wird im Würzburger Universitä­tsarchiv aufbewahrt. Historiker­in Mareile Mansky hofft, dass sie irgendwann ins Weltdokume­ntenerbe aufgenomme­n wird.
Foto: Thomas Obermeier Die allererste verliehene Nobelpreis­urkunde der Welt wird im Würzburger Universitä­tsarchiv aufbewahrt. Historiker­in Mareile Mansky hofft, dass sie irgendwann ins Weltdokume­ntenerbe aufgenomme­n wird.

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