Die Türkheimer Tierhilfe braucht Hilfe
Mein Jahr Elke Schuhmann: Ein Leben für alte und kranke Haustiere, die niemand mehr haben will
Türkheim In den Containern zwischen der Bahnlinie beim Bahnhof Türkheim und der Straße nach Rammingen ist es ruhig. Kein Hund bellt.
Das war früher anders. Früher – das war ab 1989, als der gemeinnützige Verein „Hund, Katze und Co.“gegründet worden war. Die Gründerin Elke Schuhmann aus Türkheim erwarb 1993 das Areal neben den Gleisen und stellte dort Büround Wohncontainer als neue Heimat für ihre Schützlinge auf.
Ihre Schützlinge – das sollten alte und kranke Hunde und Katzen sein, die für den Rest ihres Tierlebens nicht mehr an neue Besitzer zu vermitteln waren.
Heute hat Elke Schuhmanns Verein 48 Mitglieder, von denen aber viele „stille“Teilnehmer sind. Deshalb stehen nicht genügend Kräfte für die tägliche Arbeit zur Verfügung. Die tägliche ehrenamtliche Aufgabe: das ist die Fütterung von herrenlosen Katzen in Bad Wörishofen, Türkheim, Irsingen und Rammingen. In Elke Schuhmanns Tierheim selbst leben derzeit nur wenige Schützlinge: zwölf Katzen, zwei Hunde, ein geschwätziger weißer Kakadu und ein paar Wasserschildkröten. Sie wohnen alle bei Elke Schuhmacher im Haus. Seit zwei Jahren nimmt sie keine neuen Tiere mehr auf. Die Container draußen stehen leer.
Das ist das zweite Problem des Vereins, denn sie sind unbewohnbar. Von dem Gleisbett jenseits ihres Zauns haben sich Ratten bis in die Container durchgefressen. Sie waren sozusagen heimatlos geworden, sind vor der großen Baustelle am Türkheimer Bahnhof geflohen. Seitdem sind sie da, auf dem Grundstück und in den Containern. Die Bahnbaustelle seit dem Frühjahr 2018, der Lärm, die Bodenerschütterungen: Das sind die größten Probleme für das Tierheim.
„Dass es so brutal wird, konnte man sich nicht vorstellen“, erinnert sich Elke Schuhmann, „ohne Vorwarnung begann der Lärm mitten in der Nacht, der Bahnbereich war taghell ausgeleuchtet. Ich dachte erst: Ein Unglück, da ist ein Zug entgleist!“Der Lärm, für Menschenohren und -nerven eine Qual, war für die noch viel empfindlicheren Tiere eine nicht enden wollende Tortur, von der sich einige, vor allem die Vögel, nicht mehr erholten.
Dazu kamen immense Schäden an den Gebäuden des Tierheims durch schwerstes Gerät. Seitdem muss sich Elke Schuhmann nicht nur in schlaf- losen Nächten mit dem Lärm abfinden, sondern liegt auch im Clinch mit der Bahn, die die Schäden an ihrem Eigentum beseitigen muss. Müsste, denn bisher tut sich nichts (MZ berichtete).
Um ihre Arbeit für die Tiere zu finanzieren, braucht Elke Schuhmann mehr als den sehr niedrigen Jahresbeitrag der Mitglieder. Zusätzliche Einnahmen fließen aus den Flohmarktverkäufen in „Bello´s Home Shop“in Bad Wörishofen. Der Laden gehört dem Verein und ersetzt seit zehn Jahren die eigenen beschwerlichen Flohmarkt-Besuche. Und dort wird nicht nur verkauft, sondern es gibt auch kostenlose Beratung für Tierhalter.
Für die Bereitstellung von Futter für die herrenlosen Katzen an bestimmten Futterplätzen im Gemeindegebiet gibt es die Organisation „Futter für Tiere in Not“, die ihrerseits Sponsoren ausfindig macht und mit diesen Spenden insgesamt 200 Tierheime unterstützt.
Seit zehn Jahren bezieht auch der Verein von Elke Schuhmann von dort Futter und Streu. Manchmal bleibt genug übrig, um private Tierhalter zu unterstützen, die sich sonst ihr Haustier kaum mehr leisten könnten. Oder um einen Lkw voller Tierfutter nach Rumänien zu schicken. Die derzeit zwölf Katzen von Elke Schuhmann sind keine schnuckeligen Streichelmiezis, sondern scheue Wesen, die schon so viel Schlimmes in ihrem Katzenleben durchgestanden haben, dass man das gar nicht genau wissen will.
„Katzen auf dem Land, das zählte nicht“, sagt Elke Schuhmann, „junge Katzen hat man damals ertränkt.“Später dann „wurden sie ausgesetzt, vom Auto angefahren liegen gelassen, anonym im Karton vor meinem Eingang abgestellt, oder ganz kleine Kätzchen wurden einfach über den Zaun aufs Grundstück geworfen!“
Das überlebten nicht alle. „Aber“, fügt Elke Schuhmann hinzu, „das hat sich zum Glück gebessert. Die junge Generation auf dem Land kümmert sich. Die Katzen leben im Haus, sie werden gesucht, wenn sie verloren gehen.“Das Problem der Vermehrung bei den Katzen aber bleibe bestehen: „Die Tierärzte verlangen heutzutage einfach zu viel für Sterilisation oder Kastration.“
Elke Schuhmann macht Werbung für ihren Verein: „Wir vertragen uns wunderbar“, sagt sie. Dringend sucht sie einen zweiten Vorstand, „damit man sich austauschen kann. Und wir brauchen mehr engagierte Mithelfer, die die Futterstellen draußen betreuen, und solche, die ehrenamtlich im Laden mitarbeiten.“Neue zahlende Mitglieder wären natürlich auch toll. Die Buchhaltung macht Elke Schuhmann selber, vormittags steht sie im Laden und nachmittags ist sie beim Katzenfüttern dabei.
Aber: Warum sollte man etwas für Tiere tun, die niemandem gehören? „Wir bekommen da oft Schwierigkeiten mit den Futterplätzen, es kommen Verbote bis hin zu Drohungen mit Anzeige. Viele Leute mögen Katzen einfach nicht“, vermutet Elke Schuhmann dazu, „dabei waren Katzen schon immer nützlich, sie halten unsere Städte frei von Ratten und Mäusen.“Auch sie selbst wurde erst im Lauf der Jahre zur Katzenfreundin. Ihre Arbeit gibt ihr sehr viel. Sie sagt: „Ohne meine Tiere könnte ich nicht leben.“
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Kontakt Verein „Hund, Katze und Co.“, Telefon 08245/960640 oder in „Bello´s Home Shop“in Bad Wörishofen unter Telefon 08247/9979770 zu den üblichen Ladenöffnungszeiten.
„Ohne meine Tiere könnte ich nicht leben.“
Elke Schumann