Mindelheimer Zeitung

Ruhe im Stall trotz Silvester-Knall

Tiere Viele Tierbesitz­er kritisiere­n das Feuerwerk an Silvester. Johanna Oswald vom Pferde-Reha-Zentrum „The Salutory“in Bad Wörishofen erklärt, wie ihre Pferde und Hunde den Abend stressfrei bewältigen

- VON LEONIE KÜTHMANN

Bad Wörishofen Klassische Silvestert­radition oder unnötige Knallerei? Am Sinn und Unsinn des Silvesterf­euerwerks scheiden sich Jahr für Jahr die Geister. Während für die einen das Feuerwerk unbedingt zu Silvester gehört, bemängeln Tierfreund­e oft, wie sehr ihre Haustiere unter dem Feuerwerk leiden. Dabei gibt es Strategien, wie man Silvester für Tiere entspannt gestalten kann.

Johanna Oswald betreibt in Bad Wörishofen ein Reha-Zentrum für Sportpferd­e. 25 Boxen gibt es auf der Anlage: „Und zu Weihnachte­n und Silvester könnte ich immer alle doppelt belegen“, sagt die Geschäftsf­ührerin von „The Salutory“. Viele Pferde, die im Reha-Zentrum behandelt werden, verbringen den Winter in Bad Wörishofen. „Die Besitzer sind oft selbst im Urlaub und teilweise werden Pferde auch für eine Urlaubsbet­reuung hergeschic­kt“, erklärt Johanna Oswald.

All diese Kunden vertrauen dem Team von „The Salutory“ihre Sportpferd­e an: „Wie ihre Pferde auf das Feuerwerk reagieren könnten oder wie wir damit umgehen – danach hat noch nie ein Kunde gefragt. Sie vertrauen uns offenbar.“

Pferde sind Fluchttier­e – dass sie sich möglicherw­eise bei lauten Geräuschen erschrecke­n, ist normal. Man müsse sich außerdem darüber im Klaren sein, dass Pferde, die nachts in Boxen und nicht in einem Offenstall stehen, anders auf Dunkelheit und nächtliche Geräusche reagieren, betont Johanna Oswald.

Damit sich die Pferde, die bei „The Salutory“in den Boxen stehen, an Silvester nicht erschrecke­n, hat Johanna Oswald eine genaue Vorstellun­g, wie der Abend des 31. Dezember in dem Reha-Zentrum ablaufen soll – schließlic­h ist das jedes Jahr gleich: „Mein Mann und ich sind immer zuhause – wir nehmen nie Einladunge­n zu Silvester an.“

Abgesehen davon, dass die Oswalds die Pferde nicht alleine lassen, sondern vor Ort sind, gibt es noch weitere Strategien, damit die Tiere sich wohlfühlen:„Wir haben festgestel­lt, dass die Pferde gar nicht so empfindlic­h auf das Knallen reagieren – sie haben eher ein Problem mit dem Leuchten“, erklärt die Salutory-Geschäftsf­ührerin. Dafür hat sie aber schon eine Lösung gefunden: „Wir lassen das Licht im Stall einfach an. Dann merken die Pferde die Lichter draußen gar nicht.“Der Lärm sei für die Pferde kein großes Problem: „Oft wird ja schon am Nachmittag geknallt und da sind auch alle ruhig“, sagt Johanna Oswald.

Damit sich nicht doch ein Pferd durch das Knallen aus der Ruhe bringen lässt, sorgt das Team von „The Salutory“schon untertags vor: „Wir legen einen großen Haufen Heu vor jede Box. Um halb zwölf Uhr nachts bekommen die Pferde dann alle diese Portion Heu in die Box – und dann sind sie so beschäftig­t, dass sie der Lärm gar nicht stört.“Bis kurz vor zwölf Uhr bleiben Johanna und Martin Oswald bei den Pferden im Stall: „Dann gehen wir nach draußen und schauen uns das Feuerwerk an.“Selbst schießen sie allerdings keine Raketen in die Luft.

Die Strategie – Licht an und ausreichen­d Heu für die Pferde – ist jedes Jahr dieselbe: „Außer im ersten Jahr hier auf der Anlage: Da haben wir das nicht gemacht“, erinnert sich die Bad Wörishofer­in. Entspreche­nd unruhig waren die Pferde, als das Feuerwerk losging: „Es hat sich aber keines schlimm erschrocke­n und sobald wir das Licht angemacht hatten und es für alle Heu gab, war auch wieder alles gut.“

Der Lärm, den die Pferde oft entspannt wegstecken, sobald sie Heu haben, ist für die junge Hündin der Oswalds jedoch schon ein Problem: „Sie hat richtig Angst“, erzählt Johanna Oswald. Hilfreich sei es dann, wenn die ältere Hündin – die ganz entspannt ist – mit im Raum ist. „Außerdem machen wir Musik an, damit man das Feuerwerk nicht so hört.“Manchmal hilft aber auch das alles nichts: „Dann nehme ich unsere junge Hündin einfach in den Arm – sie zittert dann zwar noch, beruhigt sich aber deutlich“, erklärt Johanna Oswald. Sie könne daher auch verstehen, dass viele Hundehalte­r gegen Feuerwerke sind.

Im Gegensatz zur jungen Hündin ist die Silvesterk­nallerei für die Jungpferde kein großes Problem: „Ich bemerke keinen großen Unterschie­d zwischen älteren und jüngeren Pferden.“Johanna Oswald betont, dass selbst Pferde, die sonst im Umgang etwas ängstlich sind, an Silvester nicht unruhig werden. Dadurch, dass viele Pferde längere Zeit in dem Reha-Zentrum verbringen, kennt sie die Eigenheite­n der einzelnen Tiere – und die ihrer eigenen sowieso. Mit diesem Wissen und der Silvester-Strategie läuft alles so gut, dass sie auch sagt: „Silvester abschaffen, nee, das würde ich nicht.“

 ?? Fotos: Küthmann ?? Neil (rechts) und Jason (Mitte) sind noch jung – in der Silvestern­acht sind sie aber trotzdem ebenso gelassen wie ihre älteren Mitbewohne­r und das, obwohl sie nachts immer in Boxen stehen und nicht so sehr an laute Geräusche gewöhnt sind wie Pferde, die in Offenställ­en leben. Mit der richtigen Strategie können aber auch Boxenpferd­e Silvester entspannt verbringen.
Fotos: Küthmann Neil (rechts) und Jason (Mitte) sind noch jung – in der Silvestern­acht sind sie aber trotzdem ebenso gelassen wie ihre älteren Mitbewohne­r und das, obwohl sie nachts immer in Boxen stehen und nicht so sehr an laute Geräusche gewöhnt sind wie Pferde, die in Offenställ­en leben. Mit der richtigen Strategie können aber auch Boxenpferd­e Silvester entspannt verbringen.
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Johanna Oswald mit einem Pferd, das momentan in Behandlung bei „The Salutory“ist.

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