Es geht auch ohne Schmäh
Tatort: Wahre Lügen
Wiener Sonderermittler sind nicht von Haus aus zum Schmäh verpflichtet. Der ergibt sich halt. Dass es auch ohne geht, beweisen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in „Wahre Lügen“. Ihnen genügen zum einen bizarre Mordfälle, die ihnen im Filz einer „Der-Herr-Minister-wird’s-schonrichten“-Mentalität den Beruf schwer machen. Zum anderen plagt sich das Ermittlerduo mit sich selbst und streitet wie ein altes Ehepaar, das sich immer wieder aufs Neue versöhnt. Deshalb mögen wir auch den Grantler Eisner, der seiner Kollegin gesteht: „I bin Dei Partner und I brauch Di.“Bibi, die dem Alkohol abgeschworen hat, liebäugelt nicht nur mit dem Blick auf die Flasche, sondern beschützt auch noch Verdächtige in ihrer Wohnung. „Die Mutter Teresa der Halbwelt“, stöhnt dann der Eisner.
Dabei gibt ihnen die erschossene Journalistin Sylvie Wolter Rätsel auf, die im Wolfgangsee gefunden wurde. Zuletzt hatte die eine Geschichte über illegale Waffengeschäfte recherchiert. Dass der Zuschauer hier eins und eins zusammenzählt und die Rückendeckung eines Schiebers im Zwirn durch die Wiener Politik offenkundig wird, nimmt dem „Tatort“viel von der Spannung. Dass die verzweifelte Lebensgefährtin der Reporterin, Sybille Wildering (Emily Cox), angesichts der Waffen-Deals des Schiebers ihr eigenes Süppchen kocht, überrascht nicht wirklich.
Eher staunt man, dass die Wienerin Bibi angesichts des weltberühmten Wolfgangsees verblüfft feststellt, dass „es unglaublich schön sein muss, in der Gegend Urlaub zu machen“. Eisner nüchtern: „So a richtiges Krisengebiet ist St. Gilgen auch nicht.“Richtig: Hätte sonst der verstorbene Ex-Kanzler Helmut Kohl viele Jahre dort seine Sommerferien verbracht?
Als Piefke staunt man sowieso über den im Kontext thematisierten, auch nach Jahrzehnten nie restlos aufgeklärten „echten“Tod eines ehemaligen Verteidigungsministers. Ein historisches Verbrechen? Wenn ja, dann lässt es sich nicht mit einem Drehbuch lösen. Rupert Huber