Die Frage der Woche Im Home-Office arbeiten?
Das Home-Office ist meine Rettung. Ich kann es nicht anders sagen. Auch wenn mich der WLAN-Zugang ins Büro manchmal stresst, entspannt er mich im Endeffekt mehr, als er mich belastet. Denn egal ob um 7 Uhr oder 20 Uhr, wenn es sein muss auch am Samstag oder Sonntag, wann ich eben Zeit habe – ich könnte mich einloggen, noch etwas fertigstellen, noch einmal über einen Text drüberschauen oder kontrollieren, ob eine E-Mail endlich angekommen ist. Ich kann aber auch in aller Ruhe schreiben, ohne, dass das Telefon klingelt, eine Konferenz ansteht oder Themen besprochen werden müssen. Im Endeffekt schenkt mir das Home-Office Freiheit.
Und so geht es mit Sicherheit nicht nur mir, sondern vielen, die in Teilzeit arbeiten und damit das Gegen-die- Uhr-Anhetzen nur zur Genüge kennen, weil Kinder abgeholt werden müssen oder nach der Schule nach Hause kommen. Und wenn das Kind krank ist, ist es schlichtweg ein Segen, wenn man von zu Hause aus arbeiten kann, ohne dass man das genervte Stöhnen der Kollegen über diese Teilzeitmütter als begleitenden Grundsound des Tages in den Ohren hat. Seltsamerweise stellt man am Abend erstaunt fest, um wie viel effektiver es sich an solchen Tagen arbeiten lässt und Fiebermessen, Wadenwickel und Teekochen dennoch möglich sind. Deshalb gibt es keinen Grund, warum Pendler an manchen Tagen nicht auch von zu Hause aus arbeiten sollten. Klar verschwimmen da Lebensbereiche, Privates und Arbeit verzahnen sich. Aber ist das nicht auch bei Selbstständigen so? Und hat es nicht jeder selbst in der Hand, wo er die Trennlinie zieht? Steht nichts Dringendes an, würde ich nie auf die Idee kommen, abends noch E-Mails zu checken. Vereinbarte Arbeitszeit ist vereinbarte Arbeitszeit.
Vorsicht vor dem doch ach so Praktischen! Denn genau darin lauert die Falle der völligen Vereinnahmung und allzeitigen Verfügbarkeit. Wer ehrlich zu sich ist, kennt das Phänomen etwa vom Smartphone: das man auch auf einen Ausflug mal mitnimmt, nur für den Fall, dass man noch etwas nachschauen muss. Beim wirklich Notwendigen aber bleibt es dann doch – nie!
Es geht hier nicht um das Denkmodell der völligen Lebensbereichstrennung, hier Arbeit, also Work, und dort Leben, also Life, und dann quasi harmonisierendes Austarieren der Gegensätze, also Work-Life-Balance. Nein, die Bereiche berühren sich im wünschenswerten Fall einer auch erfüllenden Tätigkeit ja ohnehin, Interessen und Leidenschaften liefen hoffentlich in beidem. Es geht hier um eine andere, wirklich sehr notwendige Grenzziehung und um die Bewahrung einer bedrohten Kultur.
Es ist ja kein Zufall, dass es bei Freischaffenden längst schon den Trend gibt, sich in Bürogemeinschaften zusammenzutun oder in hippen Co-Working-Spaces einzumieten. Denn zum einen sorgt eine räumliche Veränderung zwischen Freiund Arbeitszeit für Bewegung und eine andere Farbe des Denkens. Zum anderen bringt das Zusammensein mit anderen im Büro Möglichkeiten des fruchtbaren und klärenden Austauschs – und weil die Menschen ja auch nicht alle immer die sind, die man sich persönlich aussuchen würde, hat das auch noch eine soziale, für die Gesellschaft wichtige Funktion der Begegnungen. Man achtet übrigens auch aufeinander: Siehst krank aus? Warst gestern wieder bis spät am Abend?… Und das alles gilt es, bei Angestellten im Zeitalter der Digitalisierung gegen alle Entgrenzungsund Flexibilisierungstendenzen zu verteidigen! Darum: klares Nein!