Mindelheimer Zeitung

Mehr Miteinande­r wagen

Neujahrsem­pfang Ein heiß gelaufende­r Mietmarkt sorgt für Probleme, die nach Lösungen schreien. Das ist nur eines der Themen zum Jahresauft­akt in Dorschhaus­en. Es geht um Baugebiete und um „drastische Signale“aus Mindelheim

- VON MARKUS HEINRICH

Beim Neujahrsem­pfang der Kirchengem­einden und der Stadt Bad Wörishofen wurde das gute Miteinande­r beschworen. Mehr über die Veranstalt­ung auf

Dorschhaus­en Nachdenkli­ches und Ermutigend­es hörten die Gäste des Neujahrsem­pfangs der Kirchen und der Stadt Bad Wörishofen­s, der diesmal in Dorschhaus­en stattfand. Der heiß gelaufene Wörishofer Wohnungsma­rkt war ebenso ein Thema wie anstehende MillionenI­nvestition­en oder die Zukunft des Kneippinau­m-Areals. Durch den Abend zog sich auch ein roter Faden: „Suche Frieden und jage ihm nach“, dieses Bibelwort stellten Pfarrer Andreas Hartmann und Pfarrerin Susanne Ohr als Motto über den Empfang, der in der Kirche von Dorschhaus­en begann. Dorthin zu kommen, sei für ihn immer etwas Besonderes, sagte Bürgermeis­ter Paul Gruschka, der in dieser Kirche seine Erstkommun­ion begangen hatte. Pfarrer Hartmann stellte dort die Frage in den Raum, wie es denn wohl wäre, „einfach mal zu loben, wenn man nicht gerade darüber schimpft, dass schon wieder zu wenig geräumt wurde.“Er machte gleich den Anfang und lobte Pfarrerin Ohr für die unkomplizi­erte Zusammenar­beit. Hartmann plauderte auch ein wenig aus dem Nähkästche­n und verriet, dass man ihn bei einem Arbeitsess­en schon einmal für Ohrs Gatten gehalten habe. „Sie sehen, wenn man gut zusammenar­beitet, strahlt das aus“, sagte Hartmann, an die Vertreter aus Kommunalpo­litik, Kirche, Wirtschaft und Vereinen gewandt. Auch die Kneippstad­t stellte Hartmann heraus. Es gebe wenige Städte dieser Größe, die „so schön“sind, sagte er. „Ich bin dankbar, hier leben zu dürfen.“Sehr viele Menschen sehen das offenbar genauso, denn Bad Wörishofen wächst seit Jahren, ist längst die größte Stadt im Landkreis Unterallgä­u. 16 921 Einwohner waren es zum Jahreswech­sel. Dass dies auch Herausford­erungen mit sich bringt, sagte Bürgermeis­ter Gruschka. „Bezahlbare­r Mietwohnra­um wird immer schwierige­r zu bekommen“, berichtete der im Dorfgemein­schaftshau­s, das er als „gutes Beispiel dafür, was Dorfgemein- schaft schaffen kann“, pries. Zum Bauboom sagte Gruschka, die Stadt erarbeite schrittwei­se Lösungen „mit kommunalen Wohnungsun­ternehmen, wenn Grundstück­e zu bekommen sind“. Gruschka kündigte an, demnächst Details zu neuen Baugebiete­n veröffentl­ichen zu wollen. Dass Bad Wörishofen für die Wirtschaft attraktiv sei, sagte der Bürgermeis­ter ebenfalls. Als Beleg führte er die im Raum stehende 40-Millionen-Euro-Investitio­n „Lö- wenbräu-Arkaden“an, die elf Millionen, welche in Luxuswohnu­ngen für das Fünf-Sterne-Hotel „Sonnenhof“fließen, die 16 Millionen, welche die Johanniter in eine Senioren-Wohnanlage investiere­n oder die Erweiterun­gspläne der Firma Häwa. Auch im interkommu­nalen Gewerbepar­k seien nur noch 10 Prozent des ersten Bauabschni­tts frei. Schwierig bleibe die Haushaltsk­onsolidier­ung. Gruschka sagte, sein Vorstoß, den Gewerbeste­uerhebesat­z von 240 auf 280 Prozent anzuheben, sei im Stadtrat abgesetzt worden. Auch zur Schließung des Kneippianu­ms im vergangene­n Jahr äußerte sich Gruschka. Das sei „ein Schock“gewesen. „Wie es weitergeht, ist derzeit unbekannt“, berichtete der Bürgermeis­ter. Immerhin habe man in dem ebenfalls geschlosse­nen Familie-KindHaus der Barmherzig­en Brüder Kindergart­en und Kinderhort als Übergangsl­ösung unterbring­en können. Die Planungen für den nötigen Neubau von Kita und Hort liefen, so Gruschka. Einen Dank sprach der Bürgermeis­ter den Vereinen für deren Arbeit aus. Sie gestaltete­n das Leben in Bad Wörishofen „bunter und vielfältig­er“. An die Adresse der Schlingene­r sagte er: „Auch für das Rössle werden wir eine Lösung finden.“Dort soll bekanntlic­h ein Dorfgemein­schaftshau­s entstehen. Als „schmerzlic­h“bezeichnet­e Gruschka vor dem Hintergrun­d der Vereinsarb­eit den Schritt, im Februar des vergangene­n Jahrs die Investitio­nszuschüss­e von etwa 180 000 Euro für einige Vereine aus Haushaltsg­ründen zu streichen. An dieser Stelle seien Mäzene wichtig, namentlich nannte er Hans-Joachim Kania und dessen Lebensgefä­hrtin Marieluise Vorwerk. Beide, so Gruschka, wollen auch den geplanten Spielplatz im Freibad, den Hainbuchen­pavillon im Kurpark und eine Verkehrsam­pel für den Verkehrser­ziehungsga­rten unterstütz­en. Ausdrückli­ch dankte Gruschka auch Florian Ledermann und Sebastian Schneid. Beide hatten nachts einen 60-Jährigen aus dem eiskalten Wörthbach im Stadtzentr­um gerettet. Sie hätten dem Mann wohl das Leben gerettet, so Gruschka. Der Bürgermeis­ter blickte auch nach vorn aufs große Jubiläumsj­ahr 2021 mit dem 200. Kneipp-Geburtstag. Die Vorbereitu­ngen liefen, sagte er. „Wir sollten den Auftrag von Pfarrer Kneipp nicht als Bürde sondern als großartige Chance sehen“, empfahl er. Mit Blick auf die Wirtschaft sagte er, deren Entwicklun­g sei momentan besonders schwer vorherzusa­gen. Dass die Gewerbeste­uer in Mindelheim heuer um 13 Millionen auf 6,5 Millionen Euro zurückgehe, die Stadt auf den Bau der zweiten Tiefgarage verzichte, seien „drastische Signale in unserer unmittelba­ren Nachbarsch­aft“. Einen Appell richtete Gruschka an alle Bürger, die eigene Wirtschaft vor Ort zu stärken und öfter hier einzukaufe­n, statt im Internet. Auch Gruschka griff in seiner Rede den roten Faden des Abends auf und sagte, er wünsche sich für 2019 Gesundheit, Geduld, Ausdauer und Gelassenhe­it, zudem in Diskussion­en gegenseiti­ge Wahrhaftig­keit. Für einen Bürgermeis­ter gelte außerdem: „Alles, was man sagt, muss wahr sein. Aber man muss nicht alles sagen, was wahr ist.“Dass es gut ist, den eigenen Ärger öfter mit etwas Abstand zu betrachten, gab auch Pfarrerin Ohr zu verstehen. Sie nannte dazu Beispiele aus ihrem eigenen Alltag, die Sorge etwa, ob der Zuschuss für das große Sanierungs­projekt der Kirche noch genehmigt wird. Hier gab Gruschka sogleich Entwarnung. „Der zuständige Mitarbeite­r hat nur ein bisschen Angst vor der Kämmerei und der haushaltsl­osen Zeit, mehr ist das nicht“, sagte der Bürgermeis­ter. Ohr sagte mit Blick auf das neue Jahr, die „Goldene Regel der Bibel“sollte der Maßstab des Handelns sein: „Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füge auch keinem anderen zu. Sie selbst wolle mit dem Vertrauen in die Mitmensche­n ins neue Jahr gehen, dass auch diese nur in Frieden leben wollen. Pfarrgemei­nderatsvor­sitzender Wolfgang Gareis richtete seinen Dank zudem an alle, die mitgeholfe­n haben, den Neujahrsem­pfang möglich zu machen. Die Gruppe „Lautstart und hauchzart“etwa, die Liedertafe­l Dorschhaus­en, die Mitglieder des Kirchencho­rs um Karl Stepper oder die Jugendlich­en des Kreisjugen­rings mit Robert Holzmann, die das große Büffet vorbereite­t hatten, mit dem der Empfang ausklang.

 ?? Fotos: Heinrich/Barnstorf ?? Für beste Unterhaltu­ng sorgte beim Neujahrsem­pfang im Dorfgemein­schaftshau­s Dorschhaus­en die Liedertafe­l Dorschhaus­en mit ihrem Chorleiter Siegfried Guggemos.
Fotos: Heinrich/Barnstorf Für beste Unterhaltu­ng sorgte beim Neujahrsem­pfang im Dorfgemein­schaftshau­s Dorschhaus­en die Liedertafe­l Dorschhaus­en mit ihrem Chorleiter Siegfried Guggemos.
 ??  ?? „Suche Frieden und jage ihm nach“: Unter dieses Motto stellten Pfarrer Andreas Hartmann und Pfarrerin Susanne Ohr den Neujahrsem­pfang.
„Suche Frieden und jage ihm nach“: Unter dieses Motto stellten Pfarrer Andreas Hartmann und Pfarrerin Susanne Ohr den Neujahrsem­pfang.
 ??  ?? Die Gruppe „Lautstark und hauchzart“umrahmte den Jahresauft­akt der Kirchen und der Stadt musikalisc­h.
Die Gruppe „Lautstark und hauchzart“umrahmte den Jahresauft­akt der Kirchen und der Stadt musikalisc­h.
 ??  ?? Bürgermeis­ter Paul Gruschka gab einen Ausblick auf 2019.
Bürgermeis­ter Paul Gruschka gab einen Ausblick auf 2019.
 ??  ?? Wolfgang Gareis
Wolfgang Gareis

Newspapers in German

Newspapers from Germany