Mehr Miteinander wagen
Neujahrsempfang Ein heiß gelaufender Mietmarkt sorgt für Probleme, die nach Lösungen schreien. Das ist nur eines der Themen zum Jahresauftakt in Dorschhausen. Es geht um Baugebiete und um „drastische Signale“aus Mindelheim
Beim Neujahrsempfang der Kirchengemeinden und der Stadt Bad Wörishofen wurde das gute Miteinander beschworen. Mehr über die Veranstaltung auf
Dorschhausen Nachdenkliches und Ermutigendes hörten die Gäste des Neujahrsempfangs der Kirchen und der Stadt Bad Wörishofens, der diesmal in Dorschhausen stattfand. Der heiß gelaufene Wörishofer Wohnungsmarkt war ebenso ein Thema wie anstehende MillionenInvestitionen oder die Zukunft des Kneippinaum-Areals. Durch den Abend zog sich auch ein roter Faden: „Suche Frieden und jage ihm nach“, dieses Bibelwort stellten Pfarrer Andreas Hartmann und Pfarrerin Susanne Ohr als Motto über den Empfang, der in der Kirche von Dorschhausen begann. Dorthin zu kommen, sei für ihn immer etwas Besonderes, sagte Bürgermeister Paul Gruschka, der in dieser Kirche seine Erstkommunion begangen hatte. Pfarrer Hartmann stellte dort die Frage in den Raum, wie es denn wohl wäre, „einfach mal zu loben, wenn man nicht gerade darüber schimpft, dass schon wieder zu wenig geräumt wurde.“Er machte gleich den Anfang und lobte Pfarrerin Ohr für die unkomplizierte Zusammenarbeit. Hartmann plauderte auch ein wenig aus dem Nähkästchen und verriet, dass man ihn bei einem Arbeitsessen schon einmal für Ohrs Gatten gehalten habe. „Sie sehen, wenn man gut zusammenarbeitet, strahlt das aus“, sagte Hartmann, an die Vertreter aus Kommunalpolitik, Kirche, Wirtschaft und Vereinen gewandt. Auch die Kneippstadt stellte Hartmann heraus. Es gebe wenige Städte dieser Größe, die „so schön“sind, sagte er. „Ich bin dankbar, hier leben zu dürfen.“Sehr viele Menschen sehen das offenbar genauso, denn Bad Wörishofen wächst seit Jahren, ist längst die größte Stadt im Landkreis Unterallgäu. 16 921 Einwohner waren es zum Jahreswechsel. Dass dies auch Herausforderungen mit sich bringt, sagte Bürgermeister Gruschka. „Bezahlbarer Mietwohnraum wird immer schwieriger zu bekommen“, berichtete der im Dorfgemeinschaftshaus, das er als „gutes Beispiel dafür, was Dorfgemein- schaft schaffen kann“, pries. Zum Bauboom sagte Gruschka, die Stadt erarbeite schrittweise Lösungen „mit kommunalen Wohnungsunternehmen, wenn Grundstücke zu bekommen sind“. Gruschka kündigte an, demnächst Details zu neuen Baugebieten veröffentlichen zu wollen. Dass Bad Wörishofen für die Wirtschaft attraktiv sei, sagte der Bürgermeister ebenfalls. Als Beleg führte er die im Raum stehende 40-Millionen-Euro-Investition „Lö- wenbräu-Arkaden“an, die elf Millionen, welche in Luxuswohnungen für das Fünf-Sterne-Hotel „Sonnenhof“fließen, die 16 Millionen, welche die Johanniter in eine Senioren-Wohnanlage investieren oder die Erweiterungspläne der Firma Häwa. Auch im interkommunalen Gewerbepark seien nur noch 10 Prozent des ersten Bauabschnitts frei. Schwierig bleibe die Haushaltskonsolidierung. Gruschka sagte, sein Vorstoß, den Gewerbesteuerhebesatz von 240 auf 280 Prozent anzuheben, sei im Stadtrat abgesetzt worden. Auch zur Schließung des Kneippianums im vergangenen Jahr äußerte sich Gruschka. Das sei „ein Schock“gewesen. „Wie es weitergeht, ist derzeit unbekannt“, berichtete der Bürgermeister. Immerhin habe man in dem ebenfalls geschlossenen Familie-KindHaus der Barmherzigen Brüder Kindergarten und Kinderhort als Übergangslösung unterbringen können. Die Planungen für den nötigen Neubau von Kita und Hort liefen, so Gruschka. Einen Dank sprach der Bürgermeister den Vereinen für deren Arbeit aus. Sie gestalteten das Leben in Bad Wörishofen „bunter und vielfältiger“. An die Adresse der Schlingener sagte er: „Auch für das Rössle werden wir eine Lösung finden.“Dort soll bekanntlich ein Dorfgemeinschaftshaus entstehen. Als „schmerzlich“bezeichnete Gruschka vor dem Hintergrund der Vereinsarbeit den Schritt, im Februar des vergangenen Jahrs die Investitionszuschüsse von etwa 180 000 Euro für einige Vereine aus Haushaltsgründen zu streichen. An dieser Stelle seien Mäzene wichtig, namentlich nannte er Hans-Joachim Kania und dessen Lebensgefährtin Marieluise Vorwerk. Beide, so Gruschka, wollen auch den geplanten Spielplatz im Freibad, den Hainbuchenpavillon im Kurpark und eine Verkehrsampel für den Verkehrserziehungsgarten unterstützen. Ausdrücklich dankte Gruschka auch Florian Ledermann und Sebastian Schneid. Beide hatten nachts einen 60-Jährigen aus dem eiskalten Wörthbach im Stadtzentrum gerettet. Sie hätten dem Mann wohl das Leben gerettet, so Gruschka. Der Bürgermeister blickte auch nach vorn aufs große Jubiläumsjahr 2021 mit dem 200. Kneipp-Geburtstag. Die Vorbereitungen liefen, sagte er. „Wir sollten den Auftrag von Pfarrer Kneipp nicht als Bürde sondern als großartige Chance sehen“, empfahl er. Mit Blick auf die Wirtschaft sagte er, deren Entwicklung sei momentan besonders schwer vorherzusagen. Dass die Gewerbesteuer in Mindelheim heuer um 13 Millionen auf 6,5 Millionen Euro zurückgehe, die Stadt auf den Bau der zweiten Tiefgarage verzichte, seien „drastische Signale in unserer unmittelbaren Nachbarschaft“. Einen Appell richtete Gruschka an alle Bürger, die eigene Wirtschaft vor Ort zu stärken und öfter hier einzukaufen, statt im Internet. Auch Gruschka griff in seiner Rede den roten Faden des Abends auf und sagte, er wünsche sich für 2019 Gesundheit, Geduld, Ausdauer und Gelassenheit, zudem in Diskussionen gegenseitige Wahrhaftigkeit. Für einen Bürgermeister gelte außerdem: „Alles, was man sagt, muss wahr sein. Aber man muss nicht alles sagen, was wahr ist.“Dass es gut ist, den eigenen Ärger öfter mit etwas Abstand zu betrachten, gab auch Pfarrerin Ohr zu verstehen. Sie nannte dazu Beispiele aus ihrem eigenen Alltag, die Sorge etwa, ob der Zuschuss für das große Sanierungsprojekt der Kirche noch genehmigt wird. Hier gab Gruschka sogleich Entwarnung. „Der zuständige Mitarbeiter hat nur ein bisschen Angst vor der Kämmerei und der haushaltslosen Zeit, mehr ist das nicht“, sagte der Bürgermeister. Ohr sagte mit Blick auf das neue Jahr, die „Goldene Regel der Bibel“sollte der Maßstab des Handelns sein: „Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füge auch keinem anderen zu. Sie selbst wolle mit dem Vertrauen in die Mitmenschen ins neue Jahr gehen, dass auch diese nur in Frieden leben wollen. Pfarrgemeinderatsvorsitzender Wolfgang Gareis richtete seinen Dank zudem an alle, die mitgeholfen haben, den Neujahrsempfang möglich zu machen. Die Gruppe „Lautstart und hauchzart“etwa, die Liedertafel Dorschhausen, die Mitglieder des Kirchenchors um Karl Stepper oder die Jugendlichen des Kreisjugenrings mit Robert Holzmann, die das große Büffet vorbereitet hatten, mit dem der Empfang ausklang.