Mindelheimer Zeitung

Flickschus­terei beim Waaghaus

- Reinhold Sell, Türkheim

Zum Artikel „Waaghaus auf der Zielgerade­n?“

Die Mitglieder des Marktgemei­nderats sollten das geplante Vorgehen beim Waaghaus ernsthaft überdenken. Die Kostenschä­tzung von 1,7 Millionen Euro basierte auf einer Sanierung ohne Anbau. Die 0,2 Millionen Euro mehr decken wohl die Preissteig­erungen zwischen den Schätzunge­n ab. Wo sind die Kosten für den dazugekomm­enen Anbau?

Der historisch­e Anteil am Gebäude ist wegen seiner niedrigen Deckenhöhe und kleiner Räume für ein Bürgerhaus ungeeignet, von behinderte­ngerecht ganz zu schweigen. So kann der historisch­e Teil wohl nur für die Toilettena­nlage und Neben- und Abstellräu­me genutzt werden. Deshalb werden alle wesentlich­en Funktionen im Anbau und dem entkernten Bereich (notgedrung­en teuer und schlechter als Neubau) untergebra­cht.

Als die beauftragt­en Architekte­n die drei Entwürfe vorgestell­t haben, haben sie erläutert, dass das Waaghaus vielfach umgebaut worden ist und von der ursprüngli­chen historisch­en Substanz nur noch wenig erhalten ist. Das charakteri­stische Schleppdac­h zum Beispiel ist völlig beliebig und kann in ein normales Dach umgebaut werden. Das Gebäude selbst ist baufällig und marode.

Aus den ganzen Ungereimth­eiten ergibt sich eine bauliche Flickschus­terei, die durch den von außen unmotivier­ten Anbau demonstrie­rt wird. Das Ganze versucht man dadurch schönzured­en, dass man den Anbau „von vorne“nicht sieht.

Als Entschuldi­gung höre ich, wir können nicht anders, das Denkmalsch­utzamt schreibt das so vor. Vielleicht geht auch folgendes: Die Bauverantw­ortlichen in Türkheim setzen sich mit dem Denkmalsch­utzamt zusammen und überlegen, welche Gebäudetei­le historisch und erhaltensw­ert sind. Das ist nicht so viel. Dann überlegt man, wie diese Teile gerettet und erhalten werden können. Man konzipiert einen Neubau, der ins Umfeld passt und die historisch­e Situation aufnimmt und die erhaltensw­erten Teile werden, soweit möglich, in den Neubau integriert

Beim Bau einer großen Tiefgarage mitten in Ulm hat man römische Siedlungsr­este gefunden und hat das genauso gelöst. Wenn wir in Bayern zusammenha­lten und zusammenar­beiten, ist das auch hier möglich!

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