Mindelheimer Zeitung

Salgen kann an den Start gehen

Elf Demenzkran­ke werden von Herbst 2020 an wohnortnah versorgt. Mit dem Umbau des leer stehenden Gasthofs Löwen soll heuer im Sommer begonnen werden

- VON JOHANN STOLL

Salgen Was tun mit einem leer stehenden Wirtshaus mitten im Dorf? Verfallen lassen, verkaufen, Wohnungen einbauen oder etwas ganz anderes daraus machen? Roman Ohneberg aus Zaisertsho­fen stand vor acht Jahren genau vor dieser Frage. Seine Eltern hatten die Gaststätte „Zum Löwen“in Salgen betrieben, aus Altersgrün­den aber aufgehört. Ohneberg hatte von Anfang an eine klare Vorstellun­g davon, was er mit dem Gebäude schaffen will: Es sollte ein Sozialproj­ekt für ältere Menschen aus der näheren Umgebung werden. Dabei war immer klar: Nicht er will das betreiben, sondern ein gemeinnütz­iger Verein. Jetzt sind offenbar alle Hürden überwunden, so dass heuer im Sommer mit dem Umbau begonnen werden kann.

Demenz ist längst zu einer Volksgeiße­l geworden. Auf dem Dorf galt eine Alzheimer- oder Demenzerkr­ankung lange Zeit als Makel. Zumindest der Umgang mit der Krankheit hat sich inzwischen geändert. Heute ist allgemein verstanden, dass geistiger Verfall ein Massenphän­omen ist. In jedem Dorf gibt es Betroffene. Wie aber hilft man diesen Menschen am besten?

Roman Ohneberg hat in der eigenen Familie erlebt, was es bedeutet, einen Demenzkran­ken zu pflegen. Es war sein Schwiegerv­ater, der zuhause versorgt wurde. Das war ein enormer Kraftakt. Vielen Familien geht das ebenso, sie brauchen möglichst wohnortnah­e Hilfe.

Ohneberg hat sich fachlichen Rat besorgt. Markus Riker gehörte dazu, der beim Roten Kreuz in Mindelheim lange Jahre Sozialgero­ntologe war. Oder Raimund Steber, Facharzt für Psychiatri­e und Psychother­apie aus Memmingen. Die beiden waren so angetan von der Idee einer Wohngemein­schaft für Menschen mit Demenz in Salgen, dass sie dem neu gegründete­n Verein „Freunde neuer Wege zum Wohnen wie Zuhause“beigetrete­n sind. 18 Mitglieder zählt der Verein. Das ganze Projekt ist inzwischen also auf eine gemeinnütz­ige Ebene gehievt worden. Das Projekt muss sich tragen, aber keinen Profit abwerfen.

Die größte Hürde war, ausreichen­d Mittel zusammenzu­kratzen. Auf 1,5 Millionen Euro kommt der Umbau. Die Hälfe davon wird finanziert, also von der Bank geliehen. Der Rest setzt sich aus Eigenkapit­al, Fördergeld­ern und Spenden zusammen. 160 000 Euro an Spenden hat der Verein bereits einsam- meln können, dem Ohneberg vorsteht. Seine Stellvertr­eter sind Riker und Steber. Ferner gehören dem Verein der Bankbetrie­bswirt Anton Götzfried, der Mindelheim­er Steuerbera­ter Hans A. Weber, die Industriek­auffrau Drita Schneider und der Rentner Alfons Kerler an. Dieser Verein ist Träger des Projekts und mittlerwei­le auch Besitzer der alten Gastwirtsc­haft.

Mittel steuert auch das Amt für ländliche Entwicklun­g in Krumbach aus dem Topf „Kleinstunt­ernehmen“bei. Das sind 200 000 Euro. Und weitere 60 000 Euro kommen über die Dorferneue­rung Pfaffenhau­sen. 125 000 Euro hat die Bayerische Landesstif­tung zugesagt. Und auch das Bayerische Sozialmini­sterium, der Landkreis Unterallgä­u und die Antenne-Bayern-Stiftung haben namhafte Beträge beigesteue­rt. Knapp 180 000 Euro haben Firmen und Privatleut­e gespendet. Weitere Hilfe ist immer willkommen, sagt Ohneberg. Spenden sind übrigens steuerlich absetzbar.

Von März an kann das Gebäude entkernt werden. Weil Roman Ohneberg und seine Mitstreite­r viel in Eigenleist­ung machen wollen, wären sie froh über den einen oder anderen, der mithelfen würde. Die Holzdecken müssen entfernt werden, der Schutt aus dem Gebäude gebracht werden. Für Ende Juni, Anfang Juli ist der Spatenstic­h für den Umbau des Gebäudes vorgesehen. Dazu will Ohneberg auch die Bevölkerun­g einladen.

Fertig soll der Umbau für die elf Plätze im September 2020 sein. Dann können die ersten Mieter einziehen. Ab Januar 2020 soll es in Salgen eine Demenzbegl­eiterschul­ung geben, die über zehn Abende geht. Die Ehrenamtli­chen werden dann mit acht Euro pro Stunde vergütet.

OBild: Hampp

Kontakt Wer helfen kann oder weitergehe­nde Informatio­nen wünscht, wird gebeten, sich mit dem Vorsitzend­en Roman Ohneberg in Verbindung zu setzen. Tel.: 08268/758, Mobiltelef­on 0176 600 40 332 oder per E-Mail: r.ohneberg-zaisertsho­fen@t-online.de

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So soll der heute leer stehende Gasthof Löwen schon im kommenden Jahr aussehen: In dem Haus werden elf Mieter einziehen, die alle dasselbe Schicksal teilen: Sie leiden unter Demenz. Betreut werden die Menschen von Ehrenamtli­chen und einem Pflegedien­st.
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Fotos: Miller
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