Das „Rössle“im Fokus
Die Schlingener hätten gern ein Dorfgemeinschaftshaus – und beweisen Ausdauer. Marion Böhmer-Kistler nennt Verzögerungen „fast beschämend“
Schlingen Die Schlingener wünschen sich ein Dorfgemeinschaftshaus – und zwar schon ganz schön lange. Die CSU drängte nun im Stadtrat darauf, dass es vorwärts geht. Dabei geriet Bürgermeister
Paul Gruschka (FW) mit seinem Stellvertreter Stefan Welzel aneinander, der auch Vorsitzender der CSU-Fraktion ist.
Das Vorhaben Dorfgemeinschaftshaus geht seit Jahren schrittweise voran, was nicht zuletzt im Kauf des ehemaligen Gasthofes
„Goldenes Rössle“durch die Stadt Bad Wörishofen mündete. Doch die Schlingener brauchten bislang einen langen Atem. Drei amtierende Bürgermeister hätten sich über die Jahre mit dem Thema befasst, erinnerte
Wolfgang Tröber am Montagabend im Stadtrat. Tröber, der Vorsitzende des Musikvereins Schlingen, stellte dort die Ergebnisse eines Arbeitstreffens in Schlingen mit etwa 70 Teilnehmern vor – und zwei neue Planvarianten für das Gebäude. Das Arbeitstreffen liegt nun auch schon wieder ein Jahr zurück. Anträge von CSU und Grünen haben das Rössle nun wieder auf die Tagesordnung gebracht.
Die Förderbedingungen seien derzeit besser als jemals vorher, berichtete Christoph Graf vom Amt für Ländliche Entwicklung den Ratsmitgliedern. Graf ist auch Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft der Dorferneuerung Schlingen, deren letztes großen Projekt eben dieses Dorfgemeinschaftshaus ist. In die Dorferneuerung Schlingen sind laut Graf bislang etwa 1,8 Millionen Euro geflossen, etwa eine Million davon hat die Stadt gezahlt.
Graf rechnete vor, dass die Stadt in Sachen Rössle nun mit mehr als 200000 Euro an Fördermitteln rechnen könnte, sogar die Planungskosten würden mittlerweile mit 57 Prozent gefördert. Zum Beginn der Dorferneuerung im Jahr 2005 habe man noch mit etwa 60 000 Euro gerechnet, erinnert Graf. Zwischenzeitlich hat der Staat aber die Fördergelder für die dörfliche Entwicklung immer weiter aufgestockt.
Die Schlingener selbst stehen in den Startlöchern. Wolfgang Tröber schilderte, wie viele Ideen bereits für eine Nutzung vorlägen. Das reicht vom Kindergarten im Erdgeschoß über einen Jugendraum und
Vereinsveranstaltungen bis zur seit Langem gewünschten Nutzung durch Musikverein und Schützenverein. Letzterer betreibt seine Anlage bereits in dem Gebäude.
Die Favoriten aus dem Arbeitstreffen nannte Tröber dann auch: Einen Proberaum, einen Schießstand mit Umkleide, einen Kopierraum samt Notenlager und ein Lager für Vereinsfahnen wünschen sich die Vereine. Als Allgemeinbedarf genannt wurden Küche, Stube, Saal, ein Kühlraum, ein Jugendraum und möglicherweise eine Bäckerei.
Die Schlingener wollen viel Eigenleistung einbringen, wie Tröber in einer Grafik zeigte.
Zwischenzeitlich hatte das Bauamt der Stadt schon einen Planentwurf gefertigt, der in Schlingen auf Gegenliebe stieß, am Ende aber zu teuer gekommen wäre. Nun stellte Tröber zwei eigene Entwürfe vor, die befreundete Planer angefertigt haben. Es gibt ein Konzept für einen Neubau und ein zweites Konzept für eine Sanierung. „Wir wollen im Rahmen der Möglichkeiten bleiben“, sagte Tröber. „Es geht uns nicht darum, etwas Sauteures zu bauen.“
Finanziert werden soll das Gebäude mit Hilfe von Spenden, Eigenleistungen, Zuschüssen der Verbände, Fördergeldern des Amts für Ländliche Entwicklung, Gelder der Stadt Bad Wörishofen und als weitere Möglichkeit durch die Nutzung der Dachflächen für Stromgewin- nung mit Solaranlagen. Zum Betrieb des Dorfgemeinschaftshauses wäre die Gründung eines gemeinnützigen Vereines die beste Lösung, findet man in Schlingen.
Tröber regte an, im Jahr 2019 die Planung zu machen und das Gebäude dann 2020 bis 2021 oder ein Jahr später zu realisieren. „Uns wäre aber wichtig, dass die Planungskosten heuer in den Haushalt aufgenommen werden“, sagte Tröber. „Ohne Plan kommen wir jetzt nicht mehr weiter.“
Dass Bürgermeister Gruschka vorgesehen hatte, die Diskussion ohne Beschluss zu beenden, kritisierte deshalb Stefan Welzel. „Mir leuchtet das nicht ein“, sagte er. „Seit dem Treffen in Schlingen hat sich ein Jahr lang fast nichts getan.“Welzel beantragte deshalb, dass Beschlüsse gefasst werden und formulierte diese gleich selbst.
Warum er ihm das nicht schon nach der Einladung zur Sitzung gesagt habe, wollte daraufhin Gruschka wissen. Man habe es nun „schon wieder mit überraschenden Beschlüssen“zu tun, kritisierte der Bürgermeister.
Das brachte wiederum Welzel auf. Er warf Gruschka eine „Verdrehung der Tatsachen“vor. Er, so Welzel, habe nun zum ersten Mal gehört, dass keine Beschlüsse gefasst werden sollen. „Die Leute hier wollen aber eine Antwort“, sagte Welzel mit Blick auf die dicht besetzten Zuhörerplätze. Um die 70 Besucher wollten hören, wie es weitergeht. Auch Grünen-Fraktionssprecherin Doris Hofer äußerte ihr Unverständnis darüber, dass es keine Beschlüsse geben soll.
Gruschka wiederum sprach davon, dass die Angelegenheit noch nicht beschlussreif sei. Dabei ging es allerdings auch um die Frage nach einer Dorferneuerung für Stockheim. Dazu folgt ein eigener Bericht. Gruschkas Antrag, die Beschlüsse zu vertagen, lehnte der Rat gegen fünf Stimmen ab. „Wir haben den Schlingenern vor einem Jahr eine Hausaufgabe gegeben und Schlingen hat geliefert“, sagte Marion Böhmer-Kistler (CSU), die ebenfalls für einen Beschluss eintrat. „Wir können auf die Fördertöpfe nur zugreifen, wenn ein Plan vorliegt“, sagte sie. Es sei „bedauerlich und fast beschämend, dass seit einem Jahr nichts passiert ist.“
Worin Gruschka und die Ratsmehrheit allerdings einig waren, ist die Tatsache, dass nun ein guter Zeitpunkt sei, mit dem Rössle zu beginnen. Deshalb stimmte auch Gruschka für Welzels Vorschlag, der da lautet: Um eine bestmögliche Förderung des Dorfgemeinschaftshauses „Rössle“Schlingen zu erreichen, wird die Verwaltung beauftragt, möglichst zeitnah die Gebäudeplanungen nebst deren Fördermittelbeantragung in die Wege zu leiten.