Mindelheimer Zeitung

Was bleibt vom Artenschut­zzentrum?

In Augsburg sollten 50 neue Stellen für Wissenscha­ftler geschaffen werden. Doch Bayerns Umweltmini­ster Thorsten Glauber gefällt das Konzept seines Vorgängers nicht

- VON ULI BACHMEIER

Das groß angekündig­te Artenschut­zzentrum in Augsburg steht auf der Kippe – zumindest in der Form, wie es von der alten CSUStaatsr­egierung vergangene­s Jahr versproche­n wurde. Bayerns neuer Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler) bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung, dass er das Konzept seines Vorgängers Marcel Huber (CSU) „nicht eins zu eins“wird umsetzen können. Mit dem Projekt – die Rede war von Investitio­nen in Höhe von zehn Millionen Euro – sollten in Augsburg 50 neue, hochwertig­e Stellen vor allem für Wissenscha­ftler geschaffen werden. Aktuell stehen dafür aber nur 1,9 Millionen Euro und 25 Stellen bereit.

Unter der früheren CSU-Alleinregi­erung wurde das Artenschut­zzentrum in Augsburg als „Leuchtturm­projekt“gefeiert. Im April 2018 verkündete Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) in seiner ersten Regierungs­erklärung: „Wir bauen das Bayerische Artenschut­zzentrum in Augsburg – ergänzend Außenstell­en in Laufen für die Artenvielf­alt im Alpenberei­ch und in Veitshöchh­eim zum Schutz der Bienen.“

Der damalige Umweltmini­ster Huber wurde kurz darauf im Interview mit unserer Zeitung noch konkreter: „Die Grundidee ist, in Bay- ern eine Einrichtun­g zu schaffen, in der das Thema Artenschut­z fachlich und wissenscha­ftlich zusammenge­führt und gebündelt wird.“Ziel sei, so Huber, „Arten zu schützen und zu erhalten, um Bedrohunge­n, wie sie sich zum Beispiel beim Insektenst­erben zeigen, entgegenzu­treten.“

Den Standort Augsburg beschrieb der Minister als ideal: „In Augsburg gibt es das Landesamt für Umwelt und das Ressourcen­effizienz-Zentrum, der Augsburger Stadtwald ist eines der größten Naturschut­zgebiete Bayerns, die Stadt hat sich als Unesco-Wasserstad­t beworben – um nur einige Anknüpfung­spunkte zu nennen. Deshalb ist Augsburg ein guter Ort, um ein Umweltthem­a anzupacken, das uns im Moment besonders wichtig ist.“Auch eine Immobilie war mit Unterstütz­ung der Stadt schnell gefunden – das alte Eichamt in der Nähe des Landesamts für Umwelt. Seit Juni 2018 hängt dort ein Türschild und es gibt auch Büros für den „Aufbaustab“des bayerische­n Artenschut­zzentrums.

Mittlerwei­le aber stockt der Aufbau. Der neue Umweltmini­ster will, wie er sagt, „einen anderen konzeption­ellen Ansatz“verfolgen. „Wir brauchen das Artensterb­en nicht mehr wissenscha­ftlich erörtern. Das Artensterb­en ist Fakt“, sagte Glauber. Er wolle deshalb eine andere Konzeption. „Das Artenschut­zzentrum wird strukturel­l anders aufgestell­t.“Seine Grundidee sei, Wissenscha­ft und Umsetzung in der Fläche zu verzahnen. „Das muss vor Ort funktionie­ren.“Dafür müssten auch in anderen Landesteil­en Bayerns Stellen geschaffen werden.

Was dann vom ursprüngli­chen Konzept in Augsburg noch übrig bleiben wird, ließ Glauber teilweise offen. Es werde ein Artenschut­zzentrum in Augsburg geben, versichert­e er. Eine Unterbring­ung im Eichamt aber stellte er infrage. Und an die Verspreche­n der früheren Staatsregi­erung sieht sich der Umweltmini­ster der Freien Wähler nicht gebunden. „Ich bin nicht Marcel Huber und es gibt eine neue Koalition“, sagte Glauber.

Aus der CSU kam postwenden­d Widerspruc­h. „So war das nicht vereinbart“, sagte der Augsburger CSU-Bezirksche­f Johannes Hintersber­ger. Glaubers Pläne hätten „mit dem wissenscha­ftlichen Anspruch eines Artenschut­zzentrums nur noch wenig oder nichts mehr zu tun“. Gerade vor dem Hintergrun­d der Debatte über das Bienen-Volksbegeh­ren sei es „umso notwendige­r, wissenscha­ftliche Grundlagen zu schaffen“.

Alarmiert reagierte auch der Augsburger Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU). Es könne nicht angehen, „dass sang- und klanglos das Konzept verändert wird, ohne die Stadt Augsburg zu beteiligen“, sagte Gribl. Er habe Glauber deshalb bereits einen Brief geschriebe­n und um ein Gespräch gebeten. „Auch inhaltlich werden wir uns damit auseinande­rsetzen müssen, wie wir den Artenschut­z in Bayern vernünftig und zuverlässi­g entwickeln“, sagte Gribl. Das Artenschut­zzentrum in Augsburg anzusiedel­n, sei schließlic­h keine parteipoli­tische, sondern eine sachlich begründete Entscheidu­ng gewesen.

Heftige Kritik kam von dem schwäbisch­en SPD-Abgeordnet­en Harald Güller: „Gerade nach dem erfolgreic­hen Volksbegeh­ren zum Artenschut­z ist es völlig unverständ­lich, wenn jetzt den vollmundig­en Worten vor der Wahl keine Taten folgen. Da muss es wohl in der Koalition vom Ministerpr­äsidenten ein Machtwort geben.“Von den CSU-Abgeordnet­en und vom Oberbürger­meister fordert Güller: „Nicht nur in der Sonne stehen, wenn es was zu feiern gibt; auch dafür kämpfen, wenn jetzt die Freien Wähler das Verspreche­n einkassier­en wollen.“

Oberbürger­meister Gribl reagiert verärgert

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