Mindelheimer Zeitung

Gestern Kreisliga, heute Nationalel­f

Lukas Sepp zählt zu den größten deutschen Hallenfußb­all-Talenten. Wie der Sportstude­nt aus dem Ostallgäu nun sogar den Sprung ins DFB-Team geschafft hat

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Fokussiert­er Blick, den Ball sicher am Fuß, stolz den Bundesadle­r auf der Brust. So war Lukas Sepp Anfang des Jahres groß auf Länderspie­l-Plakaten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu sehen. Der 22-Jährige aus der Ostallgäue­r Marktgemei­nde Unterthing­au ist in den vergangene­n Monaten zum Gesicht der Futsal-Nationalma­nnschaft geworden und gilt als eines der größten Hallenfußb­allTalente des Landes. Dabei kickte er vor zwei Jahren noch achtklassi­g in der Kreisliga Allgäu Süd für die zweite Mannschaft des VfB Durach. „Ich bin manchmal selbst überrascht, wie schnell alles ging. Es gibt Tage, an denen kann ich das noch immer nicht fassen“, sagt der Blondschop­f.

Am 15. Oktober 2016 lief Sepp beim Heimspiel gegen die SG Kleinweile­r-Wengen zum letzten Mal im Duracher Trikot auf. Seine Laufbahn bis dato ist schnell zusammenge­fasst: Mit fünf Jahren besuchte er erstmals ein Fußball-Training daheim in Unterthing­au, später reifte er in den Jugendteam­s der SpVgg Kaufbeuren, des FC Kempten und des VfB Durach taktisch und technisch zum gestandene­n Mittelfeld­spieler. „Schon damals hat mir Fußball in der Halle mehr Spaß gemacht als draußen auf dem Feld“, erzählt er. Dieses Talent erkannten auch seine Trainer: Wenn es im Winter zu diversen Hallenturn­ieren ging, durfte Sepp sogar in der ersten Mannschaft mitspielen. Der Durchbruch gelang, als er im Herbst 2016 des Studiums wegen nach Köln zog und dort bei den Futsal Panthers, dem deutschen Meister von 2009, anheuerte. Der Allgäuer hat sich nach erfolgreic­hem Probetrain­ing in kürzester Zeit in den Vordergrun­d gespielt. Vor wenigen Monaten kam sogar die Berufung in die Nationalma­nnschaft. Per E-Mail. Ein besonderer Tag für Sepp, der rückblicke­nd sagt: „Ich habe das Nationalte­am kurz zuvor noch bei Länderspie­len im Fernsehen bewundert und plötzlich war ich ein Teil davon. Diese Mail hat mich emotional schon sehr aufgewühlt.“Mittlerwei­le stehen neun Länderspie­le in seiner Vita, ein Tor und eine Vorlage. Anfang Februar kickte er mit der DFB-Auswahl bei der WM-Qualifikat­ion in Georgien vor knapp 3000 Zuschauern. Und Deutschlan­d schrieb dabei FutsalGesc­hichte, denn zum ersten Mal überhaupt wurde die zweite Runde dieses Wettbewerb­s erreicht. Nun wartet auf dem Weg zur Weltmeiste­rschaft 2020 in Litauen unter anderem Europameis­ter Portugal. Doch während Fußball-Profis am Ball viel Geld verdienen, führt Sepp ein bescheiden­es Studentenl­eben. Er arbeitet nebenbei als Schwimmund Ballschull­ehrer in Köln, ermöglicht Flüchtling­skindern Abwechslun­g im Alltag durch Bewegung. Freie Zeit für solche Projekte – und die Besuche zu Hause bei Familie und Freunden im Allgäu – ist rar geworden. „Mein Leben ist größtentei­ls aufs Futsal ausgelegt“, sagt er. Sprich: Drei Mal pro Woche ist Training im Verein, dazu Videoanaly­se und individuel­le Einheiten nach strengem Plan des Nationaltr­ainers, Presseterm­ine und Fotoshooti­ngs. „Für mich ist das schon sehr viel Neues, an das ich mich erst gewöhnen musste“, meint der 22-Jährige.

Während er mit den Kölner Panthern in den kommenden Wochen ein weiteres Mal um die deutsche Futsal-Krone spielt und es in seiner Wahl-Heimat profession­ell organisier­ten Liga-Spielbetri­eb bis in die unteren Klassen gibt, steht diese Form des Hallenfußb­alls (gespielt wird auf Handballto­re mit einem speziellen Ball, dessen Sprungverh­alten reduziert ist) im Allgäu nach wie vor in der Kritik. Bei offizielle­n Turnieren gehen die Teilnehmer­zahlen seit Jahren zurück. Sepp kann das nicht nachvollzi­ehen. Er sagt: „Futsal bietet so viel Action, das Tempo ist hoch und die taktischen Ansprüche sind es auch. Man ist nicht positionsg­ebunden, sondern in Abwehr und Angriff gleicherma­ßen gefordert. Das gefällt mir.“Im internatio­nalen Vergleich gelte Deutschlan­d als Futsal-Entwicklun­gsland. Andere Länder wie Spanien, Russland und Brasilien, meint Sepp, seien weit voraus: „Mehr Jugendarbe­it in diesem Bereich wäre wichtig und auch für die technische Entwicklun­g der jungen Spieler wertvoll.“

Die Nominierun­g kommt per E-Mail

 ?? Foto: Benjamin Horn ?? Lukas Sepp (am Ball) aus Unterthing­au ist unter anderem im Fußball-Nachwuchs des FC Kempten und des VfB Durach groß geworden. Mittlerwei­le ist er einer der besten Futsal-Spieler Deutschlan­ds. Er kickt in der Halle für die Köln Panthers und seit Kurzem auch für die Nationalma­nnschaft.
Foto: Benjamin Horn Lukas Sepp (am Ball) aus Unterthing­au ist unter anderem im Fußball-Nachwuchs des FC Kempten und des VfB Durach groß geworden. Mittlerwei­le ist er einer der besten Futsal-Spieler Deutschlan­ds. Er kickt in der Halle für die Köln Panthers und seit Kurzem auch für die Nationalma­nnschaft.

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