Zu viel Geld für die Bildung
Ministerin Karliczek muss sich erklären
Berlin Die Idee des Bildungsministeriums ist gut: Eine Bildungsprämie soll Menschen mit niedrigen Einkommen eine Weiterbildung ermöglichen. Schlecht ist nur, dass die Prämie aus dem Haus von Ministerin Anja Karliczek (CDU) teuer und wenig effektiv ist. Das hat eine Prüfung des Bundesrechnungshofes ergeben, mit der sich am Freitag der Bundestag befasste.
Das Bildungsministerium fördert Weiterbildungen seit 2008. Nach Angaben des Bundesrechnungshofes (BRH) wurden bis Ende 2017 rund 78 Millionen Euro für den Prämiengutschein ausgeschüttet, mit dem Weiterbildungen bis maximal 500 Euro gefördert werden können. Das Geld stammt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), es belastet den deutschen Steuerzahler nicht direkt und so weit ist die Prämie noch kein Problem. Das wird sie erst, wenn man sich den Aufwand anschaut. Der beläuft sich nach BRH-Berechnungen nämlich auf fünf Millionen Euro pro Jahr.
Mithin standen den 78 Millionen Euro an Prämienerstattungen bis 2017 rund 45 Millionen Euro für den bürokratischen Aufwand gegenüber. Der Steuerzahler musste damit im Schnitt auf jeden Euro noch 57 Cent drauflegen, wie der BRH kritisierte. Das Ministerium wies auf Anfrage darauf hin, dass für eine Bewertung auch die Nutzenseite zu beachten sei. Für jeden Euro Zuschuss würden private Mittel in
Die Nachfrage nach dem Programm ist schwach
mindestens gleicher Höhe mobilisiert. Mit einem Anteil von 75 Prozent könnten zudem Frauen in besonderem Maße von der Bildungsprämie profitieren.
Ein weiterer Kritikpunkt: Das bis zum Jahr 2011 angestrebte Absatzziel von 300000 Prämiengutscheinen sei erst fünf Jahre später erreicht worden, moniert der BRH. „Tatsächlich ist die Nachfrage nach Prämien- und Spargutscheinen weit hinter den Erwartungen des BMBF geblieben“, bestätigte das Ministerium, das zehn Jahre nach dem Start des Programms keine Idee hat, woran das liegen könnte. „Auf welche Faktoren dieses zurückzuführen ist, wird im Rahmen der bis 31. März abzuschließenden Evaluation eruiert werden“, sagte eine Sprecherin des Hauses.
Die Angelegenheit erreichte nun den Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages. Dessen Mitglieder gaben Karliczek nach Informationen unserer Zeitung einige Hausaufgaben mit auf den Weg. Das Ministerium soll demnach Fragen beantworten und von dem Plan Abstand nehmen, die Bildungsprämie nach dem Auslaufen der ESF-Mittel 2020 „zu verstetigen“. Karliczek wird außerdem ermahnt, vernünftig mit den ihr anvertrauten Steuergeldern umzugehen.
Als Mitglied des Ausschusses zeigte sich die Grünen-Haushaltsexpertin Ekin Deligöz nach der Sitzung ziemlich sauer über das Verhalten im Hause Karliczek. „Das Bildungsministerium schleppt seit dem Jahr 2008 mit der Bildungsprämie ein Instrument mit sich herum, das nicht funktioniert und obendrein auch noch zu teuer ist“, sagte Deligöz (Neu-Ulm) unserer Zeitung.
Die Bildungsprämie habe ihren Zweck offensichtlich verfehlt, konstatierte Deligöz. Sie forderte die Regierung auf, endlich wirksame Vorschläge zur Weiterbildung vorzulegen. In einer alternden Gesellschaft mit Fachkräftemangel sei eine hohe Weiterbildungsbeteiligung auch bei Menschen mit geringeren Einkommen ein wichtiger Zukunftsfaktor.