Ministerin will die Plastikflut eindämmen
Müllproblem Svenja Schulze (SPD) setzt auf Einsicht, die Grünen auf Verbote
Berlin Deutschland ist Europameister – doch Grund, stolz zu sein, ist das in diesem Fall nicht. 220 Kilogramm Verpackungsmüll, davon 37 Kilo Plastikmüll, erzeugt hierzulande jeder pro Kopf. Damit ist Deutschland „unter den Spitzenreitern der Ressourcenverschwendung“, beklagt Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag. Dies dürfe die Umweltministerin nicht länger achselzuckend hinnehmen. Auch die hat inzwischen den Zwang zum Handeln erkannt: Svenja Schulze (SPD) will die Plastikmüll-Flut eindämmen. Am heutigen Mittwoch trifft sie sich mit Vertretern von Supermarktketten, Lebensmittelproduzenten und Nichtregierungsorganisationen, um über die Vermeidung von Verpackungen zu diskutieren. Doch die Erwartungen gehen auseinander: Die Ministerin hofft darauf, dass sich die Hersteller freiwillig zu einer deutlichen Reduzierung von Plastikmüll bereit erklären. Die Grünen und die Deutsche Umwelthilfe fordern dagegen verbindliche Maßnahmen.
Gegenüber unserer Redaktion sagt Umweltministerin Svenja Schulze: „Die Plastikflut im Supermarkt ärgert immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher. Warum müssen Bio-Gurken in Folie eingeschweißt, Tomaten und Erdbeeren in Kunststoffschalen abgepackt, immer mehr Wurst und Käse in Verpackungen vorportioniert sein?“Diese Frage wolle sie mit Vertretern großer Handelsunternehmen und Herstellern, aber auch dem Betreiber eines „UnverpacktLadens“diskutieren. Dem Treffen sollen weitere folgen, sagt Schulze. Sie rechne damit, „dass wir im Laufe dieses Dialogprozesses konkrete Vereinbarungen treffen: Was wird bis wann aus den Supermarktregalen genommen, um überflüssige Verpackungen zu vermeiden und den Plastikmüll zu reduzieren?“Die freiwilligen Vereinbarungen seien Teil ihres „Fünf-Punkte-Plans gegen die Wegwerfgesellschaft“. Das Konzept enthalte zudem „Anreizsysteme, Quoten und Verbote“, so Schulze weiter. Unter anderem fordert die Ministerin eine höhere Recyclingquote, die umweltfreundlichere Gestaltung von Verpackungen, das Verbot von überflüssigen Einweg-Artikeln und weniger Mikroplastik in Kosmetik.
Allerdings sind nicht alle vom Konzept überzeugt. Anton Hofreiter bezweifelt, dass freiwillige Selbstverpflichtungen der Hersteller ausreichen: „Der Plastikgipfel darf nicht zu einer Alibiveranstaltung werden. Die Bundesregierung muss endlich verbindliche, weitsichtige und mutige Ziele und Maßnahmen festlegen, um von den Riesen-Müllbergen runterzukommen.“Ziel müsse es sein, dass der Verpackungsabfall bis 2030 halbiert werde. Als weiteren Schritt müsse die Bundesregierung die Plastiksubventionen beenden. „Es ist doch Unsinn, dass die Plastikproduktion jährlich mit 780 Millionen Euro subventioniert wird“, kritisierte Hofreiter, dass bei der Nutzung von Erdöl und Erdgas für die Kunststoff-Herstellung keine Energiesteuer anfalle.