Der Brief verschwindet
Schreiben wir weniger – oder gibt es einen ganz anderen Grund?
Hatten Sie heute Post? Nicht? Kein Wunder. Es heißt ja schon seit Jahren, dass der Brief verschwindet. Weil: Heute kommunizieren doch eh alle digital und dauernd. Wer setzt sich da noch hin und schreibt einen Brief? Also abgesehen von den Leuten natürlich, die das beruflich machen, Steuerbescheidsbearbeiter, Kreditangebotsoptimierer, Mahnungsdesigner und so. Nur einen richtigen Brief, am Ende noch per Hand verfasst – wo bekommt man den heute noch? Eben.
Aber bevor wir jetzt in allgemeinen Kulturpessimismus abgleiten (die jungen Leute grüßen nicht mehr, früher hätte es das nicht gegeben und man kriegt ja heute nirgends mehr eine anständige Breze), müssen wir einen Verdacht loswerden, der die Sache in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.
Also: Uns überkommt bisweilen das ungute Gefühl, dass die Deutschen in Wahrheit gar nicht weniger Briefe schreiben, sondern dass diese einfach nur immer seltener beim Adressaten ankommen. Unsere Recherchen haben ergeben, dass sich die Meldungen bei der Bundesnetzagentur über verloren gegangene Schriftstücke im frankierten Umschlag verdoppelt haben. Ja, ja, wir wissen: Der Brief verschwindet. Aber doch nicht so! Sofort kommen uns Erzählungen von arbeitsscheuen Postboten in den Sinn, die feuchte Garagen zum Umschlagplatz für all das Nichtzugestellte umfunktionieren. Am liebsten würden wir sofort einen Beschwerdebrief schreiben. Aber ob der dann überhaupt ...?
Na ja, von den Paketen wollen wir gar nicht reden. Gibt doch dauernd Ärger! Warum es Paketboten aber auch nicht leicht haben, steht auf der Wirtschaft.