Plötzlich Vollgas als Unternehmer
Der 36-jährige Markus Negele hat all seinen Mut zusammengenommen, und hat sich mit seinem eigenen Omnibus einen Traum verwirklicht. Dabei ließ er sich früher lieber selber durch die Gegend kutschieren
Türkheim So ganz glauben kann er es irgendwie immer noch nicht: Vorsichtig setzt sich Markus Negele auf den Fahrersitz seines Kässbohrer Setra-Busses, fast zärtlich dreht er den Zündschlüssel und seine Augen leuchten, als der Motor brummt. „Mein Bus“, sagt der gebürtige Türkheimer Markus Negele und schaut stolz auf die 60 Sitzplätze hinter ihm.
„Mein Bus, und meine Existenz“, sagt er dann und wirkt dabei fast etwas schüchtern – immerhin hat ihn die Investition in den in Brauntönen gehaltenen Bus mit dem Firmenlogo „MN-Reisen“eine satte sechsstellige Summe gekostet.
Mit Bussen kannte er sich schon immer ganz gut aus, sagt der Jungunternehmer – freilich hätte er selbst keinen Gedanken daran verschwendet, später einmal selbst am Lenkrad eines Omnibusses zu sitzen. Früher, da war der bekennende FC Bayern-Fan in ganz Europa unterwegs, immer seinen FCB-Idolen hinterher – und, natürlich, fast immer mit einem Omnibus. So lernte er nicht nur fast alle Fußballstadien kennen, in denen der „Stern des Südens“seine Triumphe feierte. So lernte er auch Busse kennen. Und Busfahrer.
Und so lernte er wohl auch, was ein Busfahrer können muss. Fahren, na klar. Aber – und das ist vielleicht das Allerwichtigste in seinem Job: „Ein Busfahrer muss die Menschen mögen“, sagt der 36-Jährige. Und Markus Negele, der mag die Menschen und er mag seine Fahrgäste – das spürt man, wenn er wieder mal Vollgas gibt. Egal, ob er da mit den Senioren vom Gesangsverein unterwegs ist, mit feiernden auf dem Weg zum Auswärtsspiel ist oder einen Faschingsverein zu den Auftritten kutschiert – er hat für jeden einen lockeren Spruch, für (fast) alles Verständnis – und (vor allem) auch immer eine ausreichende Portion Geduld, die manchmal auch noch etwas größer sein muss.
Der gelernte Mediengestalter ist ein gemütlicher Kumpel-Typ, der als Familienvater mit zwei Kindern auch weiß was es bedeutet, Verant- wortung zu übernehmen: Als sich in seinem Beruf ein enormer Wandel abzeichnete, da entschloss er sich spontan, den Führerschein als Busfahrer zu machen.
Seiner Frau erzählte er davon erst einmal nichts – erst als er sich schon bei der Fahrschule angemeldet hatte, erfuhr sie dann auch von den Plänen ihres Mannes. Dann hatte er den Schein – und jetzt? Er meldete sich einfach ganz spontan bei einem örtlichen Türkheimer BusunternehFußball-Fans men, ging da einfach mal hin – und war kurz darauf auch schon wieder zuhause.
„Was ist passiert?“, war die erste Reaktion seiner Frau. „Nichts. Ich hab einen neuen Job“, sagte Markus Negele. Dass ihn seine allererste Fahrt nicht wie ursprünglich angekündigt mit einem Kleinbus in die Nachbarschaft führte, war da kaum mehr eine Überraschung. Es ging stattdessen mit dem Doppeldeckerbus und einer Ladung trinkfester Feuerwehrkameraden zum Nockerberg nach München – und zurück.
Aber überraschen kann den Gemütsmenschen sowieso kaum etwas – er behält auch dann noch die Ruhe, wenn andere Busfahrer schon die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und entnervt aufgeben: „Ich kann auch mal ganz gut auf Durchzug schalten, wenn es sein muss“, sagt er und bleibt, wie immer, gelassen.
Im vergangenen Jahr dann fasste er sich ein Herz und wagte den Sprung in die Selbstständigkeit – und das nimmt Markus Negele durchaus wörtlich: Er fährt selbst, und er fährt ständig. So gut kommt sein neues Angebot an, dass er sich kaum noch retten kann vor Tagesoder Wochenendausflügen, Schulfahrten, Vereinsausflügen und und und.
Dass er in der ganzen Region auch aus seiner Zeit als FC-BayernFan bekannt ist „wie ein bunter Hund“, das weiß er natürlich und das bringt ihm jetzt auch immer wieder neue Aufträge. „Persönliche Empfehlungen zufriedener Kunden sind das beste für einen Unternehmer“, weiß der clevere Türkheimer.
Noch steuert er einen – seinen – Bus alleine. Doch die Auftragslage ist so gut, dass er schon in diesem Jahr eine Investition in einen zweiten Bus plant. Und in eine Halle im neuen Industriegebiet. Und einen Mitarbeiter, mindestens.
Der patente Jungunternehmer freut sich über seinen wachsenden Erfolg, aber hoch hinaus will er gar nicht. „Ich bin Busfahrer mit Leib und Seele“, sagt Markus Negele über sich selbst. Und blickt dabei mit sichtbarem Vergnügen auf die leuchtenden Armaturen seines Busses.