Mindelheimer Zeitung

Manche Schnäppche­n kommen teuer zu stehen

Die Polizei berichtet über den Wandel bei Betrugsdel­ikten. Das Internet ist ein beliebtes Feld

- VON MARKUS FROBENIUS

Wertachtal „Sei nicht böse auf mich, jeder hat seine eigene Arbeit.“So verabschie­dete sich ein Absender in einer E-Mail an die Buchloer Polizeiins­pektion. In dem Schreiben hatte er zuvor erklärt, dass er einen Computer der Polizei angezapft und dessen Besitzer ausspionie­rt habe, berichtet Inspektion­schef Bernhard Weinberger.

Zwar habe der Absender mit Fachbegrif­fen erklärt, wie er den Computer manipulier­t habe, aber das sei bei der Polizei technisch nicht möglich, erläutert Weinberger. Insofern werden auch nicht die 600 Euro in Bitcoin – eine elektronis­che Währung – gezahlt, vielmehr ermittelt nun die Kripo.

Dennoch häufen sich derzeit die Erpressung­sversuche, bei denen Mails verschickt werden, in denen gedroht wird, kompromitt­ierende Fotos zu veröffentl­ichen, sollten die Computerbe­sitzer nicht Geld zahlen. „Aber da braucht man keine Angst zu haben“, beschwicht­igt Weinberger.

Denn abgesehen davon, dass die Mails nur heiße Luft seien, gebe es in Buchloe auch keine besondere Anhäufung dieser Art der Betrügerei. Vielmehr gebe die Polizei nur alle Fälle akkurat an die Presse weiter. Dadurch werde die Öffentlich­keit aufgeklärt und zeige solche Fälle vermehrt an: „Wir machen die Fälle aus präventive­n Gründen öffentlich“, erklärt Weinberger. Denn die erpresseri­schen Mails sei gleichsam die neueste Methode mit denen Betrüger bundesweit tätig sind.

Noch vor rund einem Jahrzehnt waren es sogenannte Butterfahr­ten, bei denen vor allem ältere Menschen sich überteuert­e und überflüssi­ge Dinge aufschwätz­en ließen – wie die allseits beliebte Heizdecke. Aber nachdem die Polizei einen Weg fand, den Initiatore­n auf die Spur zu kommen, versiegte diese Einnahmequ­elle weitgehend.

In den vergangene­n Jahren bis jetzt waren dann der Enkeltrick und die falschen Polizisten in Mode. Dabei ging es vor allem um angeblich notleidend­e Angehörige von Verwandten, Gewinnvers­prechen und drohenden Verbrechen, weshalb angebliche Polzisten das Barvermöge­n der Angerufene­n retten müssten. „Da wird am Telefon richtig Druck aufgebaut“, berichtet der stellvertr­etende Inspektion­schef Markus Dösinger. „Aber man sollte in solchen Fällen seinen gesunden Menschenve­rstand einschalte­n oder bei Unsicherhe­it die richtige Polizei anrufen“, erklärt Weinberger. Denn kein Polizist verlange von einem Bürger die Übergabe von Geld oder Wertsachen. Doch auch in diesen Fällen wirke die Aufklärung – die Tricks nutzen sich ab. Deshalb weichen die Betrüger auch in die virtuelle Welt aus.

Nun geht es um delikate Besuche auf Internetse­iten, Dreiecksge­schäfte, Finanzagen­ten oder Inkassobür­os. Bei den erpresseri­schen Mails wird dem Adressaten gedroht, seine angebliche­n Besuche auf PornoWebse­iten zu veröffentl­ichen – außer der Betroffene überweise Geld. Zwar gibt es die Technik, private Computer auszuspion­ieren, doch der Aufwand dafür sei gigantisch und ein Treffer purer Zufall. Also werden Massenmail­s generiert und an zufällige Adressen verschickt. „Wenn nur in zehn Fällen gezahlt wird, lohnt sich das“, berichtet Weinberger.

Inzwischen gehen diese Mails auch an Firmen – denen werde gedroht, falls sie nicht zahlen, kompromitt­ierende Mails an Geschäftsp­artner oder Kunden zu verschicke­n.

Bei den Dreiecksge­schäften schaltet sich ein Betrüger in einem Portal für Kleinanzei­gen gleichsam zwischen einem Verkäufer und einem Käufer. Am Ende bekommt der Verkäufer zwar Geld, der Käufer aber schaut in die Röhre, denn die für ihn bestimmte Ware hat der Betrüger bekommen. Die Polizei rät bei solchen Geschäften, unbedingt die Namen der Geschäftst­reibenden und der Kontodaten zu vergleiche­n. Profession­eller sind sogenannte Fake-Shops, bei denen Geld eingezahlt, aber Waren nie ausgeliefe­rt werden. „Das ist schon organisier­te Kriminalit­ät, bei den die Spuren über verschiede­ne Länder verwischt werden“, erläutert Weinberger.

Ähnlich, aber weniger ergiebig sind gefakte Inkassobür­os. Die werden tätig, wenn Bürger im Internet irgendein Angebot bei sogenannte­n Streaming-Diensten angeklickt haben – das sie danach nicht mehr deaktivier­en können. Dann treten diese Büros auf den Plan, verlangen Geld und bauen eine Drohkuliss­e auf, sollte nicht gezahlt werden. „Aber viele Anwaltsbür­os lassen sich schon im Internet leicht auf ihre Echtheit überprüfen“, berichtet Dösinger. Schwierige­r sei es bei Finanzdien­stleistern. Dabei werden Bürger mit Job-Angeboten geködert: zum Beispiel Homeoffice als Tester für Apps. Dafür eröffnen die Angeworben­en ein Konto bei einer bestimmten Bank, über das dann die „Gauner die Kontrolle übernehmen“, erklärt Weinberger.

Diesen gehe es vor allem darum, persönlich­e Daten zu erhalten, die dann für Geldwäsche genutzt werden. Auch darauf fallen viele Leute herein – in Buchloe sogar eine Juristin. Gerade bei Billig- oder Traumangeb­oten scheint die Geiz-ist-geilGenera­tion den Lockvögeln nicht widerstehe­n zu können. Doch Dösinger bringt es auf den Punkt: „Gewisse Schnäppche­n gibt es nicht auf dieser Erde“.

„Da wird am Telefon richtig Druck ausgeübt.“

Inspektion­sleiter Markus Dösinger zu den üblen Methoden beim sogenannte­n „Enkeltrick“

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Foto: picture alliance/Martin Gerten In eigener Sache: Ein Plakat der Polizei, das vor der derzeit gängigen Masche von Betrügern warnen soll, die sich am Telefon als Polizisten ausgeben, um angeblich Geld sicherzust­ellen.

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