Wenn der Tod kommt
Sarah Kuttner In „Kurt“geht es um Liebe und Trauer
Erst eine volle Dosis Leben – ein Familienglück in Modern, so setzt Sarah Kuttners neuer Roman „Kurt“ein. Es geht um eine Patchwork-Familie, um Lena, die mit ihrem Freund Kurt von Berlin aufs Land nach Brandenburg gezogen ist, nach Oranienburg. Dort haben sie sich ein Haus gekauft, das sie gerade einrichten. Denn Kurt möchte seinem Sohn Kurt näher sein, was wiederum nötig geworden ist, weil Jana, Kurts Exfrau, zuvor von Berlin nach Oranienburg gezogen ist.
Was in der Kompaktversion kompliziert klingt, Patchworkverhältnisse eben, das breitet Kuttner selbstverständlich lässig im ersten Drittel des Romans aus. Lena und Kurt haben ein zwangsversteigertes, ein bisschen heruntergekommenes Haus erstanden, der kleine Kurt kommt jede zweite Woche zu ihnen, Lena weiß nicht so recht, wo ihr Platz in dieser neuen Beziehungskonstellation ist. Sie mag den Jungen, sie liebt den Vater, aber sie kann nicht sagen, ob sie richtig zur Familie gehört.
Kuttner erzählt das nicht im hohen Ton, sondern in Worten, die immer nah bei ihren Figuren sind, wenig Verrenkungen und lieber ein bisschen mehr Umgangssprache, damit mehr Wirklichkeit dort Platz findet. Und ihre Figuren kommt das zugute, sie leben. Man erfährt, wie sie sich lieben, wie locker sie mit dem Kind umgehen und wie sie die Geldprobleme nicht zu wichtig nehmen. Diese Darstellung des Glücks läuft immer auch Gefahr, dass die Farben zu kräftig geraten. Wer sich in wohl temperierten Verhältnissen lieber bewegt, hört manchmal schon von weitem den Kitschalarm.
Dann allerdings verlieren Lena, Kurt und Kurts Ex Jana den Boden unter den Füßen. Ein Unfall, für den niemand verantwortlich ist, im Grund ein saudummer, aber tödlicher Zufall. Unglücklich vom Klettergerüst gestürzt, das Genick gebrochen, sofort tot. Und der Frühling, der einsetzt, auf den sich Lena mit dem neuen Garten schon so gefreut hat, für den sie zu pflanzen begonnen hat, dieser Frühling bringt für alle nicht die Freude am Leben, sondern Tod und Trauer. Die mit so viel Liebe und Kraft eingeführte Romanwelt liegt buchstäblich in Trümmern.
Kuttner erzählt, wie die Zeit stillzustehen beginnt, lieb gewonnene Dinge und gemeinsame Rituale ihre Bedeutung verlieren, vor allem auch, wie einsam die Trauer auch in der Partnerschaft macht. Und Kuttner lässt erahnen, dass die Liebe groß sein muss, um eine solche Katastrophe zu überstehen. In den ersten Wochen und Monaten gehen alle drei Erwachsene durch die Hölle. Für Lena ist die Situation extrem, weil sie auf der einen Seite ja ebenfalls einen geliebten Menschen verloren hat, sie aber auf der anderen