Mindelheimer Zeitung

Die fetten Jahre sind vorbei

Haushalt Die Stadt muss ihren Etat deutlich kürzen. Warum der Stadtrat dennoch optimistis­ch in die Zukunft blickt

- VON MAX KRAMER

Der Mindelheim­er Stadtrat hat den Haushalt 2019 verabschie­det. Die Stadt nimmt heuer zehn Millionen Euro weniger Steuern ein. Schlecht geht es ihr trotzdem nicht.

Mindelheim Fast genau ein Jahr ist es her, da konnte Bürgermeis­ter Stephan Winter rekordverd­ächtige Zahlen vorstellen. Schulden abzubauen und gleichzeit­ig großzügig zu investiere­n, das hatte es in der jüngeren Geschichte der Stadt noch nicht oft gegeben. Mit dem neuen, am Montag beschlosse­nen Haushalt 2019 ist klar: Die fetten Jahre sind in Mindelheim vorbei – zumindest vorerst.

Von einer im Vergleich zum Jahr 2018 „dramatisch veränderte­n Situation“sprach Winter nun und bezog sich dabei auf den Umstand, dass der Stadt im laufenden Jahr deutlich weniger Geld zur Verfügung steht. Der Verwaltung­shaushalt, der laufende Posten für das Jahr aufführt, reduziert sich um rund 7,3 Millionen Euro auf jetzt 31,8 Millionen. Hauptgrund hierfür sind deutlich geringere Einnahmen aus der Gewerbeste­uer, die um zehn Millionen Euro gesunken sind und nun noch bei 6,5 Millionen Euro liegen. Hinzu kommt, dass für die

Grund, Trübsal zu blasen, gibt es momentan nicht

Kindertage­sstätten mehr Personal benötigt wird. Und das kostet. Die Kreisumlag­e, also die Gelder, die die Kreisstadt an den Landkreis bezahlen muss, erreicht eine neue Rekordhöhe und liegt nun bei gut zehn Millionen Euro.

Grund, Trübsal zu blasen, gibt es dennoch nicht. Denn die Stadt hat – großzügige­r Rücklagen sei dank – insgesamt genügend finanziell­en Spielraum, um wichtige Projekte zu verwirklic­hen und ihre Schulden sogar weiter abzubezahl­en. Davon profitiere­n in erster Linie Kindertage­sstätten: Für den Ausbau von St. Vitus in Nassenbeur­en spart die Stadt 500000 Euro an, für St. Stephan sowie Marcellin-Champagnat in Mindelheim stehen jeweils eine Million Euro bereit. Auch die Mensa der Mindelheim­er Grundschul­e wird für 220000 Euro erweitert. Es sei für die Stadt wichtig, so Bürgermeis­ter Winter, „dass das Geld, das wir haben, direkt Kindern und Familien zugutekomm­t.“Ein weiterer großer Posten im Vermögensh­aus- der größere Investitio­nen umfasst, besteht in der Erschließu­ng des Baugebiets Nord. Hier fallen rund 2,4 Millionen Euro an. Etwas weniger ist es beim Freibad: Knapp 1,8 Millionen Euro spart die Stadt heuer für die Sanierung des Freibades an, das mehr als acht Millionen Euro kosten wird. Bei der Sanierung der Gaststätte hat offensicht­lich ein Umdenken stattgefun­den: Zum Auftakt der Haushaltsb­eratungen im Finanzauss­chuss in der vergangene­n Woche war für die Renovierun­g der Gaststätte noch rund eine halbe Million geplant gewesen

Nach Kritik von Josef Doll (Grüne) sind hierfür nun 175000 Euro eingestell­t.

Eine weitere Veränderun­g im Vergleich zu den ersten Beratungen lag in den Planungen der Kläranlage. Hier soll eine Photovolta­ikanlage installier­t werden, was die unmittelha­lt, baren Kosten um rund 160 000 Euro erhöht. Mittelfris­tig rechnet die Stadt aber damit, dass diese Investitio­n profitabel ist.

In die Ortsteile fließt mit 0,63 Millionen etwas weniger Geld als zuvor. Doch zumindest den Vereinen greift die Stadt weiter kräftig unter die Arme – sie sollen 2019 insgesamt rund 284000 Euro bekommen. Neben üblichen Kosten profitiere­n einzelne Vereine besonders. Dies trifft insbesonde­re auf den Miele-Museumsver­ein zu – er soll mit 41 000 Euro gefördert werden.

Trotz des enger geschnallt­en Gürtels blickt Bürgermeis­ter Winter optimistis­ch in das letzte Jahr vor den Kommunalwa­hlen. 2020 werde zwar herausford­ernd. „Ab 2021 rechnen wir auch wegen der geringeren Kreisumlag­e aber mit einer Entspannun­g der Lage.“

»Kommentar

Das ist schon erstaunlic­h: Da bricht die Gewerbeste­uer empfindlic­h ein, und doch schaffen es Bürgermeis­ter Stephan Winter und der Mindelheim­er Stadtrat, weiter kräftig vor allem in Kindereinr­ichtungen und ein neues Baugebiet zu investiere­n. Möglich ist das, weil in den Vorjahren gespart wurde und jetzt genügend Mittel auf der hohen Kante liegen. Das zeugt von vorausscha­uender Finanzplan­ung.

Auf Dauer ist es aber keine gute Idee, die Rücklagen abzuschmel­zen. Das wissen auch alle. Sollte sich die Gewerbeste­uer tatsächlic­h auf diesem niedrigere­n Niveau über längere Zeit einpendeln, womit man derzeit durchaus rechnen muss, bleibt dem Stadtrat gar nichts anderes übrig, als den eigenen bereits in Teilen beschlosse­nen Wunschzett­el zu überarbeit­en. Alles wird dann eben nicht mehr gehen, auch wenn CSU-Fraktionss­precher Walter das noch nicht wahrhaben will.

Welche Prioritäte­n setzt dann der Stadtrat? Offenbar ist das Freibad eine Herzensang­elegenheit aller Fraktionen. Da hat nur Josef Doll berechtigt­erweise darauf hingewiese­n, dass die Sanierung der Gaststätte vielleicht gar nicht in dem Maße notwendig ist. Es wird dann eben auch mal mit einer guten Lösung gehen müssen und nicht immer mit der teuersten.

Was diesen Etat in jedem Fall auszeichne­t ist eine befriedend­e Wirkung im Stadtrat. Alle Gruppierun­gen dürfen sich freuen, dass ihre Anliegen berücksich­tigt werden – von Radständer­n am Bahnhof bis zu einer Photovolta­ikanlage für die Kläranlage. Es fällt allerdings auf, dass der Schwung, die Altstadt voranzubri­ngen, deutlich erlahmt ist. Von der teuer bezahlten Bürgerbete­iligung für die Kornstraße ist bisher praktisch nichts umgesetzt worden. Ein zweites Parkhaus für die Innenstadt soll zwar auch kommen, aber erst in ein paar Jahren.

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