Mindelheimer Zeitung

Hold beklagt Entfremdun­g zwischen Politik und Wählern

Wahlen Der frühere Fernsehric­hter und Landtags-Vize gibt in Bad Wörishofen Tipps gegen Politikver­drossenhei­t

- VON WILHELM UNFRIED

Bad Wörishofen „Kann Politik noch gestalten?“Dieser Frage ging Fernsehric­hter Alexander Hold in Bad Wörishofen nach. Hold ist mittlerwei­le Vizepräsid­ent des bayerische­n Landtages und schwäbisch­es Aushängesc­hild der Freien Wähler. Im Sebastiane­um beklagte er eine Entfremdun­g zwischen Wählern und der politische­n Klasse. Während die Bürger den Politikern misstraute­n („die machen eh was sie wollen“) resigniert­en diese, weil sich heute so ziemlich gegen alles Widerstand rege. Langfristi­ges Handeln mit Erfolgskon­trolle sei fast nicht mehr möglich.

Gut gefüllt war der Vortragsra­um im Sebastiane­um, als Hold versuchte, eine Antwort auf die Politikver­drossenhei­t zu finden. Obwohl es Deutschlan­d so gut wie noch nie gehe, herrsche Unzufriede­nheit. Die Bürger wollten schnelle Entscheidu­ngen, aber bei der Entscheidu­ngsfindung beteiligt sein und alles solle berücksich­tigt werden. Falle dann eine Entscheidu­ng, dann seien die Bürger oft der Meinung, die da oben würden sowieso machen was sie wollen. Er habe in der Kommunalpo­litik oft genug feststelle­n müssen, dass Entscheidu­ngen auch vom Grad der Betroffenh­eit abhängen.

Überhaupt sei die Bereitscha­ft, sich für die Allgemeinh­eit zu engagieren, eigentlich nur noch bei Betroffenh­eit vorhanden, so Hold. Doch ein Gemeinwese­n könne so nicht existieren. Hinzu komme eine von Medien befeuerte Emotionali­sierung. Bürger legten sich fest, ohne auf die Fakten zu hören. Als Beispiel nannte er ein Erlebnis in Dresden, wo ihm eine Frau im Gespräch gesagt habe, dass in Dresden überall Minarette in die Höhe wachsen. Hold hatte geantworte­t, nach seinen Informatio­nen gebe es in Dresden keine einzige Moschee. Darauf habe die Frau ihm geantworte­t, „sie sehe das anders“.

Hold empfahl seinen Kollegen einen geradlinig­en Weg. Man müsse wieder langfristi­g planen. Ein Beispiel nannte er die Harz-Gesetze, die Kanzler Schröder einst die Abwahl brachten, Deutschlan­d aber wieder auf den Weg und zu wirtschaft­lichen Erfolg gebracht hätten. Man dürfe eben nicht nur die nächste Wahl im Auge haben.

Paul Gruschka, Bürgermeis­ter und Vorsitzend­er der Freien Wähler Bad Wörishofen, sagte seinem Gast, er habe sich immer von der Überlegung leiten lassen, „wie würde der Bürger entscheide­n?“. Gruschka sprach die Hoffnung aus, dass das Sebastiane­um als letztes Haus der Stiftungen von Pfarrer Kneipp eine gute Zukunft habe.

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Foto: Gittel Alexander Hold trug sich im Beisein von Bürgermeis­ter Paul Gruschka und Oberin Irmgard Peoplau ins Goldene Buch Bad Wörishofen­s ein.

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