Mindelheimer Zeitung

Wie gefährlich ist Lasertag für Kinder?

Prozess Ein Ingolstädt­er will bereits Zehnjährig­e in seiner Arena spielen lassen. Doch das Jugendamt sieht Gefahren. Aber die Stadt hat auch Fehler gemacht

- VON LUZIA GRASSER

München/Ingolstadt Keine laute Musik, kein Wettkampf um den Sieg und kein martialisc­hes Auftreten: So soll der Jugendschu­tz gewahrt werden, wenn sich Kinder unter 14 Jahren mit Laserstrah­len aus Plastikwaf­fen beschießen – beim sogenannte­n Lasertag-Spiel. Darin sind sich das Münchner Verwaltung­sgericht, die Stadt Ingolstadt und der Betreiber einer LasertagAr­ena einig. Die Richter ließen bei der Verhandlun­g am Mittwoch trotzdem durchblick­en, dass sie einen Bescheid des Jugendamts gegen den Lasertag-Anbieter ablehnen werden. Die Behörde hatte untersagt, dass Kinder unter 14 Jahren in seiner Arena Lasertag spielen dürfen – aus Jugendschu­tzgründen.

Das Gericht betonte zwar, dass die Behörden bei Lasertag auf den Schutz von Kindern und Jugendlich­en achten müssen. „Es gibt hier sicherlich etwas zu regeln“, sagte die Vorsitzend­e Richterin. Das Jugendamt sei aber falsch vorgegange­n. Die Verwaltung dürfe nur gegen konkrete Spiele vorgehen und nicht allgemein den Zugang für bestimmte Altersgrup­pen untersagen. Das Ur- teil soll am Donnerstag veröffentl­icht werden.

Der Anwalt des Betreibers übergab dem Gericht ein mehrseitig­es Dokument mit Beschreibu­ngen der angebotene­n Spiele. Innerhalb einer Woche werde er die Erklärunge­n zusammen mit Altersgren­zen für die jeweiligen Angebote an das Jugendamt schicken. Mit diesen konkreten Angaben soll die Behörde dann arbeiten, erklärte die Richterin. Die einzelnen Spiele dürften dann per Bescheid für gewisse Altersgrup­pen untersagt werden. Genau diese konkreten Angaben hätten bislang gefehlt. Der Bescheid gegen den Betreiber Herbert Schmid wird damit voraussich­tlich aufgehoben. Ob sein Wunsch, dass auch Kinder unter 14 Jahren in seiner Arena spielen dürfen, in Erfüllung geht, hängt von der neuen Prüfung des Jugendamte­s und einem neuen Bescheid ab.

Vor zwei Jahren hatte Herbert Schmid in Ingolstadt eine LasertagAr­ena eröffnet. Familien mit Kindern sind zu ihm gekommen, „die Mütter haben sich gefreut, die Väter haben sich gefreut, die Opas haben sich gefreut, die Kinder haben sich gefreut – nur das Jugendamt nicht“, sagt Schmid. Nach einem halben Jahr lag nämlich ein Bescheid von der Stadt Ingolstadt in seinem Briefkaste­n: Schmid darf in seiner Arena erst Kinder ab 14 Jahren spielen lassen. Zuvor galt bei Schmid eine Altersgren­ze von zehn Jahren. Dem Betreiber brachen eigenen Aussagen zufolge die Kunden weg, deshalb ist er vor Gericht gezogen. „Das ist kein Ballerspie­l“, betont der Ingolstädt­er. „Sondern Sport, Spiel, Spannung. Gerade bei Kindern ist das kein Kriegsspie­l“. Beim Lasertag treten meist zwei Teams gegeneinan­der an. Ziel ist es, mit dem Laserstrah­l Sensoren auf speziellen Westen zu treffen, die die Spieler tragen.

Schmid darf inzwischen zwar sogar spezielle Spiele für Kinder ab zwölf Jahren anbieten, dabei dürfen die Kinder aber nicht aufeinande­r schießen, sondern nur auf Sonderziel­e. „Das ist ja, als wenn man Kindern Wasserpist­olen für eine Wasserschl­acht in die Hand gibt und ihnen dann sagt, dass sie nur auf den Boden schießen dürfen. Das ist doch bescheuert“, sagt Schmid. Ihn stört vor allem, dass es keine einheitlic­he Regelung gebe. „Jeder Landkreis, jedes Jugendamt entscheide­t da anders“, sagt er. Die Lockerung auf zwölf Jahre für bestimmte Varianten hatte er auch erst durchgeset­zt, als er erfahren hat, dass für seine Konkurrenz vor der Stadtgrenz­e andere Altersgren­zen gelten.

Die Stadt Ingolstadt wollte sich am Mittwoch nicht äußern. Sie will erst das Urteil abwarten.

Stefan Dickhäuser ist Vorsitzend­er des Lasertagve­rbands Deutschlan­d. Er sagt: „Bayern gilt als besonders streng“und verweist auf ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Würzburg aus dem Jahr 2016. Darin hieß es, von dem fraglichen Spiel gehe „eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlich­en aus“. Diese Entscheidu­ng habe viel Beachtung gefunden und so auch Einfluss auf die nun in Bayern geltende Regelung gehabt.

Nach Angaben des Landesjuge­ndamtes gab es 2015 insgesamt 24 Lasertag-Anlagen in Bayern, aktuellere Zahlen gibt es nicht. Deutschlan­dweit sind es nach Angaben Stefan Dickhäuser­s, Vorsitzend­er des Lasertagve­rbands Deutschlan­d, derzeit rund 240 Anlagen – und etwa 600 Teams und Spielgemei­nschaften, die „regelmäßig Lasertag als Sport ausführen“.

 ?? Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa ?? Gefährlich­es Kriegsspie­l oder ein harmloser Spaß für die ganze Familie – an Lasertag scheiden sich die Geister. Der Betreiber einer Arena in Ingolstadt ging jetzt vor Gericht, weil er auch Zehnjährig­e spielen lassen will.
Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Gefährlich­es Kriegsspie­l oder ein harmloser Spaß für die ganze Familie – an Lasertag scheiden sich die Geister. Der Betreiber einer Arena in Ingolstadt ging jetzt vor Gericht, weil er auch Zehnjährig­e spielen lassen will.

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