Kinderpornos in der Kita: Logopäde unter Verdacht
Verbrechen Über Jahre soll ein Mann in Würzburg Kinder missbraucht haben
Würzburg Wenn die Vorwürfe zutreffen sollten, haben zahlreiche schutzbedürftige Kinder in Würzburg über Jahre hinweg ein Martyrium erlitten. Die Polizei nahm in der Nacht auf Donnerstag zwei verdächtige Männer fest. Das verheiratete Paar steht unter Verdacht, Buben im Kindergartenalter zum Objekt ihrer Neigungen gemacht zu haben: Sie sollen kinderpornografische Fotos und Videos hergestellt und über das Darknet verbreitet haben, einen schwer kontrollierbaren Teil des Internets.
Beide Männer sind Mitarbeiter einer evangelischen Kindertagesstätte – der eine ist deren stellvertretender Leiter, der andere als Logopäde dort tätig. „Konkrete Hinweise, dass tatsächlich Kinder dieser Kita betroffen sind, liegen bislang nicht vor“, sagte Christian Schorr, Oberstaatsanwalt von der Zentralstelle Cybercrime in Bamberg. Die Ermittler gehen davon aus, dass „es ein Geschehen ist, das sich über mehrere Jahre hingezogen hat.“
Am Donnerstagnachmittag wurde der stellvertretende Kita-Leiter allerdings wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Tatverdacht gegen ihn habe sich nicht erhärtet. Hat sein Partner also allein gehandelt, ohne dass er etwas davon bemerkte? Gegen den Logopäden wurde Haftbefehl beantragt, er sitzt in Untersuchungshaft. Der Logopäde hat eine eigene Praxis und bietet etwa in Kooperation mit Sportvereinen auch Kinderturnen an. Nach Informationen unserer Redaktion hat das Paar selbst zwei Pflegekinder, die nun in Obhut gebracht wurden.
Die Ermittler hatten die Männer am späten Mittwochabend zu Hause überrascht. Einer der beiden soll gerade am Computer gesessen haben, als gegen 21.45 Uhr die Wohnungstür krachend aufflog. Spezialisten des Spezialeinsatzkommandos griffen zu, ehe Beweise gelöscht werden konnten. Rund 50 Beamte sollen bis 2 Uhr morgens zehn Wohnungen, Büros sowie die Kindertagesstätte in Würzburg durchsucht haben.
Eine dreistellige Zahl von Fotound Videoaufnahmen wurde sichergestellt. Darauf sind nicht nur Nacktbilder oder anzügliche Posen zu sehen, sondern „tatsächlich sexuelle Handlungen“, wie Schorr sagte. Das von den Beamten sichergestellte Material zeige nach derzeitigem Kenntnisstand ausschließlich Buben im Kindergartenalter. Derzeit sei aber noch offen, wie viele Kinder unter den Opfern sind.
Der Verdacht war offenbar bei einem anderen Ermittlungsverfahren zur Verbreitung von Kinderpornografie aufgekommen. Dafür spricht,
Die Kita galt seit Jahren als Vorzeige-Einrichtung
dass an der Durchsuchung in Würzburg nicht nur Beamte des Bundeskriminalamtes teilnahmen, sondern auch drei Kriminalbeamte der Polizeiinspektion Cloppenburg/Vechta (Niedersachsen). Dort läuft aktuell ein Verfahren wegen des Verdachts der Verbreitung von Kinderpornografie. Eine Spur soll dabei nach Würzburg geführt haben.
Die Kita im Würzburger Stadtteil Heuchelhof gilt seit Jahren als Vorzeige-Einrichtung, weil sie sich an Kinder mit und ohne Behinderung richtet. Sowohl die Leiterin der Kindertagesstätte als auch der Träger, die evangelische GethsemaneGemeinde Würzburg, äußerten sich auf Anfrage nicht. Dafür bezog Dekanin Edda Weise Stellung. Sie sei „sehr bestürzt“, alle Verantwortlichen arbeiteten eng mit der Polizei und den Behörden zusammen. „Die polizeilichen Ermittlungen richten sich nicht gegen die Einrichtung, daher bleibt die Kindertagesstätte geöffnet.“Unter anderem ein Pfarrer sowie Notfallseelsorger führten am Donnerstag Gespräche mit Eltern und Mitarbeitern.