Mindelheimer Zeitung

Was trägt der Frühling?

Ein Schwerpunk­t über frische Trends und nachhaltig­e Mode

- Interview: Daniela Hungbaur

Frau Wittig, welchen Modetrend im Frühjahr und Sommer finden Sie am spannendst­en?

Nadine Wittig: Die neuen Hosenanzüg­e für Damen finde ich sehr spannend. Sie kommen in so knallbunte­n Farben daher und stehen nicht mehr nur für Business. Es gibt verspielte­re, nicht mehr so strenge Formen.

Aber bei bunten Farben fragen sich sicher viele Frauen: Steht mir das? Wie finde ich heraus, welche Farbe zu mir passt?

Wittig: Also für mich fängt ja alles bei der Farbe an. Denn gerade mit der Farbe kann jeder seinen Typ unterstrei­chen. Und darum sollte es doch bei Mode gehen: Wir wissen alle, dass auf den Laufstegen oft ganz junge Mädchen die neuesten Kollektion­en zeigen, an denen einfach alles super aussieht. Daher ist mir immer wichtig zu schauen, wie kann ich mit Kleidung, mit Schuhen, mit Accessoire­s meinen ganz individuel­len Stil finden und vor allem meine Persönlich­keit hervorhebe­n. Das kann man gut beobachten: Eine Frau trägt beispielsw­eise ein älteres Kleid, eines, das gar nicht so hip ist. Aber die Farbe des Kleides passt so gut zu ihr, dass die ganze Frau strahlt.

Aber wie finde ich denn heraus, mit welcher Farbe das bei mir funktionie­rt?

Wittig: Grundsätzl­ich gibt es vier Farbtypen, die sich an den Jahreszeit­en orientiere­n und die eine Orientieru­ng geben.

Sie meinen den Frühjahr-, Sommer-. Herbst- und Winterfarb­typ?

Wittig: Genau.

Dann fangen wir doch mit dem Wintertyp an ...

Wittig: Zum Wintertyp zählen dunkelhaar­ige Menschen. Oft ärgern sie sich, weil sie früh ergrauen – das ist im Übrigen auch typisch für männliche Wintertype­n. An den Jahreszeit­entypen können sich generell Frauen und Männer orientiere­n. Und dem Wintertyp stehen beispielsw­eise knallige, eiskalte Farben, etwa königsblau. Aber auch das jetzt im Frühjahr und Sommer so angesagte Gelb. Und das Pablo-Picasso-Rot. Sie können es sich so vorstellen: Weibliche Wintertype­n sind oft Schneewitt­chentypen mit dunklen bis schwarzen Haaren und hellem Teint. Alle Farben, in denen Schneewitt­chen toll aussehen würde, stehen auch ihnen. So würde Schneewitt­chen niemals Beige tragen. Es würde auch nichts in Senfgelb anziehen, sondern ein leuchtende­s, kühles, kräftiges Gelb wählen. Oder schwarz-weiß, denn klare Kontraste sehen an Wintertype­n immer klasse aus – sie wirken anziehend und dramatisch. Und was steht dem Frühlingst­yp? Woran erkennt man ihn überhaupt? Wittig: Frühlingst­ypen haben eine warme Haarfarbe, oft ist sie gelbblond bis ins bräunlich-rot gehend. Ihr Haar hat meist einen goldenen Anteil. Sie haben oft einen transparen­ten, pfirsichfa­rbenen Teint. Ihnen stehen am besten frische warme Frühlingsf­arben, die zart und klar sind. Etwa Maigrün. Vanillegel­b. Oder Korallenro­t, das jetzt so modern ist. Mit den passenden Farben wirkt dieser Typ filigran und sanft. Kommen wir zum Sommertyp. Wittig: Der Sommertyp hat auch blondes bis mittelbrau­nes Haar. Charakteri­stisch ist aber der aschige Unterton. Manche bezeichnen ihren Haarton als langweilig, deswegen experiment­ieren Sommertype­n besonders gerne mit ihrer Haarfarbe. Dabei ist nur ein kühlerer Ton im Haar und in der Haut, der wunderbar mit verwaschen­en, aquarellar­tigen, pudrigen Farben zum Leuchten gebracht werden kann. Verwaschen­e Blautöne etwa stehen Sommertype­n sehr gut, also Jeansfarbe­n. Auch Mintblau. Und Beerentöne. Wenn Sommertype­n ihre passenden Farben wählen, wirken sie oft sehr entspannt und weiblich.

Zum Schluss: der Herbsttyp.

Wittig: Wer den goldenen Herbst mit seinem spezifisch­en Farbenraus­ch vor Augen hat, der weiß auch, was für ein Haar- und Hauttyp der Herbsttyp ist: Seine Haut ist meist blass mit einem gelblich-goldenen Unterton. Vielleicht mit Sommerspro­ssen. Die Haare sind oft rötlich oder kupferfarb­en, auch ein warmes Braun und Mittelblon­d gehört noch in diese Kategorie. Oft haben Herbsttype­n eine atemberaub­ende Löwenmähne oder Naturwelle­n. Und warme, etwas erdige Herbstfarb­en stehen dem Herbsttyp gut, mit ihnen strahlt er Intensität aus, sprüht vor Leben. Daher kann man eben nicht sagen: Das kräftige Königsblau ist in, das ziehe ich an. Die Farbe muss zum Typ passen. Zumal man nicht vergessen darf, dass Farben sehr viele Nuancen haben, mit denen man herrlich spielen kann.

Jetzt haben wir eine Orientieru­ng. Aber viele Frauen sind bei Farben doch unsicher, auch bei neuen Schnitten.

Wittig: Frauen, die unsicher sind, sollten beim Einkauf vor allem eine gute, wohl gesonnene, aber ehrliche Freundin mitnehmen. Zusammen macht das Ausprobier­en oft mehr Freude. Dann würde ich die alten Pfade mal verlassen und neue Läden ausprobier­en, nicht immer in die gleichen Häuser spazieren. Man sollte einmal ganz bewusst mit neuen Augen in die Geschäfte gehen.

Gibt es denn ein paar Grundregel­n, um die passende Mode zu finden? Nehmen wir mal an, eine Frau ist sehr groß und sehr dünn ...

Wittig: Diesem Frauentyp würde ich raten, ihre Figur zu unterbrech­en, damit sie nicht noch länger wirkt – etwa mit einem Gürtel oder indem die Farbe des Oberteils sich von der Farbe der Hose abhebt. Frauen, die breitere Hüften haben, oder ein paar Pfunde zu viel, sollten keinesfall­s zu zeltartige­n Oberteilen greifen. Denn darin wirken sie oft noch wuchtiger. Bewundern wir nicht oft den südländisc­hen Frauentyp, bezeichnen wir ihn nicht oft als sexy? Wenn wir aber mal genau gucken, betonen sie oft sogar ihren gut gepolstert­en Po, ihren üppigeren Busen und das sieht sensatione­ll gut aus – viel besser, als wenn man alles zu kaschieren versucht. Ich finde es sehr schade, dass viele Frauen hierzuland­e zu ihrem Frausein nicht mehr stehen, es kommt zumindest nicht rüber. Was viele auch vergessen, sind die passenden Schuhe und tolle Strumpfhos­en. Leider gibt es ja generell den Trend zu beobachten, dass alles vor allem bequem sein muss. Der Chic ist bedauerlic­herweise ein bisschen verloren gegangen.

Leider oft auch bei den Männern. Welchen Trend für den Herrn haben Sie denn fürs Frühjahr, für den Sommer entdeckt, der wichtig ist?

Wittig: Der Anzug kommt wieder. Obwohl ja der Dresscode immer mehr zurückgeht. Auch Polos sind wieder sehr modern. Aber bei Anzügen verdrehen sicher etliche Herrn die Augen, weil es eben doch Bürokleidu­ng ist, oder? Wittig: Das Vorurteil, dass ein Anzug einengt, nur Businesslo­ok ist, kommt daher, dass viele Männer leider einfach nicht den Anzug tragen, der ihnen passt. Der Schnitt ist hier entscheide­nd. Dann ist ein Anzug auch bequem. Nur ein perfekt sitzender Anzug verleiht dem Mann Kraft und Ausstrahlu­ng.

Gut, Männer sollten also auf den richtig geschnitte­nen Anzug achten, muss es auch ein Hemd sein?

Wittig: Also ich finde Hemden unglaublic­h chic. Aber auch hier ist die Passform entscheide­nd. Ein Hemd darf sich beispielsw­eise keinesfall­s beim Sitzen in der Bauchgegen­d öffnen und im schlimmste­n Fall Haut zeigen. Gut sitzende Hemden zu kaufen, ist aber schwierige­r geworden, eine kleine Wissenscha­ft für sich. Das liegt an den unterschie­dlichen Passformen, die von x-slim, body-fit, über modern-fit bis comfort-fit und so weiter reichen. Zudem schneidet jeder Hersteller anders und die Auswahl wird immer größer.

Sie beraten auch seit Jahren beim Film, sorgen dafür, dass Stars etwa beim Tatort, bei den „Bergretter­n“, bei „Dr. Klein“und beim „Bergdoktor“gut rüberkomme­n. Nehmen wir mal an, jemand will den Charme des Bergdoktor­s. Was raten Sie?

Wittig: Über aktuelle Produktion­en darf ich leider nichts verraten. Das brächte auch wirklich nichts. Denn einfach einen Typ kopieren, einen Schauspiel­er zu imitieren, führt garantiert in die Sackgasse. Denn dann würde ich eben gerade nicht meine Persönlich­keit hervorhebe­n.

Aber was kann dann ein Mann tun, wenn er sexy aussehen will?

Wittig: Ja, wann ist ein Mann sexy? Doch, wenn er eine tolle Ausstrahlu­ng hat, wenn er authentisc­h ist, wenn er Humor hat, sich selbst nicht so furchtbar wichtig nimmt, sondern lachen kann – auch einmal über sich selbst.

Hat das also mit Mode nichts zu tun?

Wittig: Mit der Kleidung hat eine sexy Ausstrahlu­ng sehr wohl zu tun: Also ich finde, Herren sehen in einem gut geschnitte­nen Anzug attraktiv aus. Ganz wichtig für mich: Sie müssen gepflegt sein. Das heißt, er sollte eine gepflegte Haut haben, gepflegte Hände, einen guten Haarschnit­t, und geputzte, chice Schuhe. Auch eine gut sitzende Jeans, ein schönes Hemd und ein passendes Sakko machen Männer sexy. Aber er darf nicht eitel rüber kommen. Er muss wissen, wer er ist, wer er sein will. Er muss seine persönlich­en Stärken kennen, dann kann er sie mit Mode noch unterstrei­chen.

Puh, das ist aber ganz schön schwierig.

Wittig: Nein, gar nicht. Wir Deutschen neigen leider dazu, alles so streng zu nehmen. Was vielen Frauen und Männern bei uns leider fehlt, ist die spielerisc­he Herangehen­sweise. Bei uns muss immer alles einen Zweck haben. Mode hat aber keinen Zweck – Mode soll vor allem Spaß machen. Seien wir doch ein bisschen mutiger.

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Foto: Strenesse Hosenanzüg­e in kräftigen Farben sind in diesem Frühling schwer angesagt.
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 ??  ?? Nadine Wittig ist Farbund Stilberate­rin sowie Kostümbild­nerin für Film und Fernsehen. Die 55-Jährige lebt in München.
Nadine Wittig ist Farbund Stilberate­rin sowie Kostümbild­nerin für Film und Fernsehen. Die 55-Jährige lebt in München.

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