Mindelheimer Zeitung

Gehen im Braustadel die Lichter aus?

Nach zwölf Jahren macht Tscharlie Hemmer im April Schluss. Ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht

- VON MARIA SCHMID

Das Dutzend ist voll. Zwölf Jahre sind es nun, die Tscharlie Hemmer den Braustadel in Rammingen zu einem der beliebtest­en Kabarettbü­hnen, zum idealen Lachtempel im Unterallgä­u machte. Nun sollen sich die Türen schließen, die Klapp-Gartenstüh­le und Tische aufgeräumt werden, die Bühne nicht mehr für die Größen der Bayerische­n und Schwäbisch­en Kabarett-Künstler zur Verfügung stehen? Das wird nicht nur die jeweils 150 Gäste sehr traurig stimmen. 60 Stammgäste konnten in jedem Jahr kaum das neue Programm erwarten, bis die Saison startete. Tscharlie Hemmer schaffte es, immer wieder auf der Homepage schreiben zu

„Lieber Tscharlie, mit Begeisteru­ng und fast Enthusiasm­us grüßt Dich nach dem Spektakel Dein Gerhard Polt“ Widmung von Gerhard Polt in seinem Buch „Gerhard Polt und auch sonst“

müssen „Ausverkauf­t“. Künstler, die große Häuser und Bühnen gewohnt sind, gaben sich die Klinken in die Hand. Tscharlie fragte an und sie kamen sehr gerne, genossen den nahen Kontakt mit dem begeistert­en Publikum. Toni Lauerer sagte schon bei seinem zweiten Auftritt im Braustadel: „Tscharlie, ich komme heim.“Aus dem Programmge­stalter Tscharlie Hemmer und dem Künstler entwickelt­e sich eine Freundscha­ft. Ist Toni Lauerer auf der Durchreise zu einem Auftritt, so übernachte­t er bei seinen Freunden Tscharlie und Gerda Hemmer. Wie hat Tscharlie Hemmer es geschafft, Größen wie Gerhard Polt und viele andere (siehe eigenen Bericht) nach Rammingen zu holen? Er sagt: „Ich hatte Glück, ein tolles Team und habe alles mit Herzblut gemacht.“Ja, auf sein Team konnte er sich immer verlassen. Dazu gehören nicht nur seine Frau Gerda und seine Schwester Inge Hemmer-Hagg. Da zählt er vor allem auch den Wirt Martin Ledermann, die Service-Kräfte Fanny, Resi, Manu, Nadine und Andrea. Übrigens, Martin Ledermann sei ein Lebensküns­tler. Einmal fuhr er von Mindelheim mit der Transsibir­ischen Eisenbahn bis nach Peking und war mal eben ein halbes Jahr weg. Immer kompe- tent und freundlich seien alle TeamMitgli­eder, auch beim DVD-Drehen oder dem Aufhalten der Türe für die Gäste. Ganz besonders hebt Tscharlie Hemmer Heinz Bollmann hervor. Er kommt aus München und kümmerte sich um die perfekte Tontechnik. Und das in all den Jahren ohne jemals einen falschen Ton zuzulassen. Er sagte nicht „Ich brauche das“. Er sagte: „Wir brauchen das.“Heinz Bollmann sei von Anfang an mit im Boot gewesen, damals, als die Couplet AG mit Jürgen Kirner, die erste überregion­al bekannte Gruppe im Braustadel auftrat. Apropos Anfang: Der erste auf der damals mehr als einfachen kleinen Paletten-Bühne war der „Broadway Joe“. Josef Haberstock aus den heimatlich­en schwäbisch­en Gefilden, der Allgäuer MundartKab­arettist, gehörte immer wieder zum Programm im Braustadel. Ja, und der Zither-Manä, der im nächsten Jahr auf 40 Jahre zurückblic­ken kann. Außerdem gehörten immer wieder Marc & Simon dazu, die zu echten Freunden wurden. Ja, Tscharlie Hemmer denkt auch an die Weihnachts­veranstalt­ungen, wozu besonders die Gruppe Anima Canta gehört hat oder wie im vergangene­n Advent Monika Baumgartne­r mit den Wellküren, den Schwestern Burgi, Bärbi, Moni und ihrem Bruder Stofferl Well. Da ist vor allem auch Michael Well zu erwähnen. Er vermittelt­e Gerhard Polt, so dass der Meister des Kabaretts gleich zweimal nach Rammingen in den Braustadel kam. Und ist Tscharlie Hemmer einmal bei dem Künstler im Backstage, dann wird er persönlich von seinem „KabarettGo­tt“begrüßt. Dass die Harmonie zwischen Tscharlie und den Künstlern einfach stimmt, zeigt die Widmung von Gerhard Polt in seinem Buch „Gerhard Polt und auch sonst“: „Lieber Tscharlie, mit Begeisteru­ng und fast Enthusiasm­us, grüßt Dich nach dem Spektakel Dein Polt Gerhard.“Für Tscharlie Hemmer die schönste Erinnerung, so auch die Bücher mit Widmungen von Toni Lauerer und Helmut Binser. Tscharlie Hemmers Wunsch ist es, einen Nachfolger für sich zu finden und eine neue Kassendame, die dann den Job seiner Frau Gerda macht. Er ist bereit, die Verbindung­en zu den Agenturen und Künstlern weiter aufrecht zu erhalten und seine Erfahrunge­n zur Verfügung zu stellen. Die Vorbereitu­ngen für den Abschied begannen bereits 2017. Er sagt, er sei nun 69 Jahre alt und möchte die Verantwort­ung für den Braustadel in andere Hände geben und betont: „Im äußersten Notfall bin ich auch bereit einzusprin­gen.“Die eigentlich­en Abschieds-Vorstellun­gen finden an diesem Wochenende statt. Da kommt Toni Bartl von der Kaiserschm­arrn-Alm mit „Knedl & Kraut“gleich zweimal mit einer „Bayerische Weltreise“, am Samstagabe­nd um 20.00 Uhr und die Zusatzvors­tellung am Sonntagabe­nd um 18 Uhr (beide Veranstalt­ungen sind ausverkauf­t). Die letzte Vorstellun­g unter der Regie von Tscharlie Hemmer ist am Samstag, 13. April, um 20 Uhr, mit dem Programm von Wulli Wullschläg­er und Sonja Tonn. Sie singen über ihr „Herzenslan­d“, Lieblingsl­ieder für Lieblingsm­enschen, und das mit Witz, Charme und Energie.

 ?? Foto: Maria Schmid ?? Tscharlie Hemmer machte den Ramminger Braustadel in den vergangene­n zwölf Jahren zu einem Fixpunkt für bayerische Kleinkunst und Kabarett. Im April soll nun der Vorhang fallen, wenn sich bis dahin kein geeigneter Nachfolger findet.
Foto: Maria Schmid Tscharlie Hemmer machte den Ramminger Braustadel in den vergangene­n zwölf Jahren zu einem Fixpunkt für bayerische Kleinkunst und Kabarett. Im April soll nun der Vorhang fallen, wenn sich bis dahin kein geeigneter Nachfolger findet.

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