Mindelheimer Zeitung

Steinbach gegen Deutschlan­d

Parteien Die Vorsitzend­e der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung klagt in Karlsruhe gegen Regierung und Bundestag

- VON STEFAN LANGE

Berlin Auch äußerlich hat sich Erika Steinbach an diesem Tag der AfD angepasst. Die 75-Jährige trägt einen blauen Blazer, der ganz gut die Farbe der Partei wiedergibt. Innerlich ist sie ohnehin eine Anhängerin der Alternativ­e für Deutschlan­d. Steinbach ist zwar kein Parteimitg­lied, aber eine Unterstütz­erin, und, was an diesem Montag wichtig ist: Sie ist Vorsitzend­e der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Die fühlt sich benachteil­igt, weil sie von Regierung und Bundestag kein Geld bekommt und klagt deswegen vor dem Bundesverf­assungsger­icht. Um das zu erklären, hat sich Steinbach die Bundespres­sekonferen­z ausgesucht. Im großen Saal finden sonst Regierungs­pressekonf­erenzen statt, für Steinbachs Auftritt sind ein gutes Dutzend Hauptstadt­journalist­en gekommen.

Steinbach, die mal ein Star der CDU war und Anfang 2017 austrat, weil ihr die Partei nicht mehr rechts genug stand, hat sich den Anwalt Ulrich Vosgerau mitgebrach­t. Er ist der Prozessbev­ollmächtig­te, aber eigentlich bräuchte Steinbach keinen Beistand. Wie so oft, ist sie sich selbst genug. Ihre Miene ist womöglich noch um einige Grad eisiger als das nasskalte Wetter draußen, als sie in wenigen Worten die Lage umreißt und eine Klage skizziert, an der Regierung und Bundestag womöglich ordentlich zu knabbern haben werden. Im Kern geht es darum, dass die nach Erasmus von Rotterdam benannte Stiftung für das abgelaufen­e Jahr 480000 Euro und für dieses Jahr 900000 Euro vom Staat haben möchte.

Steinbach ist daran gewöhnt, sich mit anderen anzulegen. Mit einzelnen Menschen oder gleich mit ganzen Ländern – sie macht da keinen Unterschie­d, solange sie sich nur im Recht glaubt. Als Vorsitzend­e des Bundes der Vertrieben­en und als CDU-Spitzenpol­itikerin sorgte sie immer wieder für diplomatis­che Verwicklun­gen, etwa durch ihre teils deftige Kritik an Polen.

Den Stiftungs-Job macht Steinbach ehrenamtli­ch, die Einrichtun­g fördert laut Eigendarst­ellung „die politische Bildungsar­beit und setzt sich für die demokratis­che Diskussion und Vermittlun­g konservati­ver, patriotisc­her und freiheitli­cher Werte und Ideen ein“. Das Programm unterschei­det sich scheinbar nicht von dem anderer parteinahe­r Stiftungen. Steinbach legt mehrfach den Finger in diese Wunde, es geht ihr letztendli­ch um die Frage, ob die AfD angesichts ihrer offensicht­lichen Rechtslast­igkeit anders behandelt werden darf als die anderen Bundestags­parteien. Die Frau im blauen Blazer zeichnet also das Bild einer Stiftung und einer AfD, die so normal seien wie alle anderen Parteien und deren Stiftungen auch. Nur beim Blick auf ihr TwitterPro­fil dämmert die Erkenntnis, dass da doch mehr Radikalitä­t ist als bei den Mitbewerbe­rn. Steinbach kritisiert die „staatskonf­ormen Medien“und outet sich als Fan des ungarische­n Rechtsausl­egers Viktor Orbán. Politiker der anderen Parteien stellt sie an den Pranger, beschwert sich aber, wenn das mit der AfD auch geschieht.

Steinbach hat zu vielem eine Meinung, wortkarg wird sie nur, wenn es um ihre alte politische Heimat geht. Ob sie sich von der CDU wieder angezogen fühle, seit diese von Annegret Kramp-Karrenbaue­r geführt werde? „Dazu möchte ich mich nicht äußern.“

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Archivfoto: dpa Erika Steinbach in Augsburg mit AfDChef Alexander Gauland.

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