Wo kommen nur all die Namen her?
Geschichte Für ein Pilotprojekt untersuchen zwei Wissenschaftler aus München 4000 schwäbische Ortsnamen
München Sprache, sagt Wolfgang Janka, habe ihn schon immer fasziniert. Wie sie sich über Jahrhunderte verändert habe, wie sie Siedlungsgeschichte rekonstruiere. All das spiegle sich in der Überlieferung alter Ortsnamen wider. Zusammen mit seinem Kollegen Alois Dicklberger, beide Wissenschaftler für die Kommission für Bayerische Landesgeschichte in München, untersucht Janka die Namen von 4000 Dörfern, Gemeinden und Städten in ganz Bayerisch-Schwaben. Die Ergebnisse tragen sie in einer mehrmedialen Datenbank zusammen, die in zwei Jahren online gehen soll. Für Bayerisch-Schwaben ist das ein Projekt mit Pilotcharakter.
Viele Ortsnamen entstehen nicht einfach so, sondern beruhen auf Geschichte oder Lage des Orts. Donauwörth zum Beispiel hatte für lange Zeit den Namen Werid, althochdeutsch für eine „Insel im Fluss“, bevor es im zwölften Jahrhundert zu Schwäbischwerde wurde. Etwa zur selben Zeit nannten Schwabmünchner ihre Heimat Mantechingen. Ein Ortstitel, der, wie viele andere mit derselben Endung, wohl auf eine Person zurückgeht.
Solche Erkenntnisse tragen die Wissenschaftler aus verschiedenen Quellen zusammen. Ein Vorteil sei, sagt Janka, dass ein Großteil der Daten bereits in Büchern wie dem Historischen Ortsnamenbuch vorliegt. Aufgabe der Forscher sei es nun, die Qualität dieser Informationen zu bewerten und daraus auszuwählen. Denn momentan sei die Datenlage noch zu umfangreich.
Nachdem das Wissenschaftsduo seine Arbeit im Dezember 2018 aufgenommen hat, wird die Datenbank in knapp zwei Jahren auf dem Internetportal Bavarikon erscheinen. Zwar könne man online bisher schon einiges über historische Ortsnamen erfahren. Wie Janka und Dicklberger aber betonen, seien diese Darstellungen oftmals überschaubar und eher laienhaft. Mit ihrer Publikation soll sich das ändern. Auf der Webseite von bavarikon.de wollen die Forscher erstmals für Bayerisch-Schwaben ein Angebot schaffen, das die Entwicklung von Ortsnamen für jeden zugänglich und nachvollziehbar macht – ohne dabei Wissenschaftlichkeit zu vernachlässigen. Während sich Janka auf die Daten konzentriert, begibt sich Dicklberger auf die Suche nach sogenannten Gewährspersonen. Als Repräsentanten des ursprünglichen Dialekts wüssten sie die alten Ortsnamen auszusprechen, erläutert Dicklberger. Eine authentische Aussprache zu bekommen sei wichtig, zumal der Wissenschaftler davon Aufnahmen anfertigt. Auch diese Dateien sollen online erscheinen. Dass er durch seine Arbeit mit Einheimischen in Kontakt kommt, schätzt Dicklberger sehr. Obwohl ihm, rein wissenschaftlich betrachtet, ältere Leute aus Landwirtschaft und Handwerk etwas lieber sind als Heimatforscher aus der Stadt. Perfekt ist nach Ansicht der Wissenschaftler eine etwa 70-jährige Bäuerin. Sie verfüge oft über eine noch gute Stimme, habe ihren Ort nur selten verlassen. „Ihr Dialekt hat sich anderen nicht angepasst“, erklärt Dicklberger.