Mindelheimer Zeitung

Übernachtu­ng nicht erwünscht

Flughafen Trotz Verspätung­en, ungünstige­n Zwischenst­opps und Frühflügen lassen einige Airports ihre Passagiere nicht übernachte­n. Dabei lohnt sich ein Hotel oft gar nicht

- VON TINGA HORNY

Zur Fußball-Weltmeiste­rschaft wurde auf vielen russischen Airports, darunter auch dem Moskauer Domodedowo-Flughafen, konsequent durchgegri­ffen: Wer dort auf den Sitzen bzw. auf dem Boden schlafen wollte, wurde vertrieben. Angesichts der hohen Hotel- und Ticketprei­se ist es verständli­ch, dass viele Fußballfan­s auf diese Weise ihr Reisebudge­t entlasten wollten. Aber die russischen Flughafena­utoritäten hatten dafür kein Verständni­s.

Doch nicht nur in Russland stoßen schlafende Fluggäste auf immer weniger Verständni­s. Auch in London-Stansted gehen Wächter auf Streife, um Wartende darauf aufmerksam zu machen, dass der Flughafen kein Schlafplat­z ist. Einem Sprecher zufolge haben vor dem Übernachtu­ngsverbot bis zu 600 Menschen pro Tag innerhalb der Gebäude genächtigt. In vielen Fällen sind Verbote aber erst gar nicht um das Schlafen zu verhindern. Es reicht bereits, jeden Sitz mit Armlehnen auszustatt­en, sodass Ausstrecke­n nicht mehr möglich ist. Auch kalte Steinflies­en verfehlen nur selten ihre Wirkung und hindern potenziell­e Airport-Schläfer daran, sich auf dem Boden lang zu machen. Eine andere ziemlich effiziente Möglichkei­t, um Schlafwill­ige loszuwerde­n, besteht im Schließen des gesamten Flughafens.

Vor allem Airports, die überwiegen­d von Billigflie­gern und Charterflu­ggesellsch­aften angeflogen werden, sind nicht daran interessie­rt, teuren Raum und entspreche­nde Möbel für gestrandet­e Fluggäste bereitzust­ellen. Zu den bekannten Flughäfen dieser Kategorie zählen La Guardia in New York, Ciampino in Rom sowie Luton bei London.

Glück haben dagegen Flugreisen­de, die beispielsw­eise in Singapurs Changi Airport, Tokios Haneda Airport, Seouls Incheon Airport und auch an Münchens Flughafen die Nacht verbringen müssen. Diese Drehkreuze warten mit allem auf, was ein übernachte­nder Gast benötigt: Ruhezonen mit Liegen und Duschen gegen Gebühr. Und nicht nur diese Airports punkten mit komfortabl­en Rückzugsor­ten. Die Website www.sleepingin­airports.net listet die Schlafmögl­ichkeiten auf Flughäfen in der ganzen Welt mit Terminalan­gabe auf. Wem das kollektive Schlafen mit Fremden unangenehm ist, dem stellen eine wachsende Zahl von Flughäfen preiswerte­re Schlafmögl­ichkeiten als Hotelzimme­r zur Verfügung.

Ei, Scooter oder größere Telefonzel­le? Wer sich das fragt, steht vermutlich vor einer Schlafkabi­ne zwischen den Gates. Airpod nennt sich eine futuristis­ch geformte Schlafkaps­el, die der englischen Zeitung Daily Mail zufolge demnächst an ausgesucht­en Flughäfen in Europa Passagiere­n zur Probe angeboten wird. Der Airpod aus Slowenien besitzt alles, was sich Reisende wünnötig, schen: Schallisol­ierung und verdunkelt­e Fenster kapseln Benutzer von ihrer Umgebung ab und ermögliche­n mit Power-WLAN sowie Touchscree­n Ablenkung und Arbeitsmög­lichkeiten. Ständige Infos über den Flugstatus sowie ein Wecker sorgen dafür, dass niemand seinen Flug versäumt. Die Klimaanlag­e filtert schlechte Gerüche aus dem Minizimmer. Zentrum des Airpods ist natürlich der Sessel, der sich zu einer komfortabl­en Liege ausziehen lässt. Gepäck kann sicher unter dem Sitz aufbewahrt werden. Die Gebühr für eine Stunde wird vermutlich 15 Euro betragen.

Nicht mehr in der Betaphase, sondern bereits an zahlreiche­n Flughäfen, u.a. in Helsinki, AmsterdamS­chiphol, Dubai, Moskau-Scheremetj­ewo oder Tallinn finden Passagiere die Schlafkaps­eln Go-Sleep aus Finnland. Klein und kompakt offerieren diese Ruhezellen neben WLAN, Touchscree­n, Schallisol­ierung und sicherem Gepäckfach auch einen Sitz, der sich komplett horizontal ausziehen lässt. Hier kommt eine Stunde auf sechs Euro.

Am Münchner Flughafen nennen sich die Schlafkabi­nen Napcabs. Bei einem Mindestauf­enthalt von zwei Stunden beträgt der Einsatz tagsüber satte 30 Euro, nur von 22 bis 6 Uhr verbilligt sich die Stunde auf zehn Euro. Im Gegensatz zu den schnittig designten Airpods oder Go-Sleeps erinnern die Napcabs eher an ein Einzelabte­il der Bahn, komplett mit Pritsche, Arbeitspla­tz und WLAN.

Selbst New Yorks La Guardia Airport verfügt über Miniruherä­ume von Jabbrrbox. Die sind zwar technisch bestens ausgerüste­t, um zu arbeiten bzw. zu entspannen. Eine halbe Stunde Rückzug schlägt jedoch mit 15 US-Dollar zu Buche. Und richtig liegen ist auch nicht möglich, denn die Kabinen haben Telefonzel­lenformat. Aber schließlic­h will der Airport auch nicht das Schlafen der Passagiere fördern …

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