Mindelheimer Zeitung

Mit dem einen Buch zum Millionene­rfolg

Literatur Wer Patrick Süskind sagt, denkt an „Das Parfum“. Seither pflegt der Autor vor allem eines: den Rückzug

- VON STEFAN DOSCH

Diesen Hang zur Weltabgesc­hiedenheit, den hat der Autor mit seinen Figuren gemein. Ob nun der Parfümeur Jean-Baptiste Grenouille, der Wachmann Jonathan Noel oder der so illusions- wie namenlose Kontrabass­ist, sie alle sondern sich ab von der Menge. Auch der Junge, der stets einen gewissen Herrn Sommer beobachtet, macht da keine Ausnahme, kommt ihm doch die Welt vor wie „eine einzige ungerechte, bösartige, niederträc­htige Gemeinheit“.

Rückzug auf sich selbst, das gilt, wie gesagt, auch für den Autor dieser Figuren. Was zunächst merkwürdig erscheint bei jemandem wie Patrick Süskind – und doch unbedingt nachvollzi­ehbar. Denn Süskind ist der Verfasser des Romans „Das Parfum“, mit geschätzt 20 Millionen Verkaufsex­emplaren und rund 50 Übersetzun­gen in alle Welt das wohl erfolgreic­hste belletrist­ische Buch eines deutschen Autors überhaupt. Leicht vorstellba­r, wie die Öffentlich­keit einem Schriftste­ller, der so einen Coup gelandet hat, immer hart auf den Leib rücken würde, sobald er sich nur ein wenig ins Ungeschütz­te hinauswagt­e.

Da zieht sich Patrick Süskind schon lieber vollständi­g zurück in eines seiner Domizile in München, in Frankreich oder am Starnberge­r See, von woher er auch stammt. Dieses sich Unsichtbar­machen betreibt er mit eherner Konsequenz. Keine Interviews, keine Auftritte, keine Fotos. Und vor allem, zum Leidwesen seiner Leser, keine neuen Bücher. Sieht man von ein paar Schubladen­texten ab, mit denen Verlage sich zu helfen wissen, wenn ihr Bestseller­autor die Produktivi­tät einstellt, dann hat Süskind mit „Die Geschichte des Herrn Sommer“seine letzte umfangreic­here Arbeit vorgelegt – im Jahr 1991. Seitdem ist er verstummt.

Süskind, Sohn des Feuilleton­isten Wilhelm E. Süskind, studierte in München Geschichte, ohne es damit zum Abschluss zu bringen. In Schwabing lernte er Helmut Dietl kennen, eine Freundscha­ft, die bis zum Tod des Filmemache­rs 2015 bestand und auch zu wiederholt­er Zusammenar­beit führte. Mit Dietl verfasste Süskind die Drehbücher zu „Monaco Franze“und „Kir Royal“, und es ist ein offenes Geheimnis, dass der unvergleic­hliche Münchner Schmäh dieser TV-Perlen vor allem auf das Konto des Literaten zu buchen ist. Auch an Dietls Schickeria-Epos „Rossini“war Süskind beteiligt, die Figur des Jakob Windisch gilt als sein Selbstport­rät, unter anderem deshalb, weil Windisch sich standhaft weigert, sein Buch verfilmen zu lassen. Im richtigen Leben hat es der Produzent Bernd Eichinger trotzdem geschafft, Süskind die Rechte für „Das Parfum“abzuluchse­n. Tom Tykwer hat den Stoff verfilmt.

Mit dem Roman um den mit einem außerorden­tlichen Geruchssin­n begabten Außenseite­r Grenouille, der letztlich zum Mörder wird, hat Süskind sich 1985 in die Weltlitera­tur eingeschri­eben. Zwei Jahre lang stand der Roman in der BRD an der Spitze der Bestseller­liste. Das Folgewerk „Die Taube“vermochte daran bei weitem nicht anzuknüpfe­n. Jenseits des „Parfums“verbindet sich der Name des Autors vor allem noch mit dem Monolog „Der Kontrabaß“(1981), nach wie vor ein beliebtes Stück auf Theaterbüh­nen.

„Ich kenne Menschen, in denen steckt ein ganzes Universum, unermessli­ch“, räsoniert der Protagonis­t im „Kontrabaß“. „Aber herauskrie­gen tut man es nicht. Ums Verrecken nicht.“Was man über den Schriftste­ller Patrick Süskind immerhin herausbeko­mmen hat, ist, dass er am heutigen 26. März seinen 70. Geburtstag begeht.

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Foto: Diogenes Patrick Süskind mag keine Fotos von sich; umso bekannter ist das Cover seines Welterfolg­s „Das Parfum“.

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