Fast 12 000 Stunden im Einsatz für die Mitmenschen
Versammlung Die Helfer des Roten Kreuzes werden immer häufiger gerufen. Die Anspruchshaltung wächst
Mindelheim Das Rote Kreuz scheint eigentlich so gar nicht in unsere Zeit zu passen, in der Erfolg nahezu ausschließlich an Wirtschaftlichkeit und Profit gemessen wird. Zwar kennt jeder die auffallend uniformierten Sanitäter – etwa bei Veranstaltungen – die zur Blutspende aufrufenden Transparente und die Rettungswagen mit Blaulicht, aber jenseits dieser als selbstverständlich hingenommenen „unentgeltlichen Dienstleistungen“wird das Bayerische Rote Kreuz von vielen als ebenso betagt wie wenig prickelnd empfunden. Doch eine Innenansicht, wie bei der Jahresversammlung offenbart ein anderes, dynamisches Bild der althergebrachten Institution. Da ist etwa Thomas Müller, ursprünglich gelernter Automechaniker, dem Ölwechsel und Wartungsarbeiten in den 1990er Jahren zu öd wurden, nachdem er eher zufällig mit dem Roten Kreuz in Berührung gekommen war. Hier konnte er mühelos Berufung und Sinn für seinen Einsatz ausmachen. Und so wuchs er über die zunächst ehrenamtliche Tätigkeit in den Beruf des Rettungsassistenten hinein. In dieser Funktion ist er gewissermaßen direkt an der Front, wenn es um die Rettung von Menschenleben und die Versorgung von Verletzten geht. Diese Aufgabe ist für ihn nicht belastende Herausforderung, sondern macht ihm auch nach Jahren unverändert Spaß. Das ist seinen bildhaften Schilderungen der unterschiedlichsten Einsätze zu entnehmen. Bis zu vierzig kommen an manchen Tagen rund um die Uhr zusammen. Dabei habe sich die Anspruchshaltung der Notfall-Anrufer über die Jahre gravierend geändert, so Müller. Habe man während der ersten Jahre im Bereitschaftsdienst noch die ein oder andere Stunde Schlaf finden können, so sei die Hemmschwelle, den Notdienst zu verständigen, inzwischen rapide gesunken. Selbst Magenverstimmungen ließen manche nicht zögern anzurufen. Zugleich habe das Risiko zugenommen, von unvermittelt aggressiv reagierenden Patienten attackiert zu werden.
Der Umgang mit solchen Situationen sei neuerdings Bestandteil der Fortbildung. Überhaupt sei das berufliche Profil zum „Notfallsanitäter“ aufgewertet worden, eine Qualifikation, die eine dreijährige Ausbildung voraussetze. Die Folge in der gegenwärtigen Übergangsphase seien schwer zu schließende Lücken beim Personal, weshalb man auch verstärkt für die Ausbildung zum Notfallsanitäter werbe.
„Nachwuchssorgen hat die Bereitschaft in Mindelheim und Bad Wörishofen bei den Ehrenamtlichen nicht“, erklärt Julian Leichtle. Die Mitgliederzahl liegt stabil bei gut 80. Auch heuer könne man sich über drei neue Anwärter freuen. Beeindruckt zeigte sich Bürgermeister Stephan Winter, der auch für den Landkreis Grußworte an die Versammlung richtete, angesichts von insgesamt 11 729 Stunden persönlicher Freizeit, die die Ehrenamtlichen im Dienst für die Mitmenschen aufgebracht hatten.
Dabei handelt man nach der Devise: Jeder nach seinen Fähigkeiten. So gehörten neben den Kernaufgaben Rettungs-, Sanitätsdienst und der Aus- und Fortbildung auch der Blutspendedienst und der RotKreuz-Laden zu den vielfältigen Tätigkeitsfeldern.
Sehr aktiv ist auch der Frauenarbeitskreis mit insgesamt 76 Mitgliedern in Mindelheim, Dirlewang und Kirchheim, der sich intensiv um die Betreuung von Senioren kümmert und zahlreiche unterhaltsame Veranstaltungen organisiert. Darunter sind Sing-, Tanz- und Handarbeitsgruppen, sogar Faschingsauftritte stehen jedes Jahr auf dem Programm. Vertreten auf der Jahreshauptversammlung waren auch die Wasserwacht, die Polizei und die Feuerwehr, deren Vertreter sich für die vorbildliche Zusammenarbeit mit den Kollegen der BRK-Bereitschaft bedankten.