Mitbegründer der Schneider-Werke ist tot
Nachruf Bernhard Schneider starb im Alter von 84 Jahren. Er war einer der Pioniere der Unterhaltungselektronik und des PC-Zeitalters
Türkheim Die Gemeinde Türkheim trauert um eine herausragende Unternehmerpersönlichkeit, die in der Wertachgemeinde und im ganzen Unterallgäu prägende Spuren als Unternehmer und Mensch hinterlassen hat: Bernhard Schneider, Mitbegründer der Schneider-Werke in Türkheim, ist vor wenigen Tagen im Alter von 84 Jahren gestorben. Die Beisetzung fand am vergangenen Freitag auf Wunsch des Verstorbenen im engsten Kreis in Türkheim statt. Bernhard Schneider war Zeit seines Lebens keiner, der sich ans Licht der Öffentlichkeit drängte. Bis zuletzt lebte er zurückgezogen im Kreise seiner Familie, die ihm immer das Wichtigste war.
Menschen, die Bernhard Schneider kennengelernt hatten, beschreiben ihn als absoluten Familienmensch. Und genau so habe er gemeinsam mit seinem Bruder Albert auch das Unternehmen geführt: Wie eine Familie.
Bis ins Jahr 1859 geht die Firmengeschichte der Schneider-Rundfunkwerke AG zurück. Sie begann, als Felix Schneider in Türkheim Holzwaschmaschinen fertigte. Der Zufall half den Schneiders, die anfänglich mit 40 Mitarbeitern in Eppishausen mit der Fertigung von Kleiderspinden für die Bundeswehr und Holzgehäusen für Musiktruhen ihr Geld verdienten und 1960 nach Türkheim umsiedelten. Auf die Produktion von Unterhaltungselektronik stellte die Firma unter Seniorchef Leo Schneider 1965 um.
Als anno 1972 die alteingesessene Radiofabrik „Emud“dichtmachte und kurz darauf der Büromaschinenhersteller „Walther“Konkurs anmeldete und die Fabriktore schloss, griffen die Gebrüder Schneider kurz entschlossen zu und erwarben eine funktionsfähige Radiofabrik.
Die Schneiders hatten von Anfang an ein Gespür für die Wünsche breiter Käuferschichten. Sie setzten auf preiswerte Kompaktanlagen, in denen Platten, und CD-Spieler, wie auch Radioempfänger und Verstärker integriert waren.
Die Brüder hatten die SchneiderWerke bis in die 1990er-Jahre zu einem deutschen Vorzeigeunternehmen ausgebaut und zu einem Unternehmen mit Weltruf geformt. Legendär sind einige Produkte, die in kaum einem deutschen Wohnzimmer fehlen durften: Die Musikvitrine mit Plattenwechsler aus den 1960er-Jahren, das „Schneider-Powerpack“setzte als HiFi-Anlage in den 1970er-Jahren sowohl bei Design wie auch beim Preis Maßstäbe.
Der erste Schneider-Fernseher von 1983 gilt bis heute als die „deutsche Antwort auf asiatische Billigimporte“. Auch im damals noch völlig neuen Markt der Heimcomputer setzte Schneider im Jahr 1984 mit dem Amstrad CPC646 ein Ausrufezeichen, das dem Commodore 64 ernstzunehmende Konkurrenz machte. Ende der 1980er-Jahre war es dann der Schneider Euro-PC, der mit einem Preis von 1300 D-Mark erstmals auch breite Käuferschichten erreichte.
Bernhard Schneider und sein Bruder Albert waren Visionäre, wie es sie selbst im erfinderischen Deutschland nur ganz wenige gab. Ein Beweis dafür: Der Schneider„Ökovision“war das erste TV-Gerät, das voll recyclebar war – und das schon im Jahr 1992. Schritt für Schritt wuchsen die SchneiderWerke in aller Stille zu einem der größten Arbeitgeber in der Region. Bis zu 850 Mitarbeiter fanden in der Blütezeit des Unternehmens hier einen Arbeitsplatz.
Auf dem Höhepunkt des unternehmerischen Erfolges zogen sich die Brüder aus der Geschäftsführung zurück. Große Hoffnungen setzte das Unternehmen in die Laser-TV-Technik, die aber nie verwirklicht werden konnten.
Dann ging alles rasant bergab: Die SchneiderWerke konnten bei der Entwicklung der Computertechnik nicht mehr mithalten. Bernhard und Albert Schneider mussten, nachdem sie den Sprung an die Börse und an die Spitze der bundesdeutschen HiFi-Gerätehersteller geschafft hatten, 2002 Insolvenz anmelden und ihre Markenrechte an den chinesischen Elektronikkonzern „TCL“verkaufen. Der verleibte sich 2004 auch die französischen Thomson-Werke ein und avancierte mit dem komplett übernommenen „Joint Venture TCL Thomsons Electronics (TTE)“zu einem der weltweit größten Hersteller von TV-Geräten. Auch die Chinesen stellten Ende 2005 die Produktion ein. Auf dem Firmengelände entstand später der Businesspark A 96 der Finsterwalder Transport&Logistik.
Das Aus für ihr Unternehmen war für beide Brüder auch ein schwerer persönlicher Schlag. Vor allem ging Bernhard Schneider das Schicksal seiner Mitarbeiter zu Herzen, denen er sich stets verpflichtet gefühlt hatte. Finanziell soll der Untergang der Schneider-Werke auch die ehemaligen Aktienmilliardäre schwer getroffen haben: Nach dem Kurssturz des Schneider-Papiers waren die Aktienpakete nicht mehr viel wert.