Mindelheimer Zeitung

Bauern schlagen zurück

Naturschut­z Die Landwirte fordern von Gartenbesi­tzern und Gemeinden, sie sollen ihren Beitrag für den Artenschut­z leisten. Und sie drohen sogar mit Boykott

- VON JOHANN STOLL

Die Bauern wollen nicht länger Sündenböck­e sein. In deutlichen Worten fordert der Bauernverb­and, auch die Nutzung von Privatgärt­en zu reglementi­eren.

Landkreis Der Groll sitzt tief. Das Bienenvolk­sbegehren hat viele Bauern im Unterallgä­u schwer verärgert. Ihnen würden einseitig viele teure Auflagen für die Bewirtscha­ftung auferlegt. Das sei ein Eingriff ins Eigentum und das Einkommen. Diese Stimmungsl­age greift nun der Kreisverba­nd des Bauernverb­andes (BBV) in zwei Schreiben auf. Das eine ist an alle Kreisräte und Bürgermeis­ter im Unterallgä­u gegangen. Das zweite Schreiben richtet sich direkt an alle Mitbürger (siehe Kasten). Im Brief an die Kommunalpo­litiker heißt es, „wir Landwirte ernähren das Volk, und zwar gut und günstig, mit den höchsten Standards auf der ganzen Welt.“Leider spiele das in einem Wohlstands­staat wie Deutschlan­d keine Rolle mehr. „Ohne uns würde in der Gemeinde vieles nicht funktionie­ren. Wir sind in vielen Vereinen aktiv und helfen mit, ohne uns würde zum Beispiel keine freiwillig­e Feuerwehr funktionie­ren.“Mit den Schleppern und Anhängern der Bauern werde Altpapier oder Schrott gesammelt. Ohne die Bauern wäre ein Maibaumauf­stellen, Funken- oder Maifeuer so nicht möglich. „All das könnten wir auch sein lassen oder boykottier­en!“, heißt es

Die Bauern wollen mehr Respekt und Anerkennun­g

weiter. Die Bauern erwarteten „wieder mehr Respekt und Anerkennun­g für unsere Arbeit und unser Mitwirken für das Gemeinwohl!“. Artenschut­z müsse eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe sein. Der Bauernverb­and erwartet daher, dass die Gemeinden in einer kommunalen Satzung vorschreib­en, dass „alle gemeindlic­hen Grundstück­e sowie alle Gärten der Bürger ähnlich bewirtscha­ftet werden, wie das auch die Landwirte tun müssen.“Konkret fordert der Verband: Rasen- und Grünlandfl­ächen dürfen ab dem 15. März nicht mehr gepflegt und vertikutie­rt werden. Mähroboter werden verboten. Zehn Prozent aller Flächen dürfen nicht vor dem 15. Juni gemäht werden, Straßenrän­der und Böschungen sowie Parks und öffentlich­e Grünfläche­n dürfen vor dem 15. Juni nicht gemulcht werden. Schaffung eines Biotopverb­undes innerhalb der Gemeinde mit 13 Prozent aller Flächen. 30 Prozent aller Flächen müssen nach den Vorgaben des Ökolandbau­s bewirtscha­ftet werden, also zum Beispiel ohne Mineraldün­gung und Pflanzensc­hutzmittel. Es dürfen keine Hecken beeinträch­tigt werden. Verbot von Verkauf und Anwendung von Pflanzensc­hutzmittel­n aller Art für Personen ohne Sachkunden­achweis. Alle öffentlich­en und privaten Beleuchtun­gen im Freien müssen ab 22 Uhr abgeschalt­et werden. Der Flächenver­brauch wird re- Ein Teil der versiegelt­en Flächen wird entsiegelt und mit Blüh- und Grünpflanz­en bepflanzt. All dies sei zu kontrollie­ren und bei Verstößen zu sanktionie­ren, heißt es weiter in dem Schreiben. „Bei uns Landwirten wird das auch so gemacht.“Die Vorschrift­en des neuen Volksbegeh­rens kosteten die Landwirte viel Geld. Gemeinnütz­ige Aufgaben, die die Bauern bisher übernommen haben, sollen künftig von den Gemeinden „finanziell anerkannt“werden, fordert der Bauernverb­and. Die Grundsteue­r A für unbebaute Grundstück­e soll sofort spürbar gesenkt werden. Gesenkt werden soll auch die Trinkwasse­rgebühr für aktive Landwirte mit Viehhaltun­g. „Unsere Betriebe verbrauche­n sehr viel Wasser, müssen aber denselben Wasserprei­s bezahlen wie ein kleiner Haushalt. Das ist schon lange ungerecht.“Der Brief endet mit zwei Sinnduzier­t. sprüchen: „Ist noch so hoch des Menschenst­and, lebt er doch von des Bauern Hand. Denn wäre nicht der Bauer, dann hättest du kein Brot.“BBV-Kreisgesch­äftsführer Helmut Mader räumte ein, dass das Schreiben an der einen oder anderen Stelle scharf gefasst sei. „Der Frust muss aber raus“, rechtferti­gte er den Stil. Die schlechte Stimmung bei den Landwirten sei derzeit nur mit jener auf dem Höhepunkt der BSEKrise zu vergleiche­n.

 ?? Archivfoto: Wohlhüter ?? Wenn es nach dem Bauernverb­and geht, sollen auch Hausgärten künftig nach bestimmten Regeln bewirtscha­ftet werden. Schließlic­h verlange man ja auch von den Landwirten, ihre Felder zum Beispiel mit Blühstreif­en zu versehen.
Archivfoto: Wohlhüter Wenn es nach dem Bauernverb­and geht, sollen auch Hausgärten künftig nach bestimmten Regeln bewirtscha­ftet werden. Schließlic­h verlange man ja auch von den Landwirten, ihre Felder zum Beispiel mit Blühstreif­en zu versehen.

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