Bauern schlagen zurück
Naturschutz Die Landwirte fordern von Gartenbesitzern und Gemeinden, sie sollen ihren Beitrag für den Artenschutz leisten. Und sie drohen sogar mit Boykott
Die Bauern wollen nicht länger Sündenböcke sein. In deutlichen Worten fordert der Bauernverband, auch die Nutzung von Privatgärten zu reglementieren.
Landkreis Der Groll sitzt tief. Das Bienenvolksbegehren hat viele Bauern im Unterallgäu schwer verärgert. Ihnen würden einseitig viele teure Auflagen für die Bewirtschaftung auferlegt. Das sei ein Eingriff ins Eigentum und das Einkommen. Diese Stimmungslage greift nun der Kreisverband des Bauernverbandes (BBV) in zwei Schreiben auf. Das eine ist an alle Kreisräte und Bürgermeister im Unterallgäu gegangen. Das zweite Schreiben richtet sich direkt an alle Mitbürger (siehe Kasten). Im Brief an die Kommunalpolitiker heißt es, „wir Landwirte ernähren das Volk, und zwar gut und günstig, mit den höchsten Standards auf der ganzen Welt.“Leider spiele das in einem Wohlstandsstaat wie Deutschland keine Rolle mehr. „Ohne uns würde in der Gemeinde vieles nicht funktionieren. Wir sind in vielen Vereinen aktiv und helfen mit, ohne uns würde zum Beispiel keine freiwillige Feuerwehr funktionieren.“Mit den Schleppern und Anhängern der Bauern werde Altpapier oder Schrott gesammelt. Ohne die Bauern wäre ein Maibaumaufstellen, Funken- oder Maifeuer so nicht möglich. „All das könnten wir auch sein lassen oder boykottieren!“, heißt es
Die Bauern wollen mehr Respekt und Anerkennung
weiter. Die Bauern erwarteten „wieder mehr Respekt und Anerkennung für unsere Arbeit und unser Mitwirken für das Gemeinwohl!“. Artenschutz müsse eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein. Der Bauernverband erwartet daher, dass die Gemeinden in einer kommunalen Satzung vorschreiben, dass „alle gemeindlichen Grundstücke sowie alle Gärten der Bürger ähnlich bewirtschaftet werden, wie das auch die Landwirte tun müssen.“Konkret fordert der Verband: Rasen- und Grünlandflächen dürfen ab dem 15. März nicht mehr gepflegt und vertikutiert werden. Mähroboter werden verboten. Zehn Prozent aller Flächen dürfen nicht vor dem 15. Juni gemäht werden, Straßenränder und Böschungen sowie Parks und öffentliche Grünflächen dürfen vor dem 15. Juni nicht gemulcht werden. Schaffung eines Biotopverbundes innerhalb der Gemeinde mit 13 Prozent aller Flächen. 30 Prozent aller Flächen müssen nach den Vorgaben des Ökolandbaus bewirtschaftet werden, also zum Beispiel ohne Mineraldüngung und Pflanzenschutzmittel. Es dürfen keine Hecken beeinträchtigt werden. Verbot von Verkauf und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln aller Art für Personen ohne Sachkundenachweis. Alle öffentlichen und privaten Beleuchtungen im Freien müssen ab 22 Uhr abgeschaltet werden. Der Flächenverbrauch wird re- Ein Teil der versiegelten Flächen wird entsiegelt und mit Blüh- und Grünpflanzen bepflanzt. All dies sei zu kontrollieren und bei Verstößen zu sanktionieren, heißt es weiter in dem Schreiben. „Bei uns Landwirten wird das auch so gemacht.“Die Vorschriften des neuen Volksbegehrens kosteten die Landwirte viel Geld. Gemeinnützige Aufgaben, die die Bauern bisher übernommen haben, sollen künftig von den Gemeinden „finanziell anerkannt“werden, fordert der Bauernverband. Die Grundsteuer A für unbebaute Grundstücke soll sofort spürbar gesenkt werden. Gesenkt werden soll auch die Trinkwassergebühr für aktive Landwirte mit Viehhaltung. „Unsere Betriebe verbrauchen sehr viel Wasser, müssen aber denselben Wasserpreis bezahlen wie ein kleiner Haushalt. Das ist schon lange ungerecht.“Der Brief endet mit zwei Sinnduziert. sprüchen: „Ist noch so hoch des Menschenstand, lebt er doch von des Bauern Hand. Denn wäre nicht der Bauer, dann hättest du kein Brot.“BBV-Kreisgeschäftsführer Helmut Mader räumte ein, dass das Schreiben an der einen oder anderen Stelle scharf gefasst sei. „Der Frust muss aber raus“, rechtfertigte er den Stil. Die schlechte Stimmung bei den Landwirten sei derzeit nur mit jener auf dem Höhepunkt der BSEKrise zu vergleichen.