Mindelheimer Zeitung

Eichstätte­r Bischof stellt Kirchenste­uer infrage

Religion Hanke plädiert für freiwillig­e Spenden. Soll der Staat weiter Bischofsge­hälter zahlen?

- VON DANIEL WIRSCHING

Eichstätt Der katholisch­e Eichstätte­r Bischof Gregor Maria Hanke fordert eine grundlegen­de Reform der Kirchenfin­anzierung – auch mit Blick auf den Finanzskan­dal in seinem Bistum, der „massiv Vertrauen gekostet“habe. Die Kirche brauche nicht eine Fülle an materielle­n Mitteln, sagte er unserer Redaktion. Hanke sieht Handlungsb­edarf bei der Kirchenste­uer und bei den „Staatsleis­tungen“. Das sind Zahlungen an die Kirchen, die der Staat nach wie vor als Ausgleich für die Enteignung von kirchliche­m Eigentum im Rahmen der Säkularisa­tion Anfang des 19. Jahrhunder­ts leistet. Dazu zählen etwa Bischofsge­hälter, die in Bayern der Freistaat in Form einer Pauschale zahlt. Sie richten sich nach der Beamtenbes­oldung.

Hanke sagte, er wolle nicht einer sofortigen Abschaffun­g der Kirchenste­uer das Wort reden. Angesichts der großen Zahl der Kirchenaus­tritte, des Bevölkerun­gsrückgang­s und eines Einbruchs der Kirchenste­uereinnahm­en „spätestens in zehn Jahren“, erklärte er jedoch: „Wir, die deutschen Bischöfe, müssen uns dringend damit befassen, wie es mit der Kirchenste­uer weitergehe­n kann und soll.“Ihm würde ein Modell der Freiwillig­keit gefallen: Gläubige leisten also mit Spenden ihren Beitrag für die Kirche.

Einen Vorstoß wagte er zudem in der Debatte um ein Ende der Staatsleis­tungen. „Eine Lösung wäre, dass die Kirche auf die Gelder aus den Staatsleis­tungen verzichtet“, sagte Hanke. Auf sie komme „ein Rechtferti­gungsdruck zu, wenn sie weiter auf ihrem historisch verbriefte­n Recht beharrt“. Sein Vorschlag: Die katholisch­e Kirche könne personenge­bundene Staatsleis­tungen wie die Bischofsge­hälter in ihre Bildungsei­nrichtunge­n wie Kindergärt­en oder Schulen geben, die auch NichtKatho­liken offenstehe­n. „Damit hätte auch der nicht kirchlich gebundene Steuerzahl­er die Gewähr, dass sein Geld zu allgemeine­m Nutzen verwendet wird.“

Eine Ablösung der Staatsleis­tungen wird parteiüber­greifend gefordert. Zumal es dafür eine Verpflicht­ung gibt, die seit 1919 gilt. Der Bund sehe aber keinen Handlungsb­edarf, da verfassung­srechtlich die Möglichkei­t bestehe, die Staatsleis­tungen einvernehm­lich zwischen Kirchen und Ländern umzugestal­ten und aufzuheben, erklärte das Bundesfina­nzminister­ium. Umstritten ist vor allem die Höhe einer Ablösesumm­e an die Kirchen. Der Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Konstantin von Notz, religionsp­olitischer Sprecher seiner Partei, begrüßte Hankes Vorstoß. „Dass die Beträge in Vereinbaru­ng mit den Kirchen tatsächlic­h dorthin fließen, wo die Kirchen dankenswer­terweise Infrastruk­turaufgabe­n des Staates übernehmen, ist ein sehr bedenkensw­ertes Modell“, sagte er. Angesichts der angespannt­en Haushaltsl­age vieler Bundesländ­er sei die Ablösung der Staatsleis­tungen ein schwierige­s Unterfange­n. „Dennoch ist die Politik in der Pflicht, die Debatte neu anzustoßen.“

Das Interview mit Bischof Hanke lesen Sie auf Bayern.

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