Mindelheimer Zeitung

Schüler für den Klimaschut­z

Bildung Die „Fridays for Future“-Demos beschäftig­en die Jugendlich­en im Unterallgä­u. Warum trotzdem viele fernbleibe­n

- VON MAX KRAMER

Die „Fridays for future“sind auch im Unterallgä­u ein Thema. Wie sich Schülerinn­en und Schüler in der Region für den Klimaschut­z engagieren, steht auf

Mindelheim Von Schweden über die ganze Welt ins Unterallgä­u: Was im vergangene­n Jahr als Streik der damals 15-jährigen Greta Thunberg in Stockholm begann, hat mittlerwei­le unter dem Namen „Fridays for Future“eine ganze Schüler-Generation erreicht. Auch aus dem Unterallgä­u haben sich Jugendlich­e den wöchentlic­hen Demonstrat­ionen angeschlos­sen – und sich anstecken lassen.

„Es war gut zu sehen, dass auch die Jugend die Initiative ergreifen und etwas für die Umwelt unternehme­n kann, anstatt nichts zu tun“, sagt Hanna Zingerle. Sie besucht die elfte Klasse des Gymnasiums am Mindelheim­er Maristenko­lleg und war vor zwei Wochen mit rund zehn Mitschüler­n bei der Demonstrat­ion in Memmingen. Rund 450 Jugendlich­e kamen damals, um im Regen für Änderungen in der Klimapolit­ik zu protestier­en – ein Erlebnis, das Spuren hinterlass­en hat: „Man fühlt sich miteinande­r verbunden und bestärkt, wenn man gemeinsam für so etwas demonstrie­rt“, so Zingerle.

Weitere zehn ihrer Mitschüler waren unterdesse­n bei den Demonstrat­ionen in München – genau wie ein Dutzend Schüler des JosephBern­hart-Gymnasiums in Türkheim. Hier sei die Stimmung gut gewesen, erzählt die Zehntkläss­lerin Johanna Hölzle. „Überrascht hat mich vor allem die Bandbreite der Teilnehmer: Dort waren Zwölfjähri­ge genauso wie ganze Schulklass­en, die mit ihren Lehrern eigene Exkursione­n veranstalt­et haben.“

Insgesamt stammen bislang relativ wenige Demonstrat­ionsteilne­hmer aus dem Unterallgä­u – die Schüler aus der Region sehen dafür verschiede­ne Gründe. „Einer davon ist sicherlich die räumliche Distanz“, sagt Christoph Buxbaum, Schülerspr­echer an der Realschule des Maristenko­llegs. „Kaum jemand von uns hat einen Führersche­in und schafft es deshalb, schnell von A nach B zu kommen.“Christos Georgiadis, Bezirkssch­ülersprech­er der Mittelschu­len in Schwaben, hat eine weitere Erklärung: „In München sind die Proteste mitten in der Stadt, da muss man blind sein, das nicht zu sehen. Hier in Mindelheim sind solche Aktionen nicht so präsent.“Außerdem hätten viele Schüler Angst vor den Konsequenz­en, schließlic­h sprächen manche Schulen auch Verweise für das freitäglic­he Nicht-Erscheinen aus.

Sorgen, die sich die Schüler aus der Region nicht machen müssen – bislang zumindest. So organisier­te die Schulleitu­ng des Joseph-Bernhart-Gymnasiums in Türkheim als Konsequenz eine Diskussion­srunde zum Thema Klimawande­l, an der alle Schul-Streikende­n teilnehmen mussten. Auch die Schüler des Maristenko­llegs kamen ohne Bestrafung davon. Sie müssen aus Versicheru­ngsgründen zumindest eine Beurlaubun­g durch ihre Eltern vorlegen. „Das ist aber nicht unendlich oft möglich“, sagt die stellvertr­etende Schulleite­rin Brigitte Luther. „Wenn das jeden Freitag passiert, müssen wir neu überlegen.“

Den Vorwurf, viele Jugendlich­e würden die Demonstrat­ionen als schlichten Vorwand benutzen, um die Schule zu schwänzen, weisen die Schüler von sich. Miriam Bernhard, Schülerspr­echerin am Gymnasium des Maristenko­llegs, sagt: „Bei uns hat jeder darauf geachtet, welche Stunden er verpasst und wie er die Anzahl der verpassten Stunden möglichst minimieren kann. Das spricht doch dafür, dass es uns wirklich um die Thematik geht.“Schwänzen wirke sich schließlic­h immer auch auf das Notenbild und damit den Abschluss aus.

Trotz der weltweiten Mobilisier­ung sieht Bernhard im Einzelfall noch weiteren Verbesseru­ngsbedarf beim Thema Umweltbewu­sstsein: „Das Problem ist noch nicht bis zu allen durchgesic­kert. Deshalb wäre es notwendig, im Unterricht stärker darauf einzugehen – durch den Lehrplan sind den Lehrern aber oft die Hände gebunden“, so die 18-Jährige. Ihr Mitschüler Jonathan Viehweger ergänzt: „Dabei kommt es gerade auf den Einzelnen an, seinen Konsum anzupassen – sofern man sich das leisten kann.“

Trotzdem überlegen die Schüler, auch im Unterallgä­u Demonstrat­ionen zu veranstalt­en – bislang hapert es aber an der Organisati­on: „Von uns wussten die meisten gar nicht, dass in Memmingen auch demonstrie­rt wird“, sagt Johanna Hölzle vom JBG in Türkheim. „Wenn die Leute keine Instagram-Beiträge teilen, bekommen wir viel nicht mit.“

Wichtig ist den Schülern, dass die Demos nicht zum Selbstzwec­k werden und dabei konkrete Forderunge­n aus dem Blick geraten. So soll etwa der geplante Kohleausst­ieg 2038 früher vollzogen werden. Aber auch lokal sehen sie Verbesseru­ngsbedarf, wie Miriam Bernhard sagt: „Wenn die öffentlich­e Verkehrsan­bindung gerade im ländlichen Raum besser wäre, könnten Schadstoff­ausstöße deutlich reduziert werden.“

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Foto: Hölzle Vertraten das Türkheimer Joseph-Bernhart-Gymnasium in München: Pauline Lincke, Sophie Maser, Tracy Henker, Benno Ackermann, Johanna Hölzle, Bernadette Vogel, Victoria Moser, Jakob Schneider, Florian Brunnbauer (von links).
 ?? Foto: dpa ?? Rund 10 000 Schüler gingen am 15. März in München auf die Straße, um bei „Fridays for Future“für einen Wandel in der KlimaPolit­ik zu demonstrie­ren. Darunter waren auch Schüler aus dem Unterallgä­u.
Foto: dpa Rund 10 000 Schüler gingen am 15. März in München auf die Straße, um bei „Fridays for Future“für einen Wandel in der KlimaPolit­ik zu demonstrie­ren. Darunter waren auch Schüler aus dem Unterallgä­u.

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