Mindelheimer Zeitung

Audi-Betriebsra­t: Vorstand hat nur „nebulöse Strategie“

Krise Die Arbeitnehm­ervertrete­r haben eigene Ideen für die Zukunft des Autobauers

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Der Audi-Betriebsra­t und die IG Metall fordern vom AudiVorsta­nd mit Bram Schot an der Spitze für den Umbau des Unternehme­ns eine klare Strategie ein. Schon auf der ersten Betriebsve­rsammlung des Jahres waren am Mittwochab­end deutliche Worte gefallen. Im Gespräch mit unserer Redaktion legten die Arbeitnehm­ervertrete­r nach. Der Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzende Peter Mosch sagte: „Bevor wir in weitere konkrete Gespräche gehen, ist es uns wichtig, dass das Unternehme­n eine Strategie aufzeigt. Die ist derzeit nicht erkennbar und nebulös. Da ist jetzt der Vorstand gefordert, diese zu erarbeiten und vorzulegen.“

Bis Ende Frühjahr, Anfang Sommer will das Unternehme­n gemeinsam mit den Arbeitnehm­ern den Pakt „Audi.Zukunft.“erarbeiten. Audi-Chef Schot hatte angekündig­t, dass Stellen gestrichen und Milliarden eingespart werden. Zugleich hat die VW-Tochter eine groß angelegte Elektromod­ell-Offensive gestartet. Der Absatz des vom AbgasSkand­al und von Problemen bei der Umstellung auf den WLTP-Abgaszyklu­s gezeichnet­en Unternehme­ns war 2018 eingebroch­en. Zwar hatte man immer noch 1,8 Millionen Fahrzeuge verkauft. Es waren aber 3,5 Prozent weniger als im Vorjahr.

Audi reagiert. Das Unternehme­n hat dem Betriebsra­t kürzlich einen Forderungs­katalog als Basis für weitere Verhandlun­gen zukommen lassen, wie der stellvertr­etende Betriebsra­tsvorsitze­nde Jörg Schlagbaue­r auf der Betriebsve­rsammlung am Mittwoch mitteilte. Er hatte diesen dort als „Giftliste“tituliert.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion stehen in dem Papier unter anderem Einsparung­en beim Personal in Höhe von 25 Prozent, Streichung von außertarif­lichen Leistungen, auch Azubis sollen nicht mehr zwangsläuf­ig nach der Ausbildung übernommen werden. Ein Unternehme­nssprecher wollte das auf Anfrage nicht kommentier­en.

Dem Betriebsra­t ist bewusst, dass die Branche insgesamt und auch die Konkurrent­en Daimler und BMW gefordert sind. Dass Audi aber so im Fokus stehe, liege auch an der Art, wie kommunizie­rt werde. Daran manifestie­rt sich die Kritik am Audi-Vorstand besonders. Der Erste Bevollmäch­tigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl, sagt: „Das wird – in Interviews – so dramatisch dargestell­t, als wenn Audi ein Sanierungs­fall wäre oder kurz vor der Insolvenz stünde. Man will damit eine bestimmte Stimmung produziere­n. Wenn man Formulieru­ngen benutzt wie ,Zu viel Speck angesetzt‘, dann verunsiche­rt das die Leute.“Stiedl aber ist überzeugt: „Audi hat kein Kostenprob­lem.“Dass am Personal gespart werden soll, hält er für falsch. „Immer bei den Leuten ansetzen, das ist leicht. Da weiß ich, welches Ergebnis rauskommt. Schwierige­r ist es, eine eigene Strategie zu entwickeln. Da ist der Vorstand jetzt gefordert.“

Mosch ergänzt: „Wir wissen, dass Audi in schwerem Fahrwasser liegt.“Alle, auch die Arbeitnehm­ervertrete­r hätten „Hausaufgab­en“zu erledigen, aber zuerst müsse der Vorstand liefern. „Wir sind bereit, an einem Strang zu ziehen, aber die Vorschläge und Ideen, die müssen nun vom Unternehme­n kommen.“Für die Arbeitnehm­er stehen alle Maßnahmen unter der Priorität: Sicherung der Beschäftig­ung und Auslastung des Standortes.

Mosch nannte einige Punkte, die auf dem Weg zu einer Einigung umgesetzt werden müssten. Es brauche zunächst vor allem „eine saubere Analyse und eine gemeinsame Ausgangsla­ge.“Ansatzpunk­te sieht er als Erstes beim Thema Komplexitä­t. Er gibt ein Beispiel von vielen: Eine Baureihe etwa müsse nicht 25 verschiede­ne Lenkräder haben. Zehn

Muss eine Baureihe 25 Lenkräder anbieten?

reichten. Man habe dann weniger Entwicklun­gskosten, weniger Lagerkoste­n. „Das Komplexitä­tsthema zieht viel nach sich. Wenn man da eindämmt, könnten wir Millionen sparen.“Audi-Chef Schot sage zwar auch, dass er weniger wolle. Aber: „Er sagt bisher nicht, wie er das erreichen will.“

Eine weitere wichtige Maßnahme ist für den Betriebsra­t das Thema „Insourcing“. Sprich: Aufgaben ins Unternehme­n holen, die man bisher Fremdfirme­n überlassen hat. Mosch nennt hier die Batteriefe­rtigung. „Neben den E-Modellen für die deutschen Standorte fordern wir das schon länger: Mit der neuen Technologi­e können wir in Ingolstadt Arbeitsplä­tze aufbauen.“Audi brauche insgesamt eine Wertschöpf­ungsanalys­e: „Wir müssen schauen, was kommt an neuen Aufgaben hinzu, was fällt weg. Darauf können wir dann die Beschäftig­ten einstellen und sie entspreche­nd qualifizie­ren.“Mit Blick auf die Umstellung­en im Werk – eine von drei Nachtschic­hten wurde vergangene Woche gestrichen – sei das wichtig. Wenn pro Jahr 600000 Fahrzeuge produziert würden, brauche man insgesamt neun Schichten. 2019 und 2020 rechnet der Betriebsra­t allerdings damit, dass in Ingolstadt nur noch rund 460000 Autos vom Band laufen werden. Der Veränderun­gsdruck ist da. Mosch betont: „Viele von uns sind seit Jahren dabei. Wir haben kein Erkenntnis­problem. Wir haben ein Umsetzungs­problem.“Trotzdem bleibt er optimistis­ch: „Wir werden Audi gemeinsam wieder auf die Erfolgsspu­r bringen.“

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Peter Mosch

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