Kollektive Hysterie
Zu „Verrückte Zeiten“(Die Dritte Seite) vom 27. März:
Die kollektive Hysterie um die „schreckliche“Zeitumstellung macht fassungslos. Jahrzehntelang hat sie niemandem wehgetan. Jetzt redet man sich gegenseitig in Rage über dieses „andauernde“(genauer gesagt: zweimal jährliche) Hin und Her. Wenn das so furchtbar ist, sollte man als Erstes Lustreisen über Zeitzonen hinweg einstellen. Und während nunmehr auf Stimmenfang befindliche Europapolitiker das Handwerk der Nörgler betreiben, zerstreiten sich diese umgehend untereinander über die Frage, welche der starren Zeiten zukünftig gelten soll.
Die einen räsonieren über die schrecklich dunklen Wintermorgen bei einer dauernden Sommerzeit. Die anderen klagen über die vergeudeten ultrafrühen Sonnenstunden und die frühere Dunkelheit im Sommer bei einheitlicher mitteleuropäischer Zeit. Nun – selbstverständlich und traurigerweise haben beide Seiten recht. Genau deswegen gibt es ja die Zeitumstellung. Wer sich wie ich an den Zugewinn an Lebensqualität durch Einführung der Zeitumstellung noch gut erinnern kann, fühlt sich durch den groben Unfug zukünftig um eben diese Lebensqualität betrogen. Wobei es im Übrigen die Menschen, die näher an den Rändern unserer Zeitzone leben, noch härter trifft.
Ralf Trost, Königsbrunn