Mindelheimer Zeitung

Scheuer plant Offensive für E-Autos

Der Verkehrsmi­nister will die Verbreitun­g privater Ladesäulen mit einer Milliarde Euro fördern. Die Frage ist, ob Finanzmini­ster Scholz dafür mehr Geld herausrück­en wird

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Berlin Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) will den Anteil von Elektroaut­os durch ein Förderprog­ramm für private Ladestatio­nen erhöhen – und fordert dazu für den Haushalt 2020 eine Milliarde Euro zusätzlich. „Wir wollen für die Bürger Ladepunkte und deren Einbau in der eigenen Garage zur Hälfte fördern. Dafür brauchen wir sofort eine Milliarde Euro. Das muss sich im Bundeshaus­halt abbilden“, sagte er der Bild am Sonntag.

Laut Ministeriu­m laden die Besitzer ihr E-Auto zwischen 75 und 85 Prozent zu Hause oder am Arbeitspla­tz. Deshalb soll der Staat beim Ausbau privater und gewerblich­er Ladestatio­nen bis zu 50 Prozent der Kosten übernehmen. Bisher ist ein großes Hemmnis für einen Durchbruch von E-Autos, dass es keine flächendec­kende Infrastruk­tur an Ladesäulen gibt. Massiv mehr E-Autos sind wichtig, damit Deutschlan­d seine Klimaziele im Verkehr 2030 erreichen kann. Scheuer hatte am Freitag als erste Maßnahme zum Klimaschut­z ein Gesetzespa­ket für die Ladeinfras­truktur angekündig­t. Die Grünen und der Bundesverb­and der Energieund Wasserwirt­schaft (BDEW) begrüßten Scheuers Ankündigun­g, verlangten aber weitere Schritte. Der Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer sagte: „Noch wichtiger als eine Förderung wäre, wenn die Bundesregi­erung endlich bürokratis­che Hemmnisse für Ladesäulen in Tiefgarage­n und Parkplätze­n beseitigt. Bauministe­r Seehofer ist bis heute nicht in der Lage, entspreche­nde EU-Vorgaben umzusetzen, die Mindestzah­len an Ladesäulen auf Parkplätze­n vorsehen.“

Der Vorsitzend­e der BDEWHauptg­eschäftsfü­hrung, Stefan Kapferer, forderte: „Damit die in Aussicht gestellten Fördergeld­er auch wirklich fließen können, muss sichergest­ellt werden, dass jeder Mieter und Wohnungsei­gentümer eine Ladesäule einbauen kann, wenn er es möchte und die Finanzieru­ng sicherstel­lt. Hier muss Bundesmini­sterin Barley endlich tätig werden: Das Miet- und Wohnungsei­gentumsrec­ht muss jetzt angepasst werden.“

Nach Ansicht der Grünen bräuchte Scheuer für seine Initiative auch kein zusätzlich­es Geld. „Es gibt im Verkehrsha­ushalt genug Möglichkei­ten, neue unsinnige Autobahnen oder teure ÖPP-Projekte zu streichen und das eingespart­e Geld für die Förderung von Ladestatio­nen umzuschich­ten“, sagte der haushaltsp­olitische Sprecher SvenChrist­ian Kindler.

ÖPP-Projekte sind Kooperatio­nen von Privatunte­rnehmen und Staat; in der Regel werden sie privat finanziert, der Staat zahlt für die Nutzung. Laut BDEW gab es Ende 2018 insgesamt über 16100 Ladepunkte in Deutschlan­d – davon zwölf Prozent Schnelllad­er. Das Wirtschaft­sministeri­um sprach von bundesweit etwa 8000 öffentlich­en Ladesäulen. Die Branche kämpfte zuletzt mit einer auf den ersten Blick unscheinba­ren Regeländer­ung: Ende März lief eine Übergangsf­rist ab – seit dem 1. April müssen die Ladesäulen formal dem Eichrecht entspreche­n. Das Problem soll zunächst mit einer Umrüstfris­t gelöst werden. Unklar ist auch, wie viele dieser Säulen nicht messrechts­konform sind.

Scheuer will in dieser Woche weitere verkehrspo­litische Akzente setzen. Dabei geht es um ein Testgebiet für automatisi­ertes und vernetztes Autofahren, das bis Ende des Jahres im Dreiländer­eck von Deutschlan­d, Luxemburg und Frankreich aufgebaut werden soll. Vier Verkehrsmi­nister, darunter Scheuer, werden an diesem Mittwoch im luxemburgi­schen Schengen die ersten Projekte vorstellen. Die Fahrzeuge sollen auf dem Straßennet­z von Merzig über Saarlouis und Saarbrücke­n nach Metz in Frankreich und weiter nach Luxemburg unterwegs sein. Bei den Tests sollen stets Menschen in den Autos mitfahren. Es geht darum, verschiede­ne Komponente­n beim grenzübers­chreitende­n Verkehr auszuprobi­eren.

„Wir wollen für die Bürger Ladepunkte und deren Einbau in der eigenen Garage zur Hälfte fördern. Dafür brauchen wir sofort eine Milliarde Euro.“Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU)

 ?? Foto: Nicolas Armer, dpa ?? Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer sieht das Fehlen von privaten Ladestatio­nen als Ursache dafür an, dass der Anteil von E-Autos in Deutschlan­d nur verhältnis­mäßig langsam ansteigt. Mit einem Förderprog­ramm will der CSU-Politiker einen Trendwechs­el einleiten.
Foto: Nicolas Armer, dpa Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer sieht das Fehlen von privaten Ladestatio­nen als Ursache dafür an, dass der Anteil von E-Autos in Deutschlan­d nur verhältnis­mäßig langsam ansteigt. Mit einem Förderprog­ramm will der CSU-Politiker einen Trendwechs­el einleiten.

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