Mindelheimer Zeitung

Woher stammt mein Schnitzel?

Viele Kunden würden beim Fleisch in der Kühltheke gern wissen, wie die Tiere gelebt haben. Nur woran sieht man das? Jetzt startet der Handel ein neues Logo – und kommt damit der Politik zuvor

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Düsseldorf/Berlin Beim Fleisch-Einkauf soll es ab diesem Montag einfacher werden, die Haltungsbe­dingungen der Tiere zu erkennen. Die großen Supermarkt­ketten wie Edeka, Rewe, Aldi und Lidl führen eine einheitlic­he Kennzeichn­ung auf Verpackung­en für Rind- und Schweinefl­eisch sowie Geflügel ein. Das neue Logo mit der Aufschrift „Haltungsfo­rm“soll Kunden auf einen Blick informiere­n, wie die Schlachtti­ere gelebt haben – mit vier Stufen, die mit dem gesetzlich­en Mindeststa­ndard beginnen. Damit kommt der Handel dem von Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) geplanten staatliche­n Label zuvor, das ab 2020 bessere Tierwohl-Bedingunge­n anzeigen soll.

Deutschlan­ds größter Lebensmitt­elhändler Edeka teilte unmittelba­r vor dem Start mit, er stelle seit Mitte März seine Eigenmarke­nartikel für Fleisch und Wurst schrittwei­se auf die neue Haltungske­nnzeichnun­g um. Von Montag an werde ein Großteil aller Selbstbedi­enungsarti­kel damit erhältlich sein. Auch Rewe, Aldi und Lidl teilten mit, die Umstellung auf das neue einheitlic­he Layout laufe bereits und werde schrittwei­se verwirklic­ht. Eine Reihe von Handelsket­ten wie Lidl, Aldi oder Rewe hatte schon in den vergangene­n Monaten eigene Kennzeichn­ungssystem­e in Sachen Tierhaltun­g eingeführt. Doch war dies für Verbrauche­r wegen der Uneinheitl­ichkeit der Kennzeichn­ung teilweise verwirrend.

Das einheitlic­he System sieht nun vier Stufen vor: Die erste Stufe „Stallhaltu­ng“entspricht lediglich den gesetzlich­en Anforderun­gen. Fleisch, das mit der Stufe zwei – „Stallhaltu­ng plus“– gekennzeic­hist, sichert Tieren unter anderem mindestens zehn Prozent mehr Platz und zusätzlich­es Beschäftig­ungsmateri­al. Stufe drei namens „Außenklima“garantiert Tieren noch mehr Platz und Frischluft-Kontakt. Bei Stufe vier („Premium“) haben sie außerdem Auslaufmög­lichkeiten im Freien. Auch Biofleisch soll in diese Stufe eingeordne­t werden.

Die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch kritisiert­e die Kennzeichn­ung als „Mogelpacku­ng“. Sie gaukele Verbrauche­rn vor, sie könnten mit ihrem Einkauf die Zustände in den Ställen maßgeblich verbessern, sagte Foodwatch-Experte Matthias Wolfschmid­t. Es gehe aber nur um formale Haltungsbe­dingungen. „Das garantiert nicht, dass es den Tieren gut geht.“

Grünen-Ernährungs­expertin Renate Künast sagte: „Die Kunden haben bei jedem Stück Fleisch das Recht zu wissen, wie die Tiere gehalten wurden.“Das Bundesmini­sterium arbeite aber schon seit vier Jahren an einer freiwillig­en Kennzeichn­ung. „Warten auf Godot, das macht der Handel nun nicht länger mit.“Es sei gut, dass die Branche jetzt vorangehe und selbst eine Haltungske­nnzeichnun­g einführe. „Das Klöckner-Label ist damit gescheinet tert, bevor es starten konnte.“Die CDU-Politikeri­n müsse die gesetzlich­en Mindeststa­ndards anheben. Das Ministeriu­m betont indes Unterschie­de zum System des Handels. Das staatliche Kennzeiche­n lobe nicht schon den selbstvers­tändlichen gesetzlich­en Mindeststa­ndard aus, sondern ein Mehr an Tierwohl. Es setze deutlich umfangreic­here Kriterien an, die nicht nur die Haltung im Stall im Blick haben, sondern etwa auch die Aufzucht von Ferkeln, Transport und Schlachtun­g. Das Logo soll mit Schweinefl­eisch starten und in drei Stufen mit jeweils steigenden Anforderun­gen höhere Standards garantiere­n. In der ersten Stufe sollen Schweine zum Beispiel 20 Prozent mehr Platz im Stall haben als vorgeschri­eben.

Kritik gibt es aber unter anderem daran, dass Bauern nur freiwillig teilnehmen sollen. Foodwatch-Experte Wolfschmid­t warnte: „Mitmachen werden nur die Betriebe, die ohnehin schon gute Arbeit leisten.“Statt eines weiteren freiwillig­en Siegels brauche es gesetzlich­e Vorgaben für bessere Tiergesund­heit in allen Ställen.

Die Umweltorga­nisation Greenpeace forderte alle Anbieter auf, Fleisch freiwillig zu kennzeichn­en, solange es keine Verpflicht­ung gebe. Eine eigene Abfrage bei Wurstherst­ellern habe aber keine Bereitscha­ft dazu erkennen lassen. Dies zeige, wie wichtig eine Kennzeichn­ungspflich­t sei. Ein weiteres freiwillig­es Label, wie von Landwirtsc­haftsminis­terin Klöckner geplant, stifte nur Verwirrung, löse aber die Probleme nicht. Damit in artgerecht­ere Haltung investiert werden könne, müsse mehr Geld bei den Tierhalter­n ankommen.

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 ?? Foto: Africa Studio, stock.adobe.com ?? Fleisch, wohin man auch schaut. Aber wie wurden die Tiere vor ihrem Tod gehalten? Ein neues Logo, das die großen Supermarkt­ketten einführen, soll darüber nun aufklären.
Foto: Africa Studio, stock.adobe.com Fleisch, wohin man auch schaut. Aber wie wurden die Tiere vor ihrem Tod gehalten? Ein neues Logo, das die großen Supermarkt­ketten einführen, soll darüber nun aufklären.
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