Das Glück hat einen neuen Wirt gefunden
Angela Merkel regiert, die Bahn hat Verspätung, der FC Bayern erzielt seine Treffer vorwiegend in der Nachspielzeit. Konstanten geben Sicherheit. Es erleichtert das Leben ungemein, sich nicht um jede Kleinigkeit Gedanken machen zu müssen. So geschaffener Raum kann durch die Beantwortung relevanter Fragen gefüllt werden: Butter unter die Nutella oder nicht? Der oder das Dusel? Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein?
Nun aber ist das Ende der Gewissheiten angebrochen. Die Uckermark hat die längste Zeit die Kanzlerin gestellt und Treffer in den Schlussminuten erzielen nicht mehr die Münchner. Kanzlerin wird wohl eine Frau, die sich AKK nennt, und Last-Minute-Tore schießen hauptsächlich die Dortmunder.
Das führt zum Thema Dusel. Das Dusel. In hiesigen Gefilden zumindest. Des Themas angenommen hat sich die Borussia, nachdem die Münchner dessen überdrüssig waren. Immer und immer wieder mussten sie sich für ihr vermeintlich
übermäßiges Glück rechtfertigen. Die Schalker beispielsweise haben noch immer Tränen in den Augen, werden sie auf ihre Vier-MinutenMeisterschaft angesprochen. Jetzt aber versuchen es die Münchner ohne Dusel. Schießen den Ball in der Nachspielzeit an den Pfosten statt ins Netz, ärgern sich über vergebene Punkte. Ein ganz normaler Bundesligist. Anders die Dortmunder, die weit mehr Punkte auf dem Konto haben, als es ihren Leistungen entspricht. Das Glück hat einen neuen Wirt gefunden. Gleiche Liga, anderer Verein. Bleibt alles anders.
Am kommenden Samstag treffen die beiden Klubs aufeinander. Es ist nur dann ein Finale um die deutsche Mannschaft, wenn die Dortmunder gewinnen. Ansonsten bleibt der Titelkampf noch einige Wochen spannend. Ein Gefühl, das deutsche Fußballfans schon gar nicht mehr kennen. Spannung im Mai war die Kernkompetenz des Hamburger SV. Aber im Titelkampf? Es ist das Ende der Gewissheiten.
Was kommt als Nächstes? Ein Kanzler mit SPD-Parteibuch? Immerhin die Bahn gibt noch Halt.