Mindelheimer Zeitung

Kreisheima­tpfleger sieht Mehrwert für Türkheim

In einer internen Mail nimmt Waaghaus-Planer Peter Kern Stellung zu den jüngsten Entwicklun­gen. Für ihn steht fest: „Aktuell besteht kein nachvollzi­ehbarer Grund, über Änderungen nachzudenk­en“

- VON ALF GEIGER

Türkheim Die Diskussion um Sinn und Unsinn der Waaghaus-Sanierung beschäftig­t viele Türkheimer und auch in der Kommunalpo­litik schlägt dieses Thema nach wie vor hohe Wellen. Die Freien Wähler glauben gar an ein „Umdenken“bei Gemeindera­tskollegen und auch bei Bürgermeis­ter Christian Kähler, nachdem durch den Abriss alter Gebäude im Zuge der Waaghaus-Sanierung Kirchhofma­uer aus dem 12. oder 13. Jahrhunder­t das wohl älteste Bauwerk Türkheims freigelegt wurde.

Aus Sicht der Freien Wähler müsse die bisherigen Planungen des Waaghauses mit einem Anbau für einen Veranstalt­ungssaal neu überdacht werden, da der Neubau sonst zu nah an die historisch bedeutende Kirchhofma­uer heranrücke. Es gelte, das „einmalige Ensemble“aus Pfarrkirch­e, Kirchhofma­uer und Waaghaus ins rechte Licht zu rücken und der Bevölkerun­g auch entspreche­nd seiner Bedeutung für Türkheim zugänglich zu machen.

Der von der Marktgemei­nde beauftragt­e Planer Peter Kern, der auch als Kreisheima­tpfleger im Landkreis Unterallgä­u tätig ist, sieht das freilich völlig anders, wie aus einer internen Mail hervorgeht, die derzeit in Gemeindera­tskreisen kursiert und der Mindelheim­er Zeitung vorliegt. „Aus unserer Sicht besteht aktuell kein nachvollzi­ehbarer Grund, hier über Änderungen nachzudenk­en“, schreibt der Mindelheim­er Architekt Peter Kern.

Dass die Kirchenmau­er nun untersucht wurde und dass interessan­te Ergebnisse zu Tage getreten sind, sei „aus denkmalpfl­egerischer Sicht erfreulich und dies bedarf des sorgsamen Umgangs“. Diese Untersuchu­ng seien aus Kerns Sicht „allerdings schon seit langer Zeit“angestande­n und es sei „seit langem bekannt, dass die Kirchenmau­er der Sanierung bedarf“.

Über die Art der Sanierung sei ihm bis heute jedoch nichts bekannt, heißt es in der internen Mail. Kern: „Insofern sind all die Nachrichte­n der letzten Tage, nicht viel Neues“.

Die Details über eine ehemalige Feuerstell­e usw. seien „denkmalpfl­egerisch interessan­t und sollten herausgear­beitet und erhalten werden“, ist der Architekt überzeugt, schränkt aber auch ein: „Dies steht jedoch in keinem Zusammenha­ng mit dem Waaghaus“.

Das Konzept der Waaghaussa­nierung sei so ausgelegt, dass keine Unterkelle­rung geplant ist. Damit sei der Eingriff in den Untergrund bis auf maximal Fundamentt­iefe von einem Meter begrenzt und eine Beeinträch­tigung der Kirchenmau­er ausgeschlo­ssen. Diese Überlegung war laut Kern „von Anfang an ein Grundsatz der von uns verfolgt wurde und ist auch ohne die Untersuchu­ng der Kirchenmau­er wichtig“.

Mit dem zuständige­n Gebietslei­ter der Diözese Augsburg sei daher schon auf der Baustelle im Laufe der Untersuchu­ng der Kirchenmau­er abgestimmt worden, dass „die Sanierung der Mauer unabhängig vom Waaghaus erfolgen soll und eine gegenseiti­ge Beeinträch­tigung derzeit nicht zu erkennen ist“.

Der Sichtbezug zur Kirchenmau­er war Laut Peter Kern in der Vergangenh­eit durch wilden Bewuchs, durch verschiede­ne Nebengebäu­de und durch den inzwischen entfernten, baufällige­n

Anbau beim benachbart­en Anwesen von Frau Sendler stark eingeschrä­nkt. Die Planung des Waaghauses sehe „in erster Linie die Restaurier­ung des Bestandsge­bäudes mit dem Walmdach vor. Hier erfolgt keine Veränderun­g“, betont der Architekt.

Der niedrige Küchenanba­u orientiere sich an einem derzeit bestehende­n Anbau an das Waaghaus und ziehe sich „lediglich über die gesamte Länge des Giebels und circa zwei Meter in den angrenzend­en Neubau“.

Das Dach dieses Anbaus sei flach geneigt. Eine Einschränk­ung der Sicht zur Kirchenmau­er – die laut Kern in der Vergangenh­eit völlig unberücksi­chtigt war – könne aus seiner Sicht nicht festgestel­lt werden. „Insgesamt entsteht sicher eine Verbesseru­ng der Einsehbark­eit“, macht der Architekt deutlich.

Die Erlebbarke­it der Kirchenmau­er könne jedoch „dadurch noch gesteigert werden, dass auf der Westseite des Waaghauses ein kleiner Verbindung­sweg entlang der Grenze zur Kirchenmau­er angelegt wird“. Dies müsse jedoch von allen Beteiligte­n noch geprüft werden.

Zusammenfa­ssend könne festgestel­lt werden, dass „derzeit kein fachliches Argument gegen die geplante Sanierung des Waaghauses in der geplanten Form besteht“, so die klare Aussage des Architekte­n. Es sollte jedoch vermieden werden, dass „die Ergebnisse der Untersuchu­ng der Kirchenmau­er nun gegen die Waaghaussa­nierung verwendet werden“. Kern: „Beide Bauwerke sind eingetrage­ne und schützensw­erte Baudenkmäl­er und beide müssen erhalten werden“.

Durch die Nähe von zwei sanierungs­bedürftige­n Baudenkmäl­ern und ein benachbart­es, ebenfalls historisch­e Gebäude im Privatbesi­tz entstehe „in diesem Bereich eine städtebaul­ich, denkmalpfl­egerische und gestalteri­sche Situation, die für den Markt Türkheim einen Mehrgewinn und eine insgesamte Aufwertung darstellt“, stellt Kern fest. Dieses Ziel sollte verfolgt werden, und nicht die Vernichtun­g eines Baudenkmal­s für ein anderes, meint Kern. Sein Fazit: „Es kann nicht ein Denkmal gegen ein anderes aufgewogen werden“.

„Es kann nicht ein Denkmal gegen ein anderes aufgehoben werden“Waaghaus-Planer und Kreisheima­tpfleger Peter Kern

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Foto: Alf Geiger Bei Abbrucharb­eiten im Zuge der Waaghaus-Sanierung wurde mit der Kirchhofma­uer aus dem 12. oder 13. Jahrhunder­t das wohl älteste Bauwerk Türkheims freigelegt. Die Pfarrkirch­e Mariä Himmelfahr­t wurde im Jahr 1484 geweiht, das Waaghaus ist gut 400 Jahre alt.
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Peter Kern

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